Das Vermächtnis der Schwerter
Ecorimkämpfer geheftet. »Was sollen wir denn jetzt tun?«, erkundigte sich Eringar kleinlaut.
»Wir haben immer noch ein paar Stunden, um uns vorzubereiten«, erwiderte Meatril, bemüht, zuversichtlich zu klingen. »Wir werden uns aufteilen. Targ, Deran, euch brauche ich am Strand. Ihr werdet mir helfen, mit den Gardisten die Standlanzen zu positionieren, sobald das Wasser zurückgeht. Daia, Tarana und Eringar werden in der Festung die Führung der Bogenschützen übernehmen. Lasst ausreichend Pfeile auf den Wehrgängen bereitlegen und sorgt dafür, dass Ersatz in Reichweite ist, wenn Bogen brechen oder eine Sehne reißt. Und ein paar Schießübungen würden vielleicht auch nicht schaden.«
»Soll das heißen, du willst uns auch während der Schlacht in der Festung haben?«, empörte sich Tarana. »Das schlag dir besser aus dem Kopf. Am Strand wird die Schlacht entschieden und im Schwertkampf vermag ich mich mit jedem von euch zu messen. Ihr braucht mich da unten.«
»Auch ich werde mich nicht wie ein kleines Kind in der Burg verstecken«, pflichtete ihr Eringar wutentbrannt bei.
»Kann ich dich mal einen Moment unter vier Augen sprechen, Tarana?« Meatril nahm die Istanoit am Arm und führte sie ein paar Schritte von den anderen fort. »Du bist von uns allen wahrscheinlich die Beste mit dem Schwert«, flüsterte er ihr zu. »Dennoch will ich, dass du in der Burg bleibst.«
Tarana kniff die Augen zusammen. »Nur weil ich ein Kind erwarte, brauchst du nicht …«
»Das ist es nicht allein«, fiel ihr Meatril ins Wort. »Ich habe Eringar zwar ermahnt, seine Schwarzmalerei in Gegenwart der Soldaten zu unterlassen, aber im Grund schätze ich die Lage ähnlich ein wie er. Am Strand wird es, wenn überhaupt, nur wenige Überlebende geben. Die einzig halbwegs gute Aussicht, mit dem Leben davonzukommen, besteht innerhalb der Palisaden. Aber auch hier wird es mit Sicherheit kein Zuckerschlecken. Deshalb möchte ich jemanden an Daias Seite haben, der sie zu verteidigen weiß, wenn es hart auf hart kommt. Und Eringar ist so etwas wie unser kleiner Bruder, unser Jüngster. Auch ihn will ich in größtmöglicher Sicherheit wissen, was in unserer Situation leider nicht viel heißt. Daher bitte ich dich, in der Burg zu bleiben.«
Überrascht von der Eindringlichkeit seiner Worte, brachte Tarana zunächst keine Erwiderung zustande. Bislang hatte sie dem ältesten der Ecorimkämpfer wegen seines Hangs zur Wichtigtuerei keine großen Sympathien entgegengebracht. Mit seiner schlichten Bitte offenbarte ihr Meatril nun aber nicht nur seine selbstlose Liebe zu Daia, sondern auch welch einer erdrückenden Verantwortung er sich stellen musste. Es hatte nur dieser wenigen Sätze bedurft, um Taranas Bild von Ardens treuestem Gefolgsmann grundlegend und nachhaltig zu wandeln. Das erste Mal empfand sie Meatril gegenüber eine tiefe, freundschaftliche Zuneigung, gepaart mit respektvoller Bewunderung. Er hatte die Führung nicht aufgrund eines Befehls oder gar aus persönlichem Ehrgeiz übernommen, sondern weil Meatril zu der Einsicht gelangt war, dass nur er diese Bürde zu tragen vermochte. Denn im Gegensatz zu Arden war er sich der Verantwortung bewusst, die der Befehlsgewalt über Hunderte von Menschen anhaftete. Ihr aller Leben lag in seinen Händen.
Tarana strich Meatril sanft über die Wange und nickte. Sie ging schweigsam wieder zu den anderen hinüber.
»Und, hast du ihn überzeugen können, dass wir auch unten am Strand mitkämpfen wollen?«, verlangte Eringar zu erfahren.
»Nein, Meatril hat recht«, gab die Istanoit zurück. Sie schenkte ihm ein mildes Lächeln. »Wir drei bleiben hier, es ist besser so.«
Eringar öffnete den Mund, um ihr einen hitzigen Widerspruch entgegenzuschleudern, dann besann er sich eines Besseren und stampfte stattdessen zornig von dannen. Seine Wut ließ er an einem kleinen Stein aus, den er über den Festungsplatz kickte.
Daia hob fragend ihre Augenbrauen. »Was hat Meatril zu dir gesagt?«
»Nur, dass wir hier in der Burg eine wichtige Aufgabe zu erfüllen haben.« Tarana ergriff Daias Arm und sah ihr beschwörend in die Augen. »Versprich mir, Daia, dass du nie wieder einen Gedanken an Arden verschwendest. Meatril ist ein großartiger Mann und er verdient deine Treue.«
Bestürzt senkte Daia ihren Blick. »Das weiß ich doch.«
»Dann verhalte dich auch so und rede nicht von Arden, als wäre er der Mann deiner Träume«, ermahnte sie Tarana. »So hat sich das nämlich vorhin
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