Das Vermächtnis der Schwerter
zeichnete sich ein tiefer Schmerz ab, wie man ihn bei einem eher grobschlächtig wirkenden Menschen wie Deran nicht vermutet hätte. »Aber irgendwann müssen wir Vater ohnehin gegenübertreten, denn besser er erfährt es aus unserem Mund als durch einen Brief oder einen Boten.« Er nickte schwermütig. »Wohlan, gehen wir heim.«
Betroffenes Schweigen erfüllte für einen Moment den Raum, bis schließlich Tarana in deutlich sanfterem Ton als zuvor einen weiteren Vorschlag unterbreitete: »Ich bin zwar noch immer nicht begeistert von diesen ganzen Kriegsplänen, aber da es so aussieht, als ließen sich Kämpfe gar nicht mehr vermeiden, will auch ich meinen Beitrag leisten. König Techel muss auf dem Landweg durch die Istaebene ziehen und dort könnte sein Heer von den Istanoit zumindest ausgekundschaftet werden. Ich kann zwar nichts versprechen, aber vielleicht ist es mir möglich, die Stämme der Istanoit als Späher oder sogar für eine noch tatkräftigere Unterstützung zu gewinnen. Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, dass Techel uns plötzlich auch für tributpflichtig erklärt, wenn er schon mal hier ist. Das hat er nämlich schon früher versucht. Nur konnte er seine Forderungen bisher niemals durchsetzen, weil der Aufwand, ein ganzes Heer zu entsenden, um uns in der weiten Ebene aufzuspüren und Zahlungen zu erzwingen, sich nicht gelohnt hätte. Das könnte sich aber rasch ändern, wenn seine Armee sozusagen gleich nebenan in Fendland lagert. Auch ich werde daher in die Heimat zurückkehren«, sie schluckte schwer, »zudem habe auch ich eine ähnlich unerfreuliche Nachricht zu überbringen wie Targ und Deran.«
Beide Soldarin nickten verständnisvoll, während Daia neben ihre Freundin trat und ihr sanft die Hand auf die Schulter legte. »Du solltest nicht allein gehen, Tarana«, sagte Daia schüchtern. »Lass mich dich begleiten.«
Tarana sah überrascht auf, doch es war Meatril, der als Erster einen Einwand vorbrachte: »Wir sind dir alle dankbar für dieses selbstlose Angebot, Tarana, aber es wird doch sicherlich nicht notwendig sein, dass Daia dich begleitet.« Er tauschte einen flüchtigen Blick mit seiner Verlobten. »Ich meine, du bist doch eher die Stadt gewöhnt, Daia, und es kann ziemlich beschwerlich werden, den ganzen Tag im Sattel durch die Steppe zu reiten.«
Ein zorniges Rot erschien nach dieser Bemerkung auf Daias Wangen. »Willst du damit sagen, dass ich Tarana eher eine Last als eine Hilfe wäre auf ihrer Reise?«
Meatril, dem die Situation sichtlich unangenehm war, machte eine beschwichtigende Geste. »Das müssen wir ja nicht hier besprechen, Daia. Lass uns das später klären.«
»Wieso?«, fragte sie giftig. »Du hast doch schon allen zu verstehen gegeben, dass du mich für unfähig und nutzlos hältst. Nun können sie auch noch den Rest hören.«
Es kam nicht häufig vor, dass Meatril keinen Rat mehr wusste, aber nun war es so weit. Hilflos zuckte er die Schultern. »Das habe ich doch gar nicht gemeint«, murmelte er, wobei seinen Worten die übliche Überzeugungskraft fehlte.
In diesem Moment erhob sich Tarana ein wenig schwankend. »Wenn ich euch kurz unterbrechen darf«, sie schluckte und sprach dann eilig weiter. »Daia, ich glaube, du wärst eine gute Begleiterin, also kannst du gerne mit mir reiten. Meatril macht sich nur Sorgen um dich, sei ihm nicht böse deswegen.« Tarana hielt sich die Hand vor den Mund. »Entschuldigt mich jetzt bitte.« Sie hastete zur Tür und verschwand aus dem Versammlungsraum.
Die Zurückgebliebenen sahen ihr verwundert nach.
»Ich denke, ich weiß jetzt, was sie hat«, ließ sich Arden vernehmen. »Sie ist in anderen Umständen, richtig? Sie erwartet ein Kind. Aber von wem?« Er wandte sich an Daia. »Ihr scheint doch neuerdings viel Umgang miteinander zu haben, seid sogar richtige Freundinnen geworden. Wenn ihr unter euch seid, dann gibt es bestimmt keine Geheimnisse und jeder Fehltritt wird gebeichtet.« Arden lächelte bedeutungsvoll.
Daia errötete von Neuem, diesmal allerdings nicht aus Wut, sondern wegen Ardens Anspielung auf ihre gemeinsame Nacht, in der sie ihren Verlobten Meatril mit dem betörenden Erenor betrogen hatte. Sie forschte ängstlich in Meatrils Gesicht nach einer entsprechenden Reaktion, doch glücklicherweise schien dieser den zweideutigen Hinweis nicht verstanden zu haben. Daia blinzelte ein paar Mal und begann, an einer Locke ihres langen blonden Haars herumzunesteln, wie sie es häufig tat, wenn sie unsicher
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