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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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lange interessieren wird“, bemerkte er beiläufig.
    Inzwischen hatten sie die Mitte des Raumes erreicht und endlich entdeckte Julius eine schlanke, hellhaarige Gestalt inmitten der Menschenmenge. Hastig drehte er sich zu Dalinius um, der sich mit einem gutmütigen Lachen von dem jungen Prinzen verabschiedete. Dann schob sich Julius eilig durch die Menschenmasse.
    Er war noch keine drei Schritte gegangen, als er erkannte, dass es nicht Elaine war, auf die er zulief, sondern Larenia. Im nächsten Augenblick fragte er sich, wie er sie überhaupt verwechseln konnte, denn es bestand kaum mehr als eine oberflächliche, flüchtige Ähnlichkeit zwischen ihnen. Einen Moment lang zögerte Julius und überlegte, ob er zu Dalinius zurückkehren sollte. Doch Larenia hatte ihn schon immer fasziniert und so ging er langsamer, beinahe vorsichtig weiter. Das letzte Mal hatte er die Gildeherrin während des Kriegsrates gesehen und schon an diesem Tag war sie ihm sehr verändert erschienen. Schweigsamer, in sich gekehrter und weniger menschlich denn je. Auch wenn er bezweifelte, dass es einem anderen außer den Gildemitgliedern und ihm selbst aufgefallen war. Sie schien einfach nicht mehr ganz in dieser Welt zu leben. Sie war schon immer kühl und sehr rational gewesen, doch diese eisige Kälte und gnadenlose Zielstrebigkeit, die sie jetzt ausstrahlte, waren neu. Sie erschien Julius sonderbar fremd und übermenschlich, eingehüllt in ihre Aura der Macht, ihre Unnahbarkeit, die jeder in ihrer Nähe zu fühlen schien, denn die Menschen hielten respektvoll Abstand, als könnten sie sich die Hände verbrennen, wenn sie ihr zu nahe kamen.
    Auch Julius musste gegen ehrfurchtsvolle Scheu ankämpfen, bevor er sich neben sie setzte. Er war sich nicht sicher, ob sie seine Anwesenheit überhaupt bemerkte, denn sie blickte unverwandt auf einen Punkt im gegenüberliegenden Teil der Halle. Julius folgte ihrem Blick, doch er konnte nicht erkennen, was sie so fasziniert anstarrte. Eine Weile suchte er nach passenden Worten, um sie anzusprechen. In letzter Zeit viel es ihm schwer, die Legenden, die sich um sie rankten, mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen und in ihr nicht nur das Symbol für die Stärke der Kandari zu sehen. Schließlich befreite Larenia ihn aus seiner Unschlüssigkeit.
    „Du wirkst heute sehr glücklich“, es war eine Feststellung, keine Frage, trotzdem nickte Julius. Verdattert erwiderte er ihren forschenden Blick. Warum nur sah sie ihn so an? Beinahe, dachte Julius, als versuche sie sich zu erinnern, was es bedeutet, glücklich zu sein. Aber der Gedanke an Elaine vertrieb schnell jede düstere Überlegung. Eine Weile schwelgte er in der Erinnerung an Elaines Lächeln, dann sah er wieder zu Larenia, die ihn mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete. Aber heute prallte der Spott in ihrem Blick an Julius ab.
    „Ist das bei den Kandari auch üblich? Zu heiraten, meine ich.“
    „Nein“, die Frage schien sie zu amüsieren, doch der Blick ihrer blauen Augen blieb ernst, „das Leben der meisten Kandari ist so lang, dass es unsinnig scheint, sich nur an einen einzigen Partner zu binden.“
    Darüber dachte Julius einige Zeit nach, doch es erschien ihm sehr unwahrscheinlich, dass er für eine andere das Gleiche wie für Elaine empfinden könnte. Außerdem schien es ihm tröstlich zu wissen, dass immer jemand da sein würde, mit dem er alles teilen konnte, auf den er sich verlassen konnte.
    „Es muss ein sehr einsames Leben sein“, meinte er schließlich. Larenia lächelte: „So mag es dir vorkommen, doch die meisten Kandari empfinden es nicht so.“
    Sie stützte das Kinn in die rechte Hand und blickte an ihm vorbei. Auch Julius sah sich erneut im Saal um. Inzwischen war auch Elaine da. Sie unterhielt sich mit Raffi und ihrem Vater und selbst aus dieser Entfernung glaubte Julius, ihr zauberhaftes Lachen zu hören. Für einen Augenblick vergaß er seine Umgebung. Geistesabwesend drehte er sich zu Larenia um.
    „Hast du jemals geliebt?“, für einen Moment vergaß er, mit wem er gerade sprach. „Weißt du, was es bedeutet, so zu lieben?“
    „Ja, ich weiß es“, sie drehte den Stiel eines halb vollen Weinglases, das irgendjemand vergessen hatte, zwischen ihren schlanken Fingern und ein gedankenverlorenes, sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, „wenn auch nicht so, wie du es meinst, nicht ganz auf die gleiche Weise.“
    Sie sprach so leise, dass Julius sie nicht verstehen konnte, und ihr Blick wanderte vom Gesicht des

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