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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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brachte Mary in Erinnerung. »Wir sollten alle gehen.«
    »Kommt nicht in Frage, das ist zu gefährlich.«
    »Quentin, ich bin kein Kind!«, entrüstete sich Mary. »Ich bin durchaus in der Lage, selbst für mich zu entscheiden. Und ich habe keine Lust mehr, mich ständig vor allem zu verstecken!«
    Ihr Blick glitt Hilfe suchend zu Sir Walter, der einen Augenblick lang abzuwägen schien. »Also gut«, entschied er dann, während er sich bereits erhob. »Wir werden alle drei gehen.«
    »Aber …«, wollte Quentin noch einmal einwenden, beließ es jedoch dabei, denn plötzlich wurde ihm klar, dass genau dies die Mary war, die er geheiratet hatte. Nicht jenes vom Leben verängstigte Wesen, zu dem sie nach dem Verlust ihres Kindes geworden war. Sie zu beschützen und alles mögliche Unheil von ihr fernzuhalten, war ihm in den vergangenen Monaten zur zweiten Natur geworden, aber wie es aussah, bedurfte sie dieses Schutzes nicht länger. Sie war nicht mehr die Frau, die in New York das Schiff bestiegen hatte, unsicher und von Ängsten geplagt. Eine Veränderung war mit ihr vorgegangen, und ein gewisser Sir Walter Scott hatte daran nicht unwesentlichen Anteil.
    Sie wiesen den Kutscher an, sie an der nächsten Wegbiegung abzusetzen und zu warten; auch Quentins Pferd ließen sie dort zurück. Sich im Schutz der Hügel haltend, gelangten sie zu dem Pfad, der zum Burgtor führte. Dort verharrten sie und blickten sich wachsam um. Hatten McCauley und Chamberlain sie bereits entdeckt? Lagen sie auf der Lauer, um ihnen einen Hinterhalt zu bereiten?
    Quentin übernahm die Vorhut, die geladene Pistole in der Hand. Er verspürte kein Verlangen danach, ebenfalls von McCauley überrascht zu werden, und war bitter entschlossen, den Abzug zu drücken, wenn es sich als notwendig erweisen sollte.
    Der Aufgang zur Burg bestand aus windschiefen, gegeneinander verschobenen und von Moos überwucherten Stufen, die sich für Sir Walter als echtes Hindernis erwiesen. Mary musste ihn stützen, und auch dann kamen sie nur langsam voran. Entsprechend erleichtert waren sie, als sie endlich den Innenhof erreichten.
    Die Dämmerung hatte inzwischen eingesetzt, sodass die Ruinen der Burg noch eindrucksvoller und bedrohlicher wirkten als sonst. Von McCauley und Chamberlain jedoch war nichts zu sehen.
    »Wo sie nur stecken mögen?«, fragte Quentin halblaut. Der Widerhall der Mauern verstärkte jedes Wort.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Sir Walter, »aber wir müssen vorsichtig sein. Die Sache gefällt mir nicht.«
    »Was ist das?«, fragte Mary, die sich gebückt hatte und den felsigen Boden untersuchte. Vorsichtig berührte sie ihn mit den Fingerspitzen und betrachtete sie dann.
    Sie waren dunkelrot.
    Blut.
    Mary fuhr in die Höhe, Quentin fasste instinktiv die Pistole fester und sah sich um, aber noch immer regte sich nichts.
    »Hier ist eine Spur«, stellte Sir Walter fest und folgte der dünnen, dunklen Fährte, die das Blut über den Fels markierte und die zu den brüchigen Mauern führte, Überreste der einstigen Stallungen. Üppiger Farn wucherte dort im Schutz der Ruinen, und er barg einen grausigen Fund.
    »O nein!«, rief Mary und schlug die Hände vors Gesicht, als unter dem Grün eine menschliche Gestalt zum Vorschein kam. Beherzt trat Quentin vor und schlug den Farn beiseite – und blickte in Gesichtszüge, die leblos und in namenlosem Entsetzen verzerrt waren, die er jedoch sofort erkannte.
    »Chamberlain.«
    Der Anwalt, den er zuletzt in Edinburgh in seinem Büro gesehen hatte, war tot. Etwas hatte seinen Brustkorb und sein Herz durchbohrt, sodass er elend verblutet war. Quentin konnte nicht behaupten, dass ihm die selbstherrliche Art des Anwalts gefallen hatte, aber ein Ende wie dieses hatte auch er nicht verdient.
    »Entsetzlich«, murmelte Mary leise.
    »In der Tat«, pflichtete Sir Walter bei, der sich gebückt hatte, um den Toten zu durchsuchen. »Die Allianz mit McCauley war wohl tatsächlich sehr brüchiger Natur. Offenbar hat er sich diesmal mit dem Falschen eingelassen.«
    Im Halbdunkel glaubte Quentin zu sehen, wie sein Onkel etwas aus der Tasche von Chamberlains Mantel zog, aber schon einen Lidschlag später spielte es keine Rolle mehr. Urplötzlich hörte er Geräusche hinter sich, Schritte und ein leises Klirren. Alarmiert fuhr er herum – um sich einer ganzen Meute maskierter und in schwarze Kapuzenumhänge gekleideter Gestalten gegenüberzusehen.
    Ein gellender Schrei entfuhr Mary, und auch Quentin stieß eine laute

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