Das Vermächtnis der Schwerter
vergoren, bis daraus dieses schmackhafte Getränk entsteht.«
»Und was sind Grupper?«, erkundigte sich Eringar gespannt.
»Das sind Heuschrecken, die jedes Jahr im Sommer in großen Schwärmen bei uns einfallen«, erklärte Shyrali fröhlich. »Ihr könnt euch noch einen Krug bestellen, ich werde mindestens eine halbe Stunde weg sein.« Sie ignorierte die gequälten Gesichter der Ecorimkämpfer, die sichtliche Mühe hatten, das eben ihre Kehlen hinabgeflossene Heuschreckengebräu bei sich zu behalten, und deutete stattdessen ungerührt auf eine kleine unauffällige Tür gleich neben ihrem Tisch. »Falls doch eine Patrouille hier auftaucht, dann könnt ihr, ohne entdeckt zu werden, dort drüben durch die Hintertür verschwinden und zurückkehren, sobald die Luft wieder rein ist.« Sie wandte sich zum Gehen. »Bis später!«
Als Shyrali ihre Schützlinge, wie sie die vier Schwertfechter gerne insgeheim nannte, hinter sich gelassen hatte, begannen sich ihre Gedanken augenblicklich um das nächste zu bewältigende Problem zu drehen. Denn sie hatte nur den ersten Teil ihres recht spontanen Rettungsplans für die Ecorimkämpfer gemeistert, jetzt musste sie noch zusehen, wie sie Joshua Tabuk davon überzeugen konnte, mitzuspielen. Natürlich war sie ihm schon in ihrer Verkleidung als Bajulatin gegenübergetreten, hatte ihn in Abaks Auftrag ein wenig ausgehorcht und ihn dazu gebracht, ihre Dienste auch Megas zu empfehlen. Allerdings ahnte Kapitän Tabuk rein gar nichts von ihrem Plan, sein Schiff als Versteck für die von seinem Herrn gesuchten Ecorimkämpfer zu benutzen. Shyrali musste auf die Informationen vertrauen, die ihr Abak über Josh Tabuk gegeben hatte und die sie selbst während der kurzen Zeit in seiner Gesellschaft hatte sammeln können. Alles deutete darauf hin, dass der Kapitän seinem Befehlshaber Megas Arud’Adakin ganz und gar nicht wohlgesinnt war, allerdings machte ihn das noch nicht zwangsläufig zum Verräter. Es würde Shyralis ganze Überzeugungskraft erfordern, damit sich die Dinge so entwickelten, wie es für sie und damit letztlich für Abak und Jorig Techel von Vorteil war. Doch Shyrali lächelte zuversichtlich. Nicht umsonst hatte der Berater des entmachteten Königs von Citheon seine beste Agentin nach Tilet geschickt.
AUSGESPIELT
E s dauerte über eine Stunde, bis Shyrali endlich zurückkehrte. Sie war bester Laune und wie versprochen hatte sie einen Händlerkarren organisiert, der von einem Ochsen gezogen wurde und auf dessen Ladefläche vier Fässer in verschiedenen Größen standen. Allerdings erwies es sich als ein hartes Stück Überzeugungsarbeit, bis die ganz und gar nicht begeisterten Ecorimkämpfer einsahen, dass ihr Transport in diesen beengten Behältnissen die einzige Möglichkeit darstellte, nicht nur ungesehen bis zu Tabuks Schiff, sondern auch als Teil der Ladung an Bord zu gelangen. Obwohl für Deran natürlich das größte Fass vorgesehen war, stellte gerade bei ihm das Hineinzwängen höchste Anforderung an die Biegsamkeit seiner Gliedmaßen. Schließlich musste Shyrali sogar noch nach Leibeskräften von oben drücken, bis sich der Deckel des großen Weinfasses endlich über Derans Kopf schließen ließ.
Nachdem diese beschwerliche Aufgabe gemeistert war, nahm Shyrali den Ochsen am Halfter und fuhr den Karren aus dem kleinen Hinterhof, in dem sich das Verladen der Ecorimkämpfer einigermaßen unauffällig hatte bewerkstelligen lassen. Danach schlug sie den direkten Weg zum Hafen ein, um möglichst schnell mit ihrer wertvollen Fracht zu Kapitän Tabuks Schiff zu gelangen. Sie war hochzufrieden mit sich. Alles fügte sich so zusammen, als wäre es lange im Voraus geplant gewesen. In Wirklichkeit aber hatte Shyrali meistens einfach nur improvisiert, denn die Ereignisse hatten sich so überstürzt, dass diesmal spontane Entscheidungen und rasches Handel die von Abak stets gepredigte sorgfältige Vorbereitung hatten ersetzen müssen. Umso stolzer durfte sie auf das Erreichte sein. Nicht nur, dass sie die Ecorimkämpfer vor Megas’ Soldaten bewahrt hatte, es war ihr auch gelungen, Joshua Tabuk durch eine rührselige Geschichte in kürzester Zeit dazu zu bewegen, diese vier erbitterten Feinde des Inselherrn von Ho’Neb auf seinem Schiff zu verbergen. Shyrali hatte dem Kapitän erzählt, sie habe sich bei den gestrigen Feierlichkeiten im Palast, wo sie als Bajulatin für die körperliche Entspannung der Gäste sorgen sollte, unsterblich in einen der Ecorimkämpfer
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