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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Chirurg zur Antwort, den der Anblick so zu fesseln schien, dass er seinen Blick nicht davon wenden konnte. »Eine Genealogie der schottischen Könige, verfasst im Kloster zu Dunfermline.«
    »Tatsächlich?« Quentin nickte anerkennend, konnte McCauleys Begeisterung aber nicht ganz nachvollziehen. »Offen gestanden wusste ich nicht, dass Sie sich für derlei Dinge interessieren.«
    »Nur am Rande«, versicherte McCauley und wuchtete den Folianten auf den Tisch. »Geschichte hat mich von jeher fasziniert, schon seit ich ein kleiner Junge war.«
    Im Schein der Laterne schlug er den Deckel auf. Eine mit reichen Ornamenten verzierte Schmuckseite kam zum Vorschein, erst dann begann der eigentliche Inhalt, der wie bei dem Band, den sich Quentin angesehen hatte, in lateinischer Sprache abgefasst war. Dazu waren Stammbäume eingezeichnet, die die Vergangenheit der Herrscherhäuser zu rekonstruieren versuchten und nicht selten ihre Wurzeln bei römischen Cäsaren oder den Priesterkönigen des Alten Testaments hatten.
    »Wer hätte gedacht, dass die familiären Wurzeln von Kenneth I. bis auf König David zurückgehen?«, fragte Quentin leichthin und handelte sich dafür einen strafenden Blick McCauleys ein.
    »Daran ist nichts Lächerliches«, stellte dieser klar. »In den alten Tagen war alles, was einen gewöhnlichen Menschen von einem gekrönten Haupt unterschied, dessen Legitimation. Je stärker diese war und je tiefer sie in der Vergangenheit fußte, desto glaubwürdiger war sie und desto überzeugender für die Zeitgenossen.«
    »Das wusste ich nicht«, erwiderte Quentin, ein wenig eingeschüchtert von McCauleys massiver Reaktion.
    »Schon gut. Verzeihen Sie, mein Freund, es lag mir fern, Sie belehren zu wollen. Aber es sind Dinge wie diese, die Geschichte geschrieben und über Sieg oder Niederlage entschieden haben. Aus diesem Grund kam der Ahnenforschung im Mittelalter eine zentrale Bedeutung zu, und im Grunde hat sich daran bis heute nichts geändert. Ohne Legitimation ist Macht nichts als Willkür. Erst durch Legitimation wird sie zur Herrschaft.«
    »Ich verstehe.« Quentin nickte. Offenbar hatte sich McCauley tatsächlich eingehend mit diesen Dingen befasst. »Und davon handelt dieses Buch?«
    »Es handelt von den Königen Schottlands, wer sie waren und, beinahe noch wichtiger, woher sie kamen. Und ich denke, dass …« Er hatte umblättern wollen, um die nächste der kunstvoll bemalten Seiten zu betrachten, hielt jedoch plötzlich inne.
    »Was haben Sie?«
    »Da … ist etwas«, stellte McCauley fest und befühlte den ledernen Einband.
    »Sind Sie sicher?«
    »Durchaus. Ein kleiner Gegenstand, unter dem Leder … könnte ein Schlüssel sein oder …«
    Er verstummte jäh.
    Im fahlen Schein der Gaslampe sahen die beiden Männer einander an und dachten offenbar dasselbe. Im nächsten Moment war Quentin auch schon dabei, sich am Einband des Folianten zu schaffen zu machen. Zwar stand das, was er zu tun im Begriff war, in krassem Widerspruch zu der fast liebevollen Fürsorge, die Sir Walter seinen Büchern angedeihen ließ, jedoch würde in diesem Fall der Zweck die Mittel heiligen.
    Es gab ein hässliches Geräusch, als das an den Kanten bereits brüchig gewordene Leder brach. Quentins Finger wühlten sich durch die entstandene Öffnung, griffen in den Zwischenraum – und bekamen tatsächlich etwas zu fassen, das glatt und kühl war und einen gezackten Bart hatte.
    »Ein Schlüssel! Sie hatten recht!«, rief er, als er den Gegenstand herauszog.
    »Zeigen Sie!«, verlangte McCauley, und Quentin hielt das Fundstück so ins Licht, dass sie es betrachten konnten.
    Es war kein gewöhnlicher Schlüssel.
    Nicht nur, dass er fein gearbeitet war und fast wie ein Schmuckstück anmutete; das weißlich glitzernde Metall hatte auch keinerlei Rost angesetzt, was vermuten ließ, dass es sich um Silber handelte. In die Räute des Schlüssels, die in Form eines Wappenschildes gehalten war, war etwas eingraviert. Quentin musste den Schlüssel im Licht drehen, um genau erkennen zu können, was es war. Als er es erkannte, sog er scharf die Luft ein.
    »Der gekrönte Löwe«, entfuhr es ihm. »Das ist das Wappen des Hauses Stewart!«
    »Und die andere Seite?«, wollte McCauley wissen.
    Quentin drehte den Schlüssel herum. Tatsächlich war auch auf der Rückseite der Räute etwas zu erkennen, das allerdings nicht kunstvoll graviert, sondern mit einem spitzen Gegenstand eingeritzt worden war. Buchstaben, von ungelenker Hand

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