Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
Vom Netzwerk:
rhetorische Frage.
    Â»Keine Ahnung.«
    Â»Die Bilder der Badenden auseinanderzuhalten, ist mitunter schwierig.«
    Â»Hm.«
    Â»Trotzdem glaube ich, dass es Les Grandes Baigneuses ist. Sagen wir einfach, dass es so ist.«
    Â»Ganz gleich, was es ist, es misst waagerecht zwei Meter fünfundvierzig und senkrecht zwei Meter fünf.«
    Sie machten weiter, bis sie alle zwölf Gemälde ausgemessen und die Maße noch einmal überprüft hatten. Montignac steckte Block und Bleistift zurück und nickte zufrieden. »Wie sauber Arthur Hamilton diesen Raum hält«, murmelte er und betrachtete den blitzblanken Fußboden. »Vielleicht sollte ich unser Lager oben auch besser nutzen.«
    Â»Können Sie vielleicht ein andermal darüber nachdenken?«, fragte Gareth. Sein anfänglicher Adrenalinschub war abgeflaut, und langsam wurde er panisch.
    Â»Ja, schon gut.« Montignac half Gareth hoch zur Luke. »Sie müssen mich hinaufziehen«, trug er ihm auf. »Hoffen wir, dass die Dielen uns beide tragen.«
    Die Dielen knarzten nur leise unter ihrem Gewicht. Sie setzten den Deckel der Luke wieder ein, krochen über den dunklen, verstaubten Dachboden zur Threadbare-Galerie zurück und schlossen, als sie unten waren, die Luke über sich. Sowohl aus der Distanz als auch von Nahem wirkte sie absolut unberührt.
    Â»Perfekt«, sagte Montignac und lächelte seinen Komplizen an. »Der erste Teil wäre vollbracht. Allerdings bleiben uns nur noch drei Tage, deshalb dürfen wir keinen Fehler machen.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Aber jetzt gehen wir besser nach Hause. Morgen früh beginnen wir mit den Rahmen. Bis dahin habe ich die Liste mit den Maßen für Sie kopiert.« Er hielt inne. »Sie sind sich Ihrer Sache doch sicher, Gareth, oder? Denn wenn wir einmal angefangen haben, gibt es keinen Weg zurück.«
    Â»Klar«, sagte Gareth, der das Ganze für einen Riesenspaß hielt. »Sie können auf mich zählen.«
    Montignac schmunzelte. Armer Junge , dachte er. Wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.

4
    Jane Bentley humpelte die Stufen zur Kanzlei Rice hinauf, denn die neuen Schuhe schnitten in ihre Hacken. Sie waren nach einem Paar gestaltet worden, das die Herzogin von York vor einer Weile beim Cheltenham Gold Cup getragen hatte. Jane hatte sie bei Harrods in ihrer Größe bestellt und führte sie heute zum ersten Mal aus. Sicher, jedermann hasste die Herzogin, denn sie verkörperte die übelste Art eines Snobs und wusste nicht, wie man mit Menschen umging, doch ihre Schuhe konnten sich sehen lassen. Allerdings hatte Jane den Fehler gemacht, von Harrods in der Oxford Street zur Kanzlei zu laufen, statt sich ein Taxi zu nehmen, und die uralten Steinstufen machten die Sache auch nicht besser; bei jedem Schritt hatte sie das Gefühl, ein Messer schneide in ihre Fersen.
    Im Empfangsbereich wurde sie von Alistair Shepherd begrüßt, dem ältesten Angestellten, der sich bei ihrem Eintritt respektvoll erhob.
    Â»Guten Tag, Lady Bentley«, sagte er und widerstand dem Impuls, sich zu verneigen.
    Â»Guten Tag, Alistair. Wie geht es Ihnen?«
    Â»Sehr gut, Ma’am, ich kann nicht klagen.«
    Niemand hatte der Kanzlei länger als Alistair gedient, der seit 1901 nacheinander für drei ihrer Häupter gearbeitet hatte. Inzwischen näherte er sich seinem siebzigsten Geburtstag, und da sein Gedächtnis nicht mehr so beweglich war wie zu zuvor, hatte er in die Verrentung eingewilligt, mit der die Partner ihn zu Beginn des Monats konfrontiert hatten. Jetzt war die letzte Woche seines Diensts angebrochen, und ihm graute vor dem Freitagnachmittag und der Einsamkeit, zu der er ab Samstag verdammt sein würde.
    Â»Sicher freuen Sie sich schon auf Ihre Freiheit«, sagte Jane entgegenkommend.
    Â»Sogar sehr«, erwiderte Alistair, dem man beigebracht hatte, niemals zu widersprechen.
    Â»Ich wünschte, ich würde in Ihren Schuhen stecken«, sagte Jane, die im Moment jedes Paar Schuhe ihren eigenen vorgezogen hätte, denn in denen konnte sie kaum noch laufen.
    Â»Wirklich?«, murmelte Alistair, in dessen Vorstellung Lady Bentleys Leben einer endlos langen Ferienzeit glich, nur von spontanen Einkäufen und Wochenenden auf dem Land unterbrochen.
    Â»Ja, natürlich. Mir scheint, dass ich nie einen Moment für mich habe. Sie dagegen haben das große Los gezogen.« Jane schaute zur

Weitere Kostenlose Bücher