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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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schon geöffnet und stand dort wie ein Wachsoldat. Jane tat, wie ihr geheißen, und sagte kein Wort, doch sie hielt den Kopf hoch und lächelte der Pressemeute zu. Fotografen waren nicht zugegen, was sie enttäuschte. Allerdings wusste sie, dass einige von ihnen am Old Bailey stehen würden. Und deshalb trug sie einen neuen Hut.
    Â»Fahren Sie los, Leonard«, befahl Roderick, als sie sicher im Wagen saßen und die Türen geschlossen waren. »Wenn Sie wollen, können Sie auch losrasen.«
    Â»Jawohl, Sir«, kam die Antwort vom Fahrersitz. Leonard legte den ersten Gang ein. Sie verließen den Platz und schlugen den Weg zum Justizpalast ein.
    Â»Lange kann ich diese verdammten Zeitungsfritzen nicht mehr ertragen«, erklärte Roderick, doch während der Fahrt entspannte er sich ein wenig. »Was ist das nur für ein Beruf?«
    Â»So etwas interessiert die Leute eben.« Jane zuckte mit den Schultern, als ginge es um die natürlichste Sache der Welt. »Daraus kannst du ihnen keinen Vorwurf machen. So sind die Menschen. Und es ist nun mal ihr Beruf.«
    Bentley brummte irgendetwas und schaute aus dem Seitenfenster. Allmählich merkte man, dass der Sommer nahte. Die Bäume entlang der Southampton Row waren zum Leben erwacht. Hier und da sah man ein paar tapfere Seelen, die ihre Winterjacken gegen etwas Leichteres getauscht hatten. Für Juni war es ein ungewöhnlich warmer Morgen geworden.
    Â»Roderick«, begann Jane wenig später, »hast du überhaupt einmal etwas von ihnen gehört?«
    Diese eine Reporterfrage war ihr im Gedächtnis geblieben. Daran hatte sie in den vergangenen Monaten kein einziges Mal gedacht. Jetzt sann sie darüber nach.
    Â»Von wem gehört?« Roderick wandte sich zu seiner Frau um.
    Â»Dem Königshaus. Oder dem König. Hat er Kontakt zu dir aufgenommen?«
    Roderick lachte auf. »Natürlich nicht. Du glaubst doch nicht im Ernst, der König würde aus persönlichem Interesse versuchen, ein Verfahren zu beeinflussen, oder?«
    Â»Wenn, würde es mir nicht gefallen«, bekannte Jane. »Aber wundern würde es mich auch nicht. Er ist nicht ganz der Mann, der sein Vater war.«
    Â»Darum geht es nicht«, entgegnete Roderick.
    Â»Seit er den Thron bestiegen hat, sind wir nicht ein einziges Mal in den Buckingham-Palast eingeladen worden. Ist dir das auch aufgefallen?«
    Â»In der Vergangenheit waren wir dort auch nicht gerade regelmäßige Gäste.«
    Â»Das nicht«, räumte Jane ein, »aber wir wurden zum Gartenfest eingeladen. Das war 1932, weißt du noch? Als Königin Mary sich so reizend über meinen Hut geäußert hat.«
    Â»Richtig«, sagte Roderick, der sich an das Fest erinnerte, jedoch nicht an das Kompliment und gewiss nicht an besagten Hut.
    Â»Und als du zum Ritter geschlagen wurdest, fand eine Dinnerparty statt. Ramsay MacDonald war auch da.«
    Â»Das sind zwei Mal«, sagte Roderick. »Zwei Einladungen in all den Jahren machen uns noch nicht zu Vertrauten der königlichen Familie.«
    Â»Nein«, natürlich nicht«, erwiderte Jane, »aber ich fände es schön, auch zu anderen Anlässen eingeladen zu werden, du nicht? Der König gehört immerhin zu unserer Generation. Vielleicht würde ihm unsere Gesellschaft ja gefallen.«
    Â»Vielleicht zu deiner Generation«, antwortete Roderick lachend. »Ich bin gut zehn Jahre älter als er.«
    Â»Ach, die paar Jahre machen doch keinen Unterschied. Vielleicht sollten wir versuchen, zum nächsten Staatsdinner eingeladen zu werden. Aber wie stellt man so etwas an?«
    Â»Keine Ahnung«, erwiderte Roderick, dem es zudem ziemlich einerlei war. Solche gesellschaftlichen Ereignisse interessierten ihn nicht.
    Â»Wenigstens zu den Gartenpartys sollten wir regelmäßig eingeladen werden«, fuhr Jane fort. »Wenn wir uns mit ihm anfreunden, hätten wir die Möglichkeit, im nächsten Sommer zur Krönung eingeladen zu werden. Vielleicht sollte ich diese Simpson mal zum Nachmittagstee bitten. Hältst du das für machbar, oder sollen wir ihr die kalte Schulter zeigen, bis man uns eines Besseren belehrt?«
    Der Wagen bremste abrupt. Die Bentleys rutschten nach vorn.
    Â»Tut mir leid, Euer Ehren«, sagte Leonard und drehte sich kopfschüttelnd zu ihnen um. »Ein Zeitungsjunge«, ergänzte er. Ehe er aus dem Wagen springen und ihm nachsetzen konnte, war der

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