Das Vermächtnis der Montignacs
sich keine Gedanken machen. Hat mich nicht einmal viel gekostet. Wissen Sie schon, wo Sie übernachten?«
»Eigentlich hatte ich vor, auf direktem Weg hierher zurückzukehren. Wo sollte ich sonst auch hin? Ein Hotel wäre zu riskant, da könnte man sich an mich erinnern.«
»Richtig, aber sehr bequem wird die Nacht dann ja nicht für Sie werden. Aber was sollâs? Das ist der Preis, den man für die Erfüllung seiner Wünsche zahlt.« Keaton schmunzelte. »Sollen wir?«
Montignac führte ihn nach oben zu der Kammer, sagte: »hier ist er«, und schloss die Tür auf.
Keaton betrachtete Raymond Davis, der reglos auf der Plastikplane lag, und schnitt eine Grimasse. »Armer Kerl«, sagte er, »obwohl er ganz friedlich wirkt. Was meinen Sie, wie viel Zeit wir noch haben?«
»Nicht mehr viel. Wir sollten ihn so rasch wie möglich zum Bedford Square fahren.«
»Sie haben recht. Dann nichts wie los. Ich möchte nicht zu spät nach Hause kommen, morgen muss ich früh raus. Sollen wir ihm die Fesseln abnehmen?«
»Ich glaube schon. Das macht es einfacher.«
Sie entfernten das Klebeband von Raymonds FuÃ- und Handgelenken und rissen den Streifen von seinem Mund mit einem Ruck ab. Dabei schien Raymond kurz zu sich zu kommen und stöhnte laut auf, aber seine Augen blieben geschlossen. Montignac und Keaton musterten ihn besorgt, erkannten jedoch, dass er nicht aufwachte, sodass sie getrost weitermachen konnten.
Sie zogen Raymond hoch, legten jeder einen Arm um ihn und bugsierten ihn behutsam über die Treppe nach unten und hinaus in die rückwärtige Gasse. Im Wagen schoben sie ihn auf den Rücksitz und richteten seinen Oberkörper auf, sodass es aussah, als wäre er ein Fahrgast. Danach fuhren sie zum Bedford Square.
»Armes Schwein«, sagte Keaton unterwegs und schaute in den Rückspiegel. »Was hat er Ihnen nur getan?«
»Ist das wichtig?«, fragte Montignac. »Sie haben gesagt, dass wir ein Opfer brauchen. Er hat die Rolle bekommen.«
»Für mich ist es nicht wichtig. Ich frage lediglich aus Interesse.«
Montignac überlegte, ob er mehr verraten sollte, atmete tief durch und sagte: »Er war ein Störenfried. Ich hätte mich schon vor einiger Zeit um ihn kümmern sollen, ging aber nicht davon aus, dass er ein fester Bestandteil meines Lebens werden könnte.«
»Was er jetzt nicht mehr wird.«
»Nein.«
»Solange wir beide bekommen, was wir uns wünschen, ist alles in Ordnung. Einer hilft dem anderen, und das ist schön. An der ersten Sache mit dem Cézanne haben Sie recht gut verdient, oder?«
»Das Geld kam zur rechten Zeit«, entgegnete Montignac.
»Und jetzt sind wir einander wieder behilflich. Was für ein Mensch ist dieser Gareth?«
Montignac zuckte mit den Schultern. »Er ist ganz nett«, gab er zu, »aber ein Verlierer. Ohne Ziel, ohne Ehrgeiz. Im Grunde jedoch harmlos. Sah mich immer so an, als wäre ich eine Art Gott. Jedes Mal, wenn ich mich umgedreht habe, stand er da und wartete verzweifelt auf ein lobendes Wort. Ich nehme an, seinem Leben haben die Richtlinien gefehlt. Oder die guten Vorbilder. Obwohl das künftig keine Rolle mehr spielen dürfte.«
»Wohl kaum. Schuld daran sind die Eltern«, erklärte Keaton. »Dafür werden sie büÃen. Schade für den Jungen, aber für mich ist es der einzige Weg, seinen Vater beeinflussen zu können. Es hätte nie so weit kommen müssen, wenn Roderick Bentley nicht so ein pedantischer Paragraphenreiter wäre. Wenn er sich bestechen lieÃe, nur ein kleines bisschen, dann wäre nichts von alledem nötig gewesen. Dabei sind die meisten Richter bestechlich. Ich zähle noch zu den moralischeren.«
»Und das will was heiÃen.«
»Bitte, keinen Sarkasmus«, sagte Keaton leise. »Hier geht es um Höheres.«
»Hassen Sie diese Amerikanerin denn so sehr?«, fragte Montignac. »Ich frage lediglich aus Interesse«, zitierte er Keaton.
»Wallis Simpson ist für mich ohne Bedeutung.« Keaton zuckte mit den Schultern. »Ich kenne sie nicht einmal. Was mich betrifft, kann der König einen Esel heiraten. Selbst das wäre mir völlig einerlei. Aber leider hat der Mann Ideen, die unterbunden werden müssen. Ich denke an die Sache mit den Bergarbeitern im Nordosten. An die Besuche, die er ihnen abstattet. Den ganzen Unsinn, dass
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