Das Vermächtnis der Schwerter
bereits alles veranlasst.«
»Gut«, sagte Megas und nickte zufrieden. »Die Flotte steht bereit?«
»Sie ankert nur zwei Seemeilen ostwärts von hier«, erwiderte der Kapitän mit seiner undurchschaubar samtigen Stimme.
»Und du bist dir sicher, dass sie jeden deiner Befehle ausführen werden, egal was du von ihnen verlangst?« Megas blickte seinem Flottenkommandeur forschend ins narbenversehrte Gesicht.
»Natürlich, mein Prinz«, antwortete dieser ohne Zögern. »Jeder meiner Flottenkapitäne ist mir treu ergeben, sie sind alle absolut zuverlässig.« Josh versuchte ein Lächeln. »Darf ich fragen, was Ihr vorhabt, Prinz Megas? Es wäre hilfreich, auf die kommenden Ereignisse vorbereitet zu sein.«
Megas runzelte missbilligend die Stirn. »Ich habe gar nichts vor. Das sind alles reine Vorsichtsmaßnahmen für den Fall, dass mein geliebter Vater sich dafür entscheidet, mich, seinen geschätzten Sohn, der so unerwartet aus der Verbannung zurückgekehrt ist, auf die eine oder andere Weise wieder loszuwerden. Es wäre möglich, dass wir aus der Stadt fliehen müssen und vielleicht sogar verfolgt werden. Für diesen Fall benötige ich ein schnelles Schiff, besetzt mit treuen Verbündeten im Hafen, und einen kampfstarken Flottenverband nahebei, der sich im Notfall um die Verfolger kümmern kann. Mehr gibt es nicht zu wissen.«
»Ja, mein Prinz«, sagte Josh mit unbewegter Miene.
Der Prinz von Ho’Neb musterte seinen Kommandeur misstrauisch von der Seite. Natürlich hatte Megas einen Plan. Nicht umsonst war er die letzten dreißig Tage seit dem unrühmlichen Ende seiner Kundschaftertätigkeit in Seewaith mit kaum etwas anderem beschäftigt gewesen als der Vorbereitung seiner Rückkehr in die Heimat. Dabei spielte Joshua Tabuk, der Flottenkommandeur von Ho’Neb, eine entscheidende Rolle, ohne dass ihn Megas jedoch ins Vertrauen gezogen hätte. Nur wer Kapitän Tabuk zu kontrollieren wusste, konnte sich der Flotte als wichtigstes Machtinstrument des Landes bedienen. Und Megas verstand es, den Kommandeur gefügig zu halten.
»Vielleicht sollte ich auf dem Weg zum Palast mal kurz bei Eurem Anwesen haltmachen«, bemerkte Megas betont beiläufig. »Ich würde mich freuen, Eure Tochter wieder in die Arme schließen zu können. Wie alt ist sie jetzt? Siebzehn? Sie muss mittlerweile eine wahre Schönheit sein, wo sie doch schon früher eine äußerst reizvolle Erscheinung besaß. Ihr seid sicher sehr stolz auf sie.«
Joshs Gesicht blieb eisern, aber in seiner Stimme schwang dennoch eine gewisse Anspannung mit, als er antwortete: »Ja, ich bin sehr stolz auf Ferim, mein Prinz. Sie ist das liebenswerteste Geschöpf, das ich kenne. Sie sieht in allem etwas Gutes.«
Megas lächelte boshaft in sich hinein. Josh hatte die versteckte Drohung verstanden, so viel war gewiss. Seine Antwort zeigte, wie hilflos sich der Kapitän immer noch fühlte, angesichts der für ihn so misslichen Wahl seiner Tochter, was den Mann ihres Herzens – nämlich Megas – betraf. Ferim, dieses naive Dummchen, hatte anscheinend bis heute nicht begriffen, dass sie ihm nur als Druckmittel gegen ihren Vater diente, und Josh Tabuk liebte sein Kind zu sehr, als dass er es übers Herz gebracht hätte, ihr die Wahrheit zu sagen. Für Megas bedeutete diese einseitige Liebschaft nicht weniger als die uneingeschränkte Kontrolle über die Flotte und deshalb pflegte er sie, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot. Da die junge Tabuk aufgrund ihrer liebreizenden Gestalt und hingebungsvollen Zuneigung diese Aufgabe alles andere als unangenehm machte, fiel es Megas auch nicht schwer, den sehnsüchtigen Liebenden zu spielen. Jedwede Skrupel wegen seiner Unaufrichtigkeit oder gar moralische Bedenken, weil er Joshs Tochter sozusagen als Geisel missbrauchte, waren Megas fremd. Nur die Starken erreichten ihr Ziel, und wenn der steile Weg zum Gipfel nur auf dem Rücken der Schwachen zu erklimmen war, dann sollte das eben so sein – das war sein Grundsatz.
Plötzlich galoppierten fünf Reiter in Gardeuniformen heran, die ein weiteres Pferd mit aufwendig gearbeitetem Sattel am Zügel führten.
»Prinz Megas!«, rief der vorderste Reiter, nachdem er gekonnt vom Pferd gesprungen und vor dem Sohn des Inselherrn auf sein Knie niedergesunken war. »Euer Vater erwartet Euch zur Audienz in seinem Palast.«
»Das ging ja schnell«, erwiderte Megas mit gespielter Freude. »Es scheint, als wäre ich wieder im Hause meines Vaters willkommen.« Er stieg auf das mitgebrachte
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