Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)
die Flamme der einzelnen Kerze, die auf dem Tisch vor ihr stand und die inzwischen die einzige Lichtquelle in Sibelius’ Wohnzimmer darstellte.
„Ich brauche keine Hilfe, um die Druiden auszuschalten“, sagte sie schließlich leise und in einem sonderbaren Tonfall, „und du hast recht. Das Heer ohne Laurent ist ohne Nutzen für mich. Aber wenn wir jemals so etwas wie dauerhaften Frieden in Metargia haben wollen, können wir diesen Kampf nicht allein den Menschen überlassen. Siehst du das denn nicht? Dies ist eine einmalige Möglichkeit, all unsere alten Konflikte zu beenden, vielleicht die letzte.“
Plötzlich sprang sie auf und verließ beinahe fluchtartig den Raum. Verwirrt sah Sibelius ihr nach.
„Habe ich etwas Falsches gesagt?“
„Nein“, Arthenius’ Stimme klang müde und niedergeschlagen und er stützte den Kopf in beide Hände, „das hat nichts mit dir zu tun.“
Eine Weile saßen sie im Halbdunkel, ohne viel zu sagen. Es war eine der seltenen Situationen, in denen Merla die Worte fehlten, und Arthenius hing seinen eigenen Gedanken nach. Schließlich stand Sibelius auf und blickte lächelnd von einem zum anderen.
„Ihr seid natürlich meine Gäste, solange ihr euch in Anaiedoro aufhaltet, also macht es euch gemütlich. Ich komme bald zurück.“
Er ging aus dem Zimmer und verließ sein Haus durch die Hintertür, die direkt in seinen großzügigen Garten führte. Einen Augenblick lang stand er inmitten der vom Mondlicht beschienenen Pflanzen. In Nächten wie dieser glaubte er, das Leben in der Wüste, in diesem existenzfeindlichen Land zu fühlen, und er sah die Schönheit, die in diesem Leben lag. Dann bemerkte er etwas Helles, Schimmerndes im hinteren Teil seines Gartens. Larenias weißes Haar, das im silbernen Licht der Sterne glänzte. Sie saß auf einer Steinbank und zeichnete mit den Fußspitzen ein wirres Muster in den Sand. Dabei starrte sie auf einen Gegenstand, den sie in der rechten Hand hielt und der an einer weißgoldenen Kette um ihren Hals hing. Nicht einmal als Sibelius sich neben sie setzte, sah sie auf. Eine Weile schwiegen sie beide, doch dann gab Sibelius seiner Neugier nach und folgte ihrem Blick.
„Das Wahrzeichen des vereinten Königreiches der Kandari“, er strich mit seinen Fingerspitzen über das kühle Metall des kleinen Schmuckstückes in ihrer Hand, „dieses Symbol ist bedeutend älter als unser Imperium. Astréya nannten sie es damals, Hoffnungsstern. Damals wollten die Kandari eine neue Gesellschaft erschaffen, basierend auf den Werten, die sie vergeblich in der Welt der Menschen gesucht hatten. Jede Zacke dieses Sterns steht für eines dieser sieben Ideale: Freiheit, Gleichheit, Toleranz, Selbstbestimmung, Frieden, Liebe und Gerechtigkeit. Die Bedeutung ging in den folgenden Jahrhunderten verloren, doch das Symbol selbst blieb erhalten.“
Er zog seine Hand zurück und sah Larenia an, die seinen Blick jetzt aufmerksam erwiderte.
„Lari?“, Sibelius sprach ruhig und freundlich und sein Blick war warm und voller Güte. „Meinst du nicht auch, dass es langsam an der Zeit wäre, mir den Rest deines Plans zu verraten?“
Ruckartig drehte sie sich zu ihm um: „Ich habe dir alles gesagt.“
Er achtete nicht auf ihren abweisenden Tonfall und lachte: „Das wäre das erste Mal.“
Eine Weile wartete er auf eine Reaktion, doch Larenia schwieg entschlossen und so fuhr er schließlich fort: „Alle Beteiligten werden sich also in Askana treffen. Und dann? Glaubst du, sie werden einfach so Frieden schließen?“
„Das werden sie, denn ohne die Druiden und den Einfluss, den sie auf die Brochonier haben, gibt es keinen Grund mehr, weiterzukämpfen.“
„Das wäre vernünftig“, er nickte zustimmend, lehnte sich zurück und verschränkte seine Hände hinter dem Kopf, „Vernunft ist eine wundervolle Sache, aber man kann sie nicht als selbstverständlich voraussetzen. Das gilt übrigens auch für dich“, aus dem Augenwinkel heraus beobachtete er sie, aber ihr Gesichtsausdruck blieb unbewegt, „du hältst es für deine Aufgabe, die Druiden auszuschalten.“
Es war keine Frage und Larenia dachte nicht einmal daran, zu antworten, doch Sibelius sah, dass sie die Zähne zusammenbiss und dass es ihr schwerfiel, ihre ruhige Miene aufrechtzuerhalten.
„Und du weißt, dass es Wahnsinn ist.“
Sie senkte den Kopf und krallte ihre Hände ineinander.
„Du hast dich selbst bereits aufgegeben, und so wie ich es sehe, wissen sie“, mit einer vagen Geste deutete er
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