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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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es dir schon gesagt, Margaret, ich bleibe nicht hier.«
    Margaret seufzte. Sie hatte gehofft, Stella hätte die Idee fallenlassen, aber offenbar war sie ernst gemeint gewesen. Sogar so ernst, dass Stella am Vortag im Londoner Büro ihres Vaters gewesen war, wo sie vermutlich mit seinem oder vielmehr ihrem Geschäftsführer über ihre Pläne gesprochen hatte. Wahrscheinlich würde er ab sofort das Tagesgeschäft übernehmen, hatte womöglich ein höheres Gehalt zugesagt bekommen und hätte ab sofort Zugang zu sämtlichen Unterlagen, die Peter Montignac in Leyville aufbewahrt hatte.
    Â»Dann ist es also dein Ernst?«
    Â»Mein voller Ernst. Mag sein, dass sich das jetzt wie ein Witz anhört, aber ist dir eigentlich bewusst, wie reich ich bin?«
    Â»Ganz sicherlich nicht«, erwiderte Margaret indigniert.
    Â»Mir eigentlich auch nicht. So viel Geld und so viel Land, wie soll man da den Überblick behalten?«
    Â»Was ist mit Owen? Warum bittest du ihn nicht, sich um einen Teil davon zu kümmern?«
    Â»Das habe ich versucht. Kurz nach Vaters Tod habe ich es ihm vorgeschlagen, aber er hat es strikt abgelehnt. Er sagte, wenn man ihm nicht genügend vertraut habe, um ihm den Besitz zu vermachen, sei er auch nicht bereit, ihn als Angestellter zu verwalten. Die Alternative sei daher, dass ich es selbst tue, was mich langweilen würde. Also bezahle ich einen Fachmann dafür und genieße einen Teil meines Geldes. Warum auch nicht?«
    Margaret wollte schon widersprechen, doch dann plagte sie ihr Gewissen und sie fragte sich, warum Stella ihr Geld eigentlich nicht genießen sollte? Wenn sie als junge Frau Zugang zu einem solchen Vermögen gehabt hätte, hätte sie dann nicht auch den Wunsch verspürt, durch die Welt zu reisen, Abenteuer zu erleben und interessante Männer kennenzulernen, statt als unterbezahltes Kindermädchen für drei fremde Kinder zu sorgen? Drei Kinder, die ihr für all das, was sie für sie getan hatte, nie auch nur eine Spur Dankbarkeit gezeigt hatten. Natürlich hätte sie diesen Wunsch gehabt. Doch dann nahm ihre selbstsüchtige Seite überhand, diejenige, die fürchtete, allein gelassen zu werden.
    Â»Du willst also deine Pflichten im Stich lassen«, sagte sie. »Damit wäre dein Vater nicht einverstanden gewesen.«
    Â»Dann hätte er alles Owen vererben sollen«, erwiderte Stella gleichgültig, denn sie war nicht bereit, sich umstimmen zu lassen. »Und nicht mir.«
    Â»Vielleicht hätte er das tun sollen«, murmelte Margaret.
    Â»Was hast du gesagt?«
    Â»Nichts, ich bin lediglich der Ansicht, dass du es bereuen wirst. Zurzeit ist die Welt kein sicherer Ort. Schau dir doch nur die Tageszeitungen an. Denk an den Ärger in Spanien, die Unruhen in Deutschland und so weiter.«
    Â»Herrgott, Margaret, was liest du denn für Zeitungen? Wenn ich die Times oder den Daily Telegraph aufschlage, sehe ich nur Kolumnen, in denen über diese Simpson hergezogen wird, oder Stanley Baldwin wird aufgefordert, sich nicht die die Angelegenheiten eines anderen Mannes einzumischen.«
    Â»Komm mir nicht mit dieser Simpson – dieser Hure.«
    Â»Gut, dann nicht. Sag mal, könntest du vielleicht für mich mit Annie reden?«
    Â»Worüber?«
    Â»Wir müssen sie entlassen.«
    Margaret schluckte. »Aber du hast sie doch schon auf eine halbe Stelle gesetzt. Und jetzt soll ich ihr auch das noch beibringen?«
    Â»Margaret, wozu braucht man einen Koch, wenn niemand da ist, der bekocht werden muss? Na, komm schon, sei vernünftig.«
    Â»Und was ist mit mir?«, wollte Margaret wissen. »Werde ich auch entlassen?«
    Stella seufzte, stand auf und umrundete den Schreibtisch. Sie sah die Tränen in den Augen ihrer alten Kinderfrau und hatte Mitleid mit ihr. Von allen drei Kindern hatte sie immer die komplizierteste Beziehung zu Margaret gehabt, vielleicht nicht als Kind, aber später als junges Mädchen. Damals hatte sich etwas zwischen ihnen verändert. Sicher, die Entscheidungen, die Margaret für sie getroffen hatte, waren vermutlich gut gemeint gewesen, obwohl Stella rückblickend nicht wusste, wie sie sich an Margarets Stelle verhalten hätte. Dennoch hatte sie Schaden genommen und war nie imstande gewesen, Margaret zu verzeihen.
    Â»Du musst nicht gehen, natürlich nicht«, antwortete sie. »Leyville ist dein Zuhause. Auf Lebenszeit. Und du bekommst

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