Das Vermächtnis der Schwerter
sich zwar mit Megas verbündet, um Techel zu vertreiben und selbst die Macht zu ergreifen, aber nun, nachdem ihr gemeinsamer Feind geschlagen ist, gilt Megas als ihr gefährlichster Konkurrent um die Vorherrschaft in Citheon. Nur die Anwesenheit von Ardens Armee und einiger weiterer Heerscharen, die die Kirche mittlerweile aus dem ganzen Land in der Nähe von Tilet zusammengezogen hat, dürfte verhindern, dass Megas sich nach der Eroberung des Hafens auch die ganze Stadt unter den Nagel reißt. Offiziell sind die anstehenden Feierlichkeiten anlässlich der Krönungszeremonie der Grund für den verstärkten Truppenaufmarsch und nach außen wird natürlich zwischen Megas und der Kirche Einvernehmen demonstriert. Aber letztlich bleibt Megas für die Priesterschaft ein Ungläubiger, mit dem nur deshalb noch ein Bündnis besteht, weil er als Gegner eine noch größere Bedrohung darstellen würde.« Sie schenkte Targ einen eindringlichen Blick, dem dieser nicht lange standzuhalten vermochte. Shyrali wusste, dass sie mit ihrem detaillierten Wissen schon längst den Respekt dieser Männer erworben hatte. Trotzdem gefiel es ihr, wenn auch ihre weiblichen Reize die beabsichtigte Wirkung nicht verfehlten, wie es sich gerade bei Targ hatte beobachten lassen.
»Der zweite Grund, warum ich Megas am Leben ließ«, erklärte sie weiter, »war, dass er sich im Moment auf dem Höhepunkt seiner Macht befindet. Wenn er jetzt sterben würde, dann in dem Bewusstsein, beinahe alles, was er sich jemals wünschte, erreicht zu haben. Aber diese Genugtuung will ihm mein Auftraggeber nicht gewähren. Er will ihn zerstören, jeden einzelnen seiner Erfolge zunichtemachen, sodass ihm am Ende nichts mehr bleibt außer seinem kläglichen Leben. Erst dann soll ihm auch das noch genommen werden, so lautet der Wunsch meines Auftraggebers. Und nebenbei gesagt, wäre Megas’ Tod auch für euch zu diesem Zeitpunkt kaum hilfreich gewesen, außer vielleicht, um eure Rachegelüste für einen kurzen Moment zu stillen. Denn Malun hätte mit Sicherheit andere Mittel und Wege für eure Beseitigung gefunden – auch ohne Megas.«
Es legte sich ein nachdenkliches Schweigen über den Tisch, das erst nach einer Weile von Meatril beendet wurde.
»Also, es lässt sich wohl nicht leugnen, dass wir uns in einer ziemlich misslichen Lage befinden«, stellte er in sachlichem Tonfall fest. »Aber du hast vorhin von zwei Optionen gesprochen, die uns zur Verfügung stehen. Die erste Möglichkeit, dass wir uns zum Tor durchschlagen, scheint ja wohl ziemlich aussichtslos zu sein, aber was wäre denn deiner Meinung nach die zweite?«
Shyrali zauberte ein gewinnendes Lächeln auf ihr Gesicht. »Eure zweite Möglichkeit besteht darin, mir euer ganzes Vertrauen zu schenken.«
»Das gefällt mir nicht, wie du dir wohl denken kannst«, erwiderte Meatril unumwunden. »Immerhin hast du mich schon zweimal bezüglich deiner wahren Identität belogen und wer kann schon wissen, ob diese Geschichte mit Joshua Tabuk der Wahrheit entspricht. Ich habe da, offen gesagt, erhebliche Zweifel.«
Dieser Meatril schien nicht nur gut aussehend, sondern auch ziemlich scharfsinnig zu sein, stellte Shyrali insgeheim fest. Sie musste sich eingestehen, dass er ihr mit jedem Moment besser gefiel, und das beunruhigte sie ein wenig. Es galt, sich nun ganz auf ihren Auftrag zu besinnen, alles Weitere würde sie auf einen späteren Zeitpunkt verschieben müssen. Schließlich spielte sie ein gefährliches Spiel, bei dem sie sich leicht die Finger verbrennen konnte. Wenn sie von Megas’ Truppen dabei ertappt werden würde, wie sie den Ecorimkämpfern zur Flucht verhalf, wäre auch Shyralis eigenes Leben kein Kupferstück mehr wert. Um ihre Aufgabe jedoch noch komplizierter zu machen, durften weder ihre vier Schützlinge noch ihr vorgeblicher Auftraggeber Joshua Tabuk erfahren, dass sie in Wirklichkeit für Abak Belchaim, den Berater des früheren Königs Jorig Techel, arbeitete. Schließlich wusste Shyrali sehr genau, dass es Abak war, der die Folter an Josh Tabuk und den Überfall auf die Kriegerschule Ecorim zu verantworten hatte. Und es gab Grund zu der Befürchtung, dass die Männer, welche sie hier so gewagt für ihre Zwecke einzuspannen versuchte, diese Zusammenhänge ebenfalls kannten. Deshalb durfte zumindest vorerst keiner von ihnen die Wahrheit über Shyralis wahren Herrn erfahren.
»Aber bislang waren meine kleinen Schwindeleien doch noch nie zu Eurem Nachteil, Meatril«, säuselte Shyrali
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