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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Letzteren gehörten die mietfreie Unterkunft, die freie Verpflegung und der kostenlose Wäschedienst zu Hause. Dazu kam die Mitgliedschaft im White’s Club in St. James, einer exklusiven Einrichtung für Gentlemen und deren Söhne. Die Zeitungen, die dort morgens auf den Tischchen lagen, waren gratis; der Whisky war eher teuer, dafür aber mindestens zwölf Jahre alt, wohingegen man den absolut annehmbaren gegrillten Lachs mit neuen Kartöffelchen, grünen Bohnen und frischen Kräutern mittags zu einem recht vernünftigen Preis bekam. Seit seinem einundzwanzigsten Geburtstag vor drei Jahren, als sein Vater und ein zweiter ranghoher Richter sich für ihn verbürgt hatten, war Gareth im White’s gelegentlich erschienen, um auf bequeme und geruhsame Weise die Zeit totzuschlagen, in der zu Hause seine Bettwäsche gewechselt wurde.
    Bei den Gentlemen, die in diesem Club verkehrten, handelte es sich überwiegend um Vertreter höherer Berufsstände wie Anwälte, Ärzte und Politiker, hier und da durchsetzt von einem Autor oder Philosophen. In eichenvertäfelten Räumen, umgeben von Bücherwänden, saßen sie in ledernen Ohrensesseln, rauchten Pfeife oder Zigarre und debattierten über die verkommene Welt, die Regierung, die Franzosen und die Jugend, und zwar in dieser Reihenfolge. Im zweiten und dritten Stock standen fünfzehn hübsche Zimmer zur Verfügung, doch sie mussten weit im Voraus reserviert werden, denn die Nachfrage war groß. Dass Damenbesuch nicht gestattet war, verstand sich von selbst.
    Als Gareth ankam, wurde er von Kenneth Milton begrüßt, dem Portier, der an diesem Nachmittag Dienst hatte. »Guten Tag, Mr Bentley. Wie schön, Sie wiederzusehen, Sir.«
    Â»Tag, Milton.« Gareth reichte dem Mann seinen Mantel und seinen Hut. Seit fast einer Woche war er nicht mehr im White’s gewesen. Er schaute in die Clubräume, die zu dieser Tageszeit etwa zu einem Drittel besetzt waren, spürte die Ruhe, die ihn befiel, und dachte an die vielen glücklichen Stunden, die er hier verbracht hatte, nachdem er sein Studium in Cambridge (mit der Note Drei) abgeschlossen hatte. Hier konnte er sich auf wohltuende Weise von seinem Elternhaus und den lästigen Fragen über seine Zukunft erholen. »Haben Sie Mr Keys heute schon gesehen?«, fragte er Milton. »Alexander Keys.«
    Milton konsultierte sein Gästebuch und fuhr mit dem Finger an der Liste der Namen entlang. »Sie haben Glück, Sir. Mr Keys ist vor etwa einer halben Stunde eingetroffen.«
    Â»Großartig«, sagte Gareth.
    Â»Wahrscheinlich sitzt er in der Lounge, Sir, oder vielleicht oben im großen Salon.«
    Gareth trat durch die geöffnete Flügeltür in den Clubraum, ließ seinen Blick über die Gesichter schweifen, registrierte ein, zwei flüchtige Bekannte und einen berühmten Schauspieler, der vor Kurzem in einem Hollywoodfilm überraschend erfolgreich gewesen war und diesen Triumph feierte, indem er sich von seiner Frau scheiden ließ. Dann war da noch ein früherer Premierminister, ein Greis, der allein war und Schwierigkeiten hatte, seine Pfeife anzuzünden. Schließlich entdeckte er Alexander, der in einer Ecke saß und mit verwirrter Miene einen Wälzer las.
    Gareth ging zu ihm. »Hallo.«
    Alexander sah auf. »Oh, hallo, Gareth. Dich hatte ich hier heute nicht erwartet. Wie geht es deinem Kopf?«
    Â»Wenn man bedenkt, gar nicht so schlecht. Gut, dass ich mich zurückgehalten habe.«
    Â»Das habe ich gesehen«, sagte Alexander. »Deine Willensstärke hat mich enorm beeindruckt, obwohl Jasper dich ständig zum Trinken animiert hat. Was führt dich hierher?«
    Â»Die Flucht aus dem Haus«, antwortete Gareth, während ein Kellner schon mit einer Kanne Tee kam. »Ich hatte gehofft, dich hier zu treffen. Was liest du da?« Gareth ließ sich auf dem Sessel gegenüber Alexander nieder.
    Â»Einen neuen Roman, den ich durchackern muss. Der Autor kommt aus Sheffield – ausgerechnet. Der Vater hat in einer Kohlengrube gearbeitet. Solche Leute schreiben heute Bücher.«
    Â»Oh Gott. Wovon handelt es denn?«
    Â»Wer weiß.« Alexander zuckte mit den Schultern. »Fünfhundertfünfzig Seiten, alles in einem einzigen Absatz geschrieben, weder Zeichensetzung noch Dialoge, nur ein endloser innerer Monolog.«
    Â»Grauenhaft«, sagte Gareth

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