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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ab, konnte jedoch nichts daran finden, das ihm zum Nachteil gereicht hätte. Im Gegenteil, sie konnten beide nur gewinnen.
    Einen Augenblick lang schwieg er, lauschte dem Prasseln des Regens. »Was können wir tun?«, fragte er dann.
    »Rufen Sie die Mitglieder Ihrer Bruderschaft zusammen – und ich meine nicht nur die wenigen, die Ihnen bislang gefolgt sind. Ich spreche von allen .«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie werden nicht kommen. Ihre Furcht vor Entdeckung ist zu groß.«
    »Keine Sorge«, erwiderte sie, und als sie sich vor ihm straffte und der Blick ihrer tiefblauen Augen einen kühlen, herrischen Ausdruck annahm, hatte er zum ersten Mal das Gefühl, eine Königin vor sich zu sehen. »Wenn ihre zukünftige Herrscherin sie ruft, dann werden sie kommen.«

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    8
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    Abbotsford
Nachmittag des 6. März 1826
    »Ein Schlüssel?«
    Verblüfft blickte Mary auf den kleinen Gegenstand, den Sir Walter aus der Tasche seiner Weste gezogen hatte. Das Gesicht, das der Herr von Abbotsford dazu machte, war selbst für jene, die ihn gut kannten, unmöglich zu deuten.
    »Weißt du, meine Liebe«, eröffnete er nicht nur ihr, sondern auch Quentin und McCauley, die sich auf seine Bitte hin in der Bibliothek des Landsitzes eingefunden hatten, »bei aller Bescheidenheit nehme ich an, dass es das ist, wonach der nächtliche Eindringling gesucht hat – auch wenn er das selbst vermutlich gar nicht wusste.«
    »Sie sprechen in Rätseln, Sir«, entgegnete McCauley. »Was genau bedeutet das?«
    »Es bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass wir der Lösung des Rätsels auf der Spur sind«, gab Sir Walter zur Antwort. »Ganz offenbar hatte Malcolm Graham den Auftrag, etwas aus meiner Bibliothek zu entwenden. Da jedoch nichts fehlt, scheint er nicht gefunden zu haben, was er suchte. Und das wiederum bringt diesen Schlüssel ins Spiel.«
    »Welchen Schlüssel?«, wollte Quentin wissen. Sie waren erst gegen Mittag aus Roxburgh zurückgekehrt; beim Lunch hatten sie in groben Zügen geschildert, was dort geschehen war; nach dem Essen hatte Sir Walter sie in die Bibliothek gebeten.
    »Wie ihr vielleicht wisst, bergen die meisten Bibliotheken ganz spezielle Geheimnisse. Dies ist das meine.«
    »Ich fürchte, ich verstehe noch immer nicht«, gestand McCauley mit einem Lächeln, das um Verzeihung bat.
    »Jede Bibliothek, Mr. McCauley, verfügt über einen Bereich, der nicht allgemein zugänglich ist, ganz einfach, weil die Bücher, die dort gelagert werden, zu selten oder zu wertvoll sind, als dass sie für den Alltag taugen würden. Oder weil ihr Inhalt zu brisant ist, um vor jedermann offenbart zu werden.«
    »Und solche Bücher befinden sich in deinem Besitz, Onkel?«, staunte Quentin.
    »Das will ich hoffen.« Sir Walter lächelte. »Der Buchdruck hat dem geschriebenen Wort fraglos die Welt eröffnet. Er hat Zivilisation und Fortschritt gedeihen und Berufsstände wie den meinen entstehen lassen. Aber er hat auch dafür gesorgt, dass Wissen, das in alter Zeit nur wenigen zugänglich war, plötzlich einer großen Anzahl von Menschen offenstand, und wie immer, wenn etwas im Überfluss zur Verfügung steht, neigen wir Menschen dazu, die Wertschätzung für das Einzelne zu verlieren. In alter Zeit jedoch, da die Niederschrift von Hand die einzige Möglichkeit darstellte, Wissen dauerhaft zu bewahren, kam jedem einzelnen Buch besondere Gewichtung zu. Das ist der Grund, weshalb Schriftrollen und Folianten oftmals Geheimnisse bergen, die in späterer Zeit verloren gingen.«
    »Und du denkst, auf ein solches Geheimnis hatte der Einbrecher es abgesehen?«, fragte Mary.
    »Da er hier nicht fündig wurde – allerdings«, bestätigte Sir Walter mit einer Geste, die die unzähligen Bücher in den Regalen und Vitrinen einschloss. »Glücklicherweise wusste er nicht, dass die Bibliothek noch über einen weiteren Bereich verfügt. Dort aber werden wir uns nun auf die Suche machen.«
    Damit wandte er sich um, trat auf einen der glanzpolierten und mit Intarsien versehenen Bücherschränke zu und schloss ihn auf. Fächer mit Büchern kamen darin zum Vorschein, die allerdings ziemlich gewöhnlich anmuteten.
    »Und das sollen jene besonderen Bände sein?«, fragte McCauley nicht ohne Spott.
    »Geduld«, bat ihn Sir Walter und griff in den Schrank, wo er einen verborgenen Hebel zu betätigen schien, denn ein metallisches Knarren war zu hören, als griffen Zahnräder ineinander – und plötzlich teilten sich die mit Büchern gefüllten Fächer

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