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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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das Geheimnis der Gilde zu lüften.
    „Aber was ist mit der Gildeherrin? Ich dachte, sie sei so mächtig.“ Niemand hatte Elaine erzählt, wie sie die Brochonier besiegt hatten.
    „Es steht mir nicht zu, über Larenia und ihre Fähigkeiten zu sprechen. Sie muss sich vor niemandem rechtfertigen. Und außerdem“, fügte er leise und sorgenvoll hinzu, „braucht sie im Augenblick selber Hilfe.“
    Felicius bemerkte Elaines verwirrten Blick und lächelte. Aber sosehr sie sich bemühte, er sprach kein Wort mehr über die Gilde. Seit diesem Tag jedoch begleitete Elaine Felicius auf Schritt und Tritt, wann immer er in Arida war.
     
    An Magiara war diese erste Schlacht spurlos vorübergezogen. Groß und eindrucksvoll stand der Zauberturm auf einem Felsen an der Steilküste. Ein Symbol der Macht. Und in seinem Schatten lag das kleine verschlafene Dorf, das in letzter Zeit noch ruhiger geworden war. Es war sehr still hier und scheinbar friedlich. Weder Krieg noch Sorgen berührten diesen Ort. Doch der Schein trog.
    Das wurde Arthenius deutlich bewusst, als er eine Treppe in dem pyramidenförmigen Gebäude hochstieg. Seitdem der Sturm abgeklungen war, war es unheimlich still. Niemand sprach ein lautes Wort und nur das Rauschen der Wellen war zu hören.
    Lautlos ging Arthenius den Gang entlang. Vor einer Tür, die nur angelehnt war, blieb er stehen und schließlich trat er ein.
    Es war, als würde er eine andere Welt betreten. Für einen Augenblick fühlte er sich zurückversetzt in lang vergangene Zeiten, dann wurde ihm bewusst, dass es Larenias Erinnerungen waren. Statt dem kühlen, klaren Licht, das den Zauberturm normalerweise erhellteumgab, war er plötzlich eingehüllt in ein warmes, grün-goldenes Leuchten. Wie Sonnenschein an einem schönen Sommertag, der durch das dichte Blätterdach eines Waldes fällt. Und er wusste, ohne es jemals selbst gesehen zu haben, dass dies Larenias Vorstellung von Asana’dra, ihrer Heimat, war.
    Arthenius sah auf sie herab. Zusammengerollt und scheinbar schlafend lag sie auf dem Bett. Ihr langes Haar, das zu schneeigem Weiß ausgeblichen war, verdeckte ihr Gesicht. Sonderbarerweise ließ es sie jünger aussehen. Nur in ihren Augen stand manchmal ein Ausdruck, der nicht dazu passen wollte. Eine seltsame Mischung aus Wissen und verlorener Unschuld. Es schmerzte Arthenius, sie so … verletzlich zu sehen. Jeder erwartete von ihr das selbstsichere, distanzierte Auftreten, das sie als Gildeherrin an den Tag legte, aber die wenigsten durchschauten diese Fassade. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sie zu beschützen, vor der Welt und, wenn es nötig war, vor sich selbst. Und er hatte versagt.
    Er wusste, dass dieser Gedanke unsinnig war. Es war Larenias Entscheidung gewesen. Hätte sie es nicht getan, wäre Arida jetzt verloren und es hätte noch viel mehr Leid gegeben. Und trotzdem konnte er das Gefühl nicht loswerden, dass es seine Aufgabe gewesen wäre, einzugreifen. Es zerriss ihm das Herz, sie leiden zu sehen. Es hatte sie unglaublich viel Kraft gekostet, die Kontrolle über ihre Kräfte zurückzugewinnen, und sie hatte sich noch immer nicht erholt. Auch jetzt, sieben Tage nach der Schlacht, sah sie furchtbar erschöpft aus.
    Arthenius seufzte und wollte sich abwenden, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm.
    „Larenia?“
    Sie schlug die Augen auf und sah ihn einen Augenblick lang an, ohne ihre Umgebung oder Arthenius zu erkennen. Dann erinnerte sie sich. Mühsam und gegen Schwindel und Schwäche ankämpfend, richtete sie sich auf. Arthenius sah ihr schweigend und mit gerunzelter Stirn zu. Schließlich fragte er: „Wie geht es dir?“
    Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich das Haar aus dem Gesicht: „Besser.“
    Es war eine Lüge, das wussten sie beide. Es war nicht nur ihr verändertes Aussehen oder ihr stilles, in sich gekehrtes Wesen. Das wurde Arthenius deutlich bewusst, als er sich auf die Bettkante setzte und sie zusammenzuckte. Sie schien nicht mehr ganz in dieser Welt zu leben. Die Gedanken und Gefühle anderer waren für Larenia greifbarer als das grüne Gras. Aber diese Realität war finster, erschreckend und schmerzlich. Auch jetzt war sich Arthenius nicht sicher, ob sie seine Anwesenheit wirklich wahrnahm oder nur seine verwirrten und besorgten Gedanken.
    Nur um sie abzulenken, sagte er: „Erzähl mir von Asana’dra.“
    Überrascht sah sie Arthenius an, doch dann lächelte sie. Es war ein sehr weiches, verträumtes Lächeln, das er nie zuvor

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