Das Vermächtnis der Montignacs
Wanduhr hoch und runzelte die Stirn. »Oh je. Ist es wirklich schon Viertel nach? Wahrscheinlich wartet er bereits auf mich.«
»Davon hat Sir Roderick nichts gesagt. Aber er ist allein im Büro. Wenn Sie möchten, gehen Sie zu ihm durch.«
Jane nickte Shepherd zu, folgte einem schmalen Flur zu dem groÃzügig angelegten Büro ihres Mannes und dankte dem Schicksal für den dicken luxuriösen Teppichläufer unter ihren FüÃen. (Je höher die Anwälte in der Hierarchie standen, desto luxuriöser wurde der FuÃbodenbelag auf dem Weg zu ihren Büros.) Jane sah sich um, stellte fest, dass auÃer ihr niemand da war, schlüpfte aus den Schuhen und nahm sie in die Hand. Aufatmend lief sie weiter, klopfte höflich an die Tür und trat ein, ohne auf eine Antwort zu warten.
»Jane.« Roderick schaute von einer Akte auf, die er studiert hatte, und lächelte sie an. »Da bist du ja endlich.«
»Tut mir leid, dass du warten musstest.« Erschöpft lieà sie sich auf das Sofa fallen und massierte ihre gequälten FüÃe. »Bitte, sei mir nicht böse«, fügte sie im koketten Tonfall einer Debütantin hinzu, wenngleich diese Rolle schon seit Jahren nicht mehr zu ihr passte.
»Natürlich bin ich dir nicht böse. Ich hatte die Zeit auch aus den Augen verloren. Mein Gott, was hast du denn? Du sieht aus, als hättest du Schmerzen.«
»Das liegt an den neuen Schuhen. Sie passen nicht, und das macht mich rasend. Sophie muss sie gleich morgen früh zurückzubringen. Ich dachte schon, ich brauche Krücken, um es hier herzuschaffen.«
Jane betrachtete den malträtierten Fuà und sog empört die Luft ein, als sie die tiefrote Schwellung an ihrer Ferse entdeckte.
»Ich fürchte, wir haben hier kein Ersatzpaar Damenschuhe«, bemerkte Roderick schmunzelnd. »Du wirst sie tragen müssen, bis du nach Hause kommst.«
Er stand auf, holte die Flasche Sherry aus der Anrichte und schenkte ihr ein kleines Glas ein. Jane nahm es entgegen, bedankte sich und trank, als bekäme sie nach einer monatelangen Reise durch die Wüste den ersten Schluck Wasser. »Du bist ein Schatz. Und jetzt erzähl mir alles.«
Roderick lieà sich ihr gegenüber nieder. »Alles erzählen? Was alles?«
»Bitte, spann mich nicht auf die Folter. Du weiÃt genau, was ich meine.«
Roderick seufzte. »Jane, du weiÃt doch, dass ich nicht darüber reden darf.«
»Ach, komm.« Jane beugte sich vor. »Ich bin deine Ehefrau. Mit wem kannst du denn darüber reden, wenn nicht mit mir?«
»Mit niemanden«, antwortete Roderick. »Darum geht es ja.«
»Das ist doch lächerlich. Die anderen werden wissen, dass man bei solchen Anlässen jemanden braucht, der einem zur Seite steht. Und sie müssen auch erkannt haben, wie diskret du bist, insbesondere nach der Sache mit Domson. Denk doch, wie gut du dich da verhalten hast. Nie hast du mit der Presse gesprochen, nie angedeutet, was du darüber denkst. Und mir ist auch kein Wort entschlüpft, oder?«
»Dir konnte nichts entschlüpfen, weil ich dir nie etwas gesagt habe.« Liebevoll tätschelte er ihr Knie.
»Richtig, das habe ich dir immer noch nicht ganz verziehen. Aber ich habe es verstanden, Roderick. Es ging um einen Mordprozess. Das Leben eines Menschen stand auf dem Spiel. Es war eine schrecklich ernste Angelegenheit. Aber jetzt geht es um etwas anderes.«
»Lieber Gott, Jane, das hier ist ebenso ernst, wenn nicht noch ernster.«
»Mag sein, aber niemand wird deswegen sterben, oder?«
»Das nicht, aber es ist auch keine schlüpfrige Skandalgeschichte.«
»Roderick Bentley«, sagte Jane und setzte eine strenge Miene auf, »wenn du mir nicht sofort erzählst, was bei dem Treffen vorgefallen ist, gehe ich ins Büro nebenan zu Quentin Lawrence und bitte ihn, mich bei meiner Scheidung zu vertreten.«
»Jane«, sagte Roderick flehend.
»Na, komm schon. Ich schwöre, dass ich es niemandem weitererzähle. Du weiÃt doch, geteiltes Leid und so weiter.«
Roderick lehnte sich zurück. Jane erkannte, dass er dabei war, nachzugeben. »Wenn ich es dir erzähle«, begann er ernst und drohte ihr mit dem Zeigefinger, als wäre sie ein ungehorsames Kind, »dann musst du mir versprechen, dass es nicht weitergetragen wird.«
»Wird es nicht.«
»Es bleibt strikt zwischen uns als
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