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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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Flüstern:
    „Jetzt!“
    Plötzlich war die Luft erfüllt vom Schwirren der Bogensehnen. Im nächsten Moment fanden zehn Pfeile gleichzeitig ihr Ziel. Doch Merla, Loran und die anderen warteten nicht, um zuzusehen. Sie tauchten sofort wieder im Schatten der Mauer unter und lauschten. Alles blieb still, vollkommen still.
    Es verging ein weiterer kostbarer Augenblick, bevor Loran die anderen zu sich winkte.
    „Vier Mann bleiben hier“, wisperte er, „und bewachen die Aufgänge. Wenn wir das Zeichen geben, werdet ihr das Tor öffnen. Wir anderen teilen uns in zwei Gruppen auf. Merla, du nimmst den linken Aufgang, ich nehme den rechten. Wir treffen uns auf der Mauer.“
    Mit einem knappen Nicken stimmte sie zu, dann verharrte sie regungslos, bis Loran mit seinen Begleitern in dem dunklen Aufgang verschwunden war. Schließlich überzeugte sie sich mit einem kurzen Blick davon, dass innerhalb der Befestigungsanlage noch immer alles ruhig war, bevor sie ihr Schwert zog und in geduckter Haltung, den Rücken an das raue Gestein der Mauer gedrückt, die Treppe hinaufstieg. Hinter sich hörte sie die leisen Schritte der beiden anderen Kämpfer. Und dann erklang noch ein anderes Geräusch in der vollkommenen Finsternis. Sehr leise zuerst, sodass sie es nicht zuordnen konnte. Vorsichtig stieg sie zwei weitere Stufen in die Höhe und bedeutete gleichzeitig den beiden anderen, zurückzubleiben. Jetzt sah sie schwaches rötliches Licht vor sich und im nächsten Augenblick identifizierte sie das tiefe gleichmäßige Atmen und gelegentliche grunzende Schnarchen von mindestens zwei Menschen. Trotz ihrer Anspannung verdrehte Merla spöttisch die Augen. Vor dieser Armee also erzitterte ganz Anoria. Dennoch blieb sie wachsam, als sie den winzigen Raum betrat.
    Einen Moment lang verharrte sie auf der Schwelle und blinzelte geblendet in das Fackellicht. Dann, als sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, erblickte sie zwei Brochonier, die zusammengesunken an einem Tisch saßen und schliefen. Zwischen ihnen stand ein leerer Weinkrug.
    Merla gelang es, einen der beiden im Schlaf zu töten, der andere jedoch wachte auf und rieb sich verschlafen die Augen. Ihm blieb allerdings keine Zeit, die Situation zu erfassen oder zu seiner Waffe zu greifen. Noch bevor Merla zu ihm gelangen konnte, zischte ein Pfeil dicht an ihrem Ohr vorbei und bohrte sich in die Brust des Mannes. Erschrocken drehte sie sich um und blickte in das grinsende Gesicht eines Waldläufers. Anscheinend hatten sich ihre beiden Gefährten nicht an ihren Befehl gehalten.
    Verärgert funkelte sie ihn an, aber sie sagte nichts dazu. Stattdessen winkte sie den beiden zu, ihr zu folgen, nachdem sie den Raum einer letzten abschließenden Musterung unterzogen hatte.
    Auf den letzten Stufen der Treppe begegnete ihnen niemand mehr und dann standen sie unvermittelt auf der Mauer.
    Unruhig sah sich Merla um, während ihre beiden Begleiter überprüften, ob die acht Wächter tatsächlich tot waren. Unruhig suchte sie nach Loran, von dem noch keine Spur zu sehen war. Ihr kam es so vor, als würde sie sehr lange warten, obwohl in Wirklichkeit nur ein paar Augenblicke vergingen. Gerade als sie nach dem Anführer der Waldläufer suchen wollte, tauchte er scheinbar aus dem Nichts auf. Er stützte einen der beiden Kämpfer, die ihn begleitet hatten. Der andere folgte ihnen mit erhobenem Schwert und warf immer wieder nervöse Blicke zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
    „Was ist geschehen?“, Merla benötigte ihre ganze Selbstbeherrschung, um abzuwarten, bis Loran nahe genug war, um ihr Flüstern zu verstehen.
    „Wir sind mitten in eine Feier geplatzt“, antwortete der Waldläufer. Er half seinem Kameraden, sich zu setzen, bevor er weitersprach: „Es war unser Glück, dass sie betrunken waren“, er lehnte sich an die Mauer und zum ersten Mal, seitdem Merla ihn kannte, sah er müde aus. Dann strich er sich mit dem Handrücken über die Augen und richtete sich wieder auf: „Wie weit sind die anderen?“
    Konzentriert starrte Merla ins Nichts: „Sie haben die Wachtürme besetzt“, sagte sie mit tonloser Stimme, „alles ist bereit.“
    „Verluste?“
    Seufzend nickte sie: „Zwei Waldläufer und ein Kandari.“
    „Damit mussten wir rechnen“, so sachlich er auch klang, der Blick seiner Augen war tieftraurig, „ich hoffe, das Heer der Kandari ist bald hier“, er deutete auf das Lager unter ihnen, „die Morgendämmerung ist nicht mehr fern. Und vorher werden die

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