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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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retten? Er konnte es nicht erahnen.
    Mit einem tiefen Seufzen gab er es auf, darüber nachzudenken. Dieser Abend nahm eine sehr sonderbare Gestalt an. Philipe bemühte sich, sein Wissen mit aller Kraft im Alkohol zu ertränken. Felicius führte ein angeregtes Gespräch mit Elaine, während Julius danebenstand und sie anhimmelte. Auf der anderen Seite des Saals zeigte sich Philipus beinahe gesprächig, als er versuchte, François zum Schweigen zu bringen. Jeder gab sich alle Mühe, sich möglichst uncharakteristisch zu verhalten. Nach einer Weile wandte Arthenius den Blick von dem allgemeinen Chaos im Thronsaal ab. Es war kurz vor Mitternacht, gerade der Augenblick, in dem Julius einfiel, dass bald das neue Jahr beginnen würde, als er eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm. Er drehte sich um und entdeckte Larenia, die plötzlich und wie gewöhnlich scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht war. Sie stand bewegungslos neben ihm und lehnte mit dem Rücken an der Wand, doch der Blick ihrer blauen Augen widersprach ihrer entspannten Haltung. Es war ein sehr wachsamer Blick, ein vorsichtiges Abstandhalten, das nicht zu der ausgelassenen Stimmung passen wollte. Sie sagte kein Wort und auch Arthenius sprach sie nicht an. Er wusste, dass sie solche Abende hasste. Die lärmende Menge, die betrunkenen, enthemmten Menschen, all die Gedanken und Gefühle, die sie allzu deutlich wahrnahm und die ihren Geist überfluteten. Lange starrte sie ins Nichts, ohne wirklich etwas zu sehen. Dann schüttelte sie den Kopf und blickte um sich, als bemerke sie ihre Umgebung heute zum ersten Mal. Wortlos setzte sie sich neben Arthenius und lehnte den Kopf an seine Schulter.
    „Mitternacht“, flüsterte sie.
    Beinahe als hätten sie sie gehört, fing irgendwo eine Glocke an zu läuten und der spontan zusammengestellte Chor begann ein neues, feierlich-ernstes Lied. Das wäre es zumindest gewesen, wenn sie es nicht in mindestens drei verschiedenen Tonarten gesungen hätten. Menschen, die nicht mehr voneinander wussten als ihren Namen, umarmten sich und wünschten sich ein gutes neues Jahr. Julius sprang auf eine Bank und bat mit erhobenen Händen um Ruhe. Tatsächlich trat nach einer Weile vollkommene Stille ein.
    „Ein neues Jahr beginnt!“, rief er mit klarer, ernster Stimme. „Möge es glücklicher sein als das letzte. Für dieses neue Jahr habe ich einen Wunsch. Einen Wunsch, der so groß ist, dass alles andere neben ihm verblasst, und den wir hier vielleicht zusammen wahr werden lassen können.“ Er ließ den Blick über die Gesichter der Menschen, die ihm andächtig zuhörten, gleiten: „Ich wünsche uns Frieden.“
    Alle, die noch dazu in der Lage waren, hoben ihre Gläser: „Frieden“, murmelten sie. Noch einmal senkte sich das tiefe, ehrfürchtige Schweigen auf den Saal herab. Dann stimmte jemand ein sehr altes Lied mit einer eigentümlich getragenen Melodie an.
    „Es ist Vollmond“, flüsterte Larenia, „und der Schnee reflektiert das Licht. Es ist eine helle Nacht.“
    Arthenius nickte und legte das Kinn auf ihren Scheitel: „Dann lass uns gehen.“
    „Warte noch einen Moment“, sie stand auf und ging zu Philipe. Arthenius sah, wie sie ihn mehrmals schüttelte, bevor er verschlafen die Augen öffnete. Sie wechselten ein paar Worte, dann klopfte sie ihm auf die Schulter und trat zu Philipus und François. Es folgte eine schnelle, geflüsterte Unterhaltung, die sie mit einer entschiedenen Handbewegung beendete. In diesem Moment gesellte sich Felicius zu seinem Bruder: „Ich hoffe, du bist vorsichtig. Der Weg nach Anaiedoro ist lang und wer weiß, welche Gefahren auf dieser Strecke lauern.“
    Larenia kam zurück und zu dritt verließen sie den Thronsaal. Schweigend gingen sie durch die beleuchteten, aber vollkommen verlassenen Gänge des Palastes, über den zugeschneiten Hof zu den Ställen an der Schlossmauer. Eine der Wachen hatte ihre Pferde bereits gesattelt. Einen Augenblick standen sie wortlos und verlegen da. Dann lächelte Felicius, obwohl es ihm in diesem Moment schwerfiel. Larenia, mit Schwert und Dolch bewaffnet, sah sehr verändert aus und auch sein Bruder, den er zuvor kaum mit einer Waffe in der Hand gesehen hatte, erschien ihm wie ein Fremder.
    „Ich wünsche euch viel Glück“, sagte er schließlich und seine Stimme zitterte ein wenig.
    Larenia erwiderte sein Lächeln: „Pass auf Philipus auf. Er meint, er braucht keine Hilfe, um Anoria abzuschirmen, doch er weiß noch nicht, worauf er sich

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