Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
Vom Netzwerk:
drückte er die Klinke herunter und öffnete langsam die Tür. Es bot sich ihm ein vollkommen unspektakulärer Anblick. Die Schreibstube mit Tisch, einem Hocker und einigen Bücher- und Kartenregalen an den Wänden wirkte aufgeräumt, es ließ sich keine Spur von Verwüstung entdecken. Rechter Hand gab es einen Durchgang zu einem weiteren Raum, der halb durch einen Vorhang verdeckt war.
    »Hallo, Arton?«, rief Rai verhalten. »Bist du hier drin? Ich bin es – Rai!«
    »Was willst du?« Die Stimme des Kriegers drang dumpf aus dem abgetrennten Nebenraum.
    »Kann ich reinkommen?«, erkundigte sich der Tileter behutsam.
    »Tu, was du willst«, ertönte die barsche Antwort hinter dem Vorhang.
    Rai schloss die Tür hinter sich und ging zu dem Durchgang hinüber. Er schob den kratzigen Wollvorhang ein wenig mehr zur Seite, damit er in den dahinter liegenden Raum spähen konnte. Es handelte sich dabei um eine nicht eben große Schlafkammer, deren einzige Einrichtungsgegenstände eine große Holztruhe und eine am Boden liegende Matratze darstellten. Auf Letzterer hockte Arton mit angewinkelten Beinen, den Rücken gegen die Wand gelehnt, die Ellbogen auf die Knie gestützt und das Gesicht in den Händen verborgen. Das schwarze Schwert lag zu seinen Füßen. Der sonst so hart wirkende Krieger bot ein derart bedauerliches Bild der Verzweiflung, dass es Rai zunächst die Sprache verschlug. Erst als Arton aufblickte und den jungen Tileter herausfordernd mit seinem einzelnen Auge fixierte, rang sich dieser zu ein paar gestammelten Worten durch:
    »Ähh, ich wollte nicht stören, aber …« Er suchte angestrengt nach einer überzeugenden Begründung für sein Kommen, da er es im Moment nicht für klug hielt, Arton den wahren Anlass zu nennen. »Die Xeliten …«, stieß Rai hastig hervor, »… wir haben ein Abkommen mit ihnen geschlossen. Das wollte ich dir erzählen. Sie werden das Erz in der Mine abbauen und mit uns gegen Nahrung und Ausrüstung tauschen.«
    Arton verzog die Mundwinkel zu einem Lächeln, das eher an die gefletschten Zähne eines Raubtiers erinnerte. »Lass die Ausflüchte, Rai. Haben sie dich vorgeschickt, weil sich sonst keiner getraut hat, nach dem Verrückten zu sehen?«
    »Ich … na ja, um ehrlich zu sein«, Rai räusperte sich, weil ihm die Stimme zu versagen drohte, »also eigentlich hat mich niemand geschickt. Die anderen haben vorgeschlagen, dich in Ruhe zu lassen.«
    »Und warum tust du es nicht?«, fragte der Krieger kalt. »Hat die Neugier wieder über deine Vernunft gesiegt?«
    Diese Äußerung traf den jungen Tileter hart, denn damit unterstellte Arton, dass Rai eigennützige Motive hierher geführt hatten. »Nein«, antwortete er daher gekränkt, »aber ich habe gehört, dass ein Freund von mir die ganze Nacht damit verbracht hat, die Übungsräume auseinander zunehmen, und seither sein Quartier nicht mehr verlassen hat. Und du magst es glauben oder nicht, ich will nur wissen, was ihn zu diesem eigenartigen Verhalten getrieben hat und ob ich helfen kann.«
    »Ein Freund?«, wiederholte Arton spöttisch, jedoch nicht mehr ganz so feindselig. »Wenn du damit mich meinst, dann überlege es dir noch einmal. Jemanden wie mich sollte man nicht zum Freund haben.«
    »Auf dieser kleinen Insel gibt es aber nicht so viel Auswahl«, gab Rai mit dem gleichen Maß an Ironie zurück, »man muss nehmen, was man kriegt.«
    Diesmal stahl sich ein echtes Lächeln auf das entstellte Gesicht des Kriegers, doch es verschwand ebenso schnell wieder hinter seiner üblichen Maske der Verschlossenheit. »Ich weiß es zu schätzen, Rai, was du hier versuchst, aber sei versichert, dass mir mit einem einfachen Gespräch in diesem Fall nicht geholfen ist. Es gibt nun mal Dinge, die lassen sich durch nichts aus der Welt schaffen. Mein Schicksal wurde mir so tief ins Leben gemeißelt, dass ich dem unmöglich entrinnen kann.«
    »Du redest wie mein Großvater«, bemerkt Rai.
    Arton sah ihn indes nur stumm an und für einen Moment glaubte Rai, sogar leichte Belustigung in der dunklen Tiefe seines Auges zu erkennen.
    »Ich wollte sagen«, beeilte sich der Tileter zu erklären, »mein Großvater hat auch immer so düstere Lebensweisheiten von sich gegeben, dass keiner seinem Schicksal entfliehen kann und dass jeder sein Bündel zu tragen hat und solche Sachen. Deine Worte haben mich irgendwie daran erinnert.«
    »Was hatte denn dein Großvater für ein schlimmes Schicksal zu tragen?«, erkundigte sich Arton ohne erkennbare

Weitere Kostenlose Bücher