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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Quentin ertappte sich dabei, dass sein Blick etwas länger dort verweilte, als es für einen Gentleman schicklich gewesen wäre.
    »Miss Natty?«, fragte er.
    » Miss Natty?« Sie lachte. »Du bist wohl ein ganz feiner Pinkel, was?«
    »Nein, eigentlich nicht«, beeilte sich Quentin zu erklären, »ich möchte nur …«
    »… keine Zeit verlieren«, vervollständigte Madame Molly, wobei sie Quentin beherzt am Arm packte und ihn in Richtung der Treppe bugsierte. »Nimm den feinen Gentleman mit nach oben, Natty. Ich bin sicher, dir wird etwas einfallen, wie du ihm den Tag versüßen kannst.«
    »Äh, nein, bitte!«, rief Quentin, während er sich des Griffs der Puffmutter erwehrte. »Ich wollte Miss Natty bitten, mich nach draußen zu begleiten.«
    »Sonderwünsche?« Molly musterte ihn abermals, diesmal sehr viel kritischer als zuvor. »Das geht aber extra!«
    »D-dessen bin ich mir bewusst«, beeilte sich Quentin zu versichern. »Draußen vor der Tür steht eine Kutsche, in der ein Gentleman sitzt, der Miss Natty zu sprechen wü…«
    »Zwei Kerle gleichzeitig?« Ein breites Grinsen erschien auf ihren bleichen Zügen. »Wer hätte das gedacht? Du bist ja ein ganz Schlimmer! Aber das kostet dann auch doppelt, nur damit wir uns verstehen.«
    »Das – äh – sollte kein Problem sein«, versicherte Quentin, während er bereits in Richtung Tür zurückwich. Madame Molly zu erklären, dass dies ein Missverständnis und er eigentlich aus ganz anderen Gründen hier war, hätte zu weit geführt.
    »Also, Natty, du hast es gehört«, wies Molly das Mädchen an. »Dort draußen wartet noch ein Gentleman darauf, von dir beglückt zu werden.«
    »Jawohl, Madame.«
    Die Bereitwilligkeit, mit der sich Natty dem Willen der Puffmutter fügte und Quentin nach draußen folgte, hatte etwas Beschämendes. Seit dem Ende der Napoleonischen Kriege war Prostitution auf den Inseln weit verbreitet. Nicht nur in den großen Städten wie London und Edinburgh, sondern auch auf dem Land gab es Frauen, die ihren Körper zu Markte tragen mussten, um sich und ihre Familien zu versorgen, und die wirtschaftliche Krise hatte nicht dazu beigetragen, die Situation zu verbessern. Unwillkürlich fragte sich Quentin, was für ein trauriges Schicksal sich hinter Nattys hübscher und scheinbar so unbekümmerter Fassade verbergen mochte.
    »Ist das die Kutsche?«, erkundigte sie sich, als sie nach draußen traten.
    »Allerdings.«
    »Und da drin wartet noch ein Kunde?«
    »Also, eigentlich«, fühlte sich Quentin bemüßigt zu erklären, »ist es kein …«
    Sie hatte die Einstiegstür bereits erreicht, öffnete sie – und stutzte, als eine behandschuhte Rechte erschien, die ihr den Zutritt verweigerte.
    »Nanu?«, fragte sie und sah Quentin verunsichert an. »Was ist denn jetzt?«
    »Keine Sorge, Miss Natty«, drang es aus dem Inneren der Kutsche, wo Sir Walter sich sorgsam verborgen hielt. »Wir wollen nur mit Ihnen sprechen.«
    »Nur sprechen, was?« Nattys grüne Augen suchten das Halbdunkel, das im Inneren der Kutsche herrschte, mit Blicken zu durchdringen. »Ihr Jungs seid ziemlich seltsam, wisst ihr das? Die meisten Kerle, die zu mir kommen, wollen alles, bloß nicht reden.«
    »Sagt Ihnen der Name Mackie Graham etwas?«
    Sie erstarrte, ihre Heiterkeit verflog. »Mackie? Was ist mit ihm? Steckt er wieder in Schwierigkeiten?«
    »Wie man es nimmt, meine Teure«, entgegnete Sir Walter leise. »Er ist tot.«
    »Was?« Sie schluckte sichtbar. »Wie ist das passiert?«
    »Er wurde erschossen, als er beim Einbruch in einen benachbarten Landsitz gestellt wurde«, erwiderte Quentin, der ebenfalls hinzugetreten war.
    »Oh, nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich hatte ihm gesagt, dass er die Finger davon lassen soll.«
    »Wovon?«, hakte Sir Walter nach.
    Sie holte tief Luft, um zu antworten, doch plötzlich stockte sie. »Wer sind Sie?«, wollte sie wissen, wobei sich ihre Augen argwöhnisch verengten.
    »Jemand, der allen Grund zu der Annahme hat, dass Mr. Graham diesen Einbruch nicht aus eigenem Antrieb begangen hat, sondern dazu angestiftet wurde.«
    »Sie meinen den Vornehmen?«
    »Den Vornehmen?«, hakte Sir Walter nach. »Wie darf ich das verstehen?«
    Natty biss sich auf die Lippen, zögerte.
    »Miss Natty, wenn es jemanden gibt, der hinter dieser Sache steckt, dann nennen Sie uns seinen Namen. Wer immer der Kerl ist, er hat Mackies Tod zu verantworten, und wir wollen ihn dafür zur Rechenschaft ziehen.«
    »Also schön«, knurrte sie. »Seinen

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