Das Vermächtnis der Schwerter
zur Seite legte. »Ich wollte sie nur ein wenig necken, es sollte kein Vorwurf sein. Man muss ja auch nicht jedes meiner Worte gleich auf die Goldwaage legen. Trotzdem bleibe ich dabei, dass ich gerne alle Ecorimkämpfer bei unserem Zug durch Fendland dabeigehabt hätte – Tarana gehört schließlich auch dazu. Ich fand es schade, dass sie lieber in Seewaith bleiben wollte, das spricht nicht gerade für unseren Zusammenhalt und unsere Einigkeit, die ich dem Volk demonstrieren wollte. Natürlich hast du, Tarana, wie wir alle, schlimme Verluste erlitten, aber genau deshalb ist es doch umso wichtiger, gemeinsam auf das gleiche Ziel hinzuarbeiten, nämlich Rache an Jorig Techel zu nehmen. Heute beglückst du uns zwar einmal mit deiner Anwesenheit, aber ich habe bislang nur gehört, welche unserer Pläne deiner Meinung nach aussichtslos sind. Wäre es jetzt nicht an der Zeit, uns zu verraten, Tarana, wie denn dein glorreicher Plan aussieht?«
Die Istanoit sprang erbost von ihrem Stuhl auf, woraufhin ihr Gesicht augenblicklich alle Farbe verlor und sie Halt suchend nach der Lehne tastete. Daia trat eilig heran und wollte ihre Freundin stützen, doch diese wehrte die gebotene Hand ab wie ein lästiges Insekt.
»Was ist los, bist du krank?«, erkundigte sich Arden.
»Ich bin nicht krank!«, grollte Tarana und setzte sich behutsam wieder hin. »Du willst wissen, wie mein Plan aussieht?«, wiederholte sie zähneknirschend. »Ich habe keinen! Ich habe auch nie behauptet, einen zu haben, und ich brauche auch keinen, denn ich will keine Rache. Besonders dann nicht, wenn dabei noch mehr Menschen sterben müssen. Das ist doch alles vollkommen verrückt! Was glaubst du denn, wird Jorig Techel machen, wenn er hört, dass sich in Seewaith jemand zum Gegenkönig erklärt hat, weil er angeblich ein Sohn Ecorims ist?«
»Wenn er klug ist, dann dankt er ab und verschwindet zurück auf seine Insel«, erwiderte Arden mit einem breiten Grinsen, was ihm ein paar beifällige Lacher von Targ, Deran und Meatril einbrachte.
Tarana stieß ein verächtliches Zischen aus. »Solltest du das Glück oder vielmehr das Pech haben, dass dich König Jorig tatsächlich ernst nimmt, dann wird er sein Heer entsenden, um diesem ärgerlichen Aufstand in der kleinsten Provinz des Reiches so schnell wie möglich Einhalt zu gebieten. Und er braucht seine Truppen nicht erst zu rekrutieren wie ihr, er muss keine Steuern einführen, um die Soldaten bezahlen zu können, und das Volk von Citheon ist nicht kurz vor dem Verhungern. Sein Heer steht, ist kampferprobt, bestens ausgerüstet und wird von einem ganzen Tross an Versorgungswagen begleitet. Spätestens nachdem von euch die Garnison in Nordhafen gestürmt wurde, wird er von eurem leichtsinnigen Aufstand erfahren haben. Also können wir getrost davon ausgehen, dass er in spätestens zwei Monaten hier sein wird. Versteht ihr? Es ist vollkommen lächerlich, Pläne zu schmieden, wie ihr Tilet einnehmen könnt. Macht euch lieber darüber Gedanken, wie ihr Seewaith verteidigen wollt, wenn König Jorig mit zehntausend Soldaten ans Stadttor klopft.«
Meatril war der Erste, der nach dieser verstörenden Rede der Istanoit wieder das Wort ergriff: »Ich würde dem gerne widersprechen, Arden, aber ich fürchte, Taranas Sorge ist durchaus berechtigt. Deshalb finde ich es gerade wichtig, dass wir zusehen, dass es dem Volk gut geht. Denn ansonsten kann es passieren, dass die Stimmung ganz schnell wieder zugunsten Jorig Techels kippt. Wir werden aber die bedingungslose Gefolgstreue eines jeden Mannes und jeder Frau dringend brauchen, wenn es gilt, Techel zu schlagen.«
»Das ist doch wunderbar!«, mischte sich Targ ein. »Wenn Techel zu uns kommt, dann brauchen wir nicht zu ihm kommen. Er erspart uns damit einen Fußmarsch durch den halben Kontinent. Außerdem können wir ihn auf heimischem Boden bekämpfen, das ist ebenfalls ein Vorteil. Denkt nur an den großen Sieg von Melessen Leonmar, der die vereinigten Heere Skardoskoins bei Melessens Finger zurückschlug. Genau dort werden auch wir triumphieren. Nicht die Größe eines Heeres ist entscheidend, sondern seine Entschlossenheit. Und vielleicht ein wenig Taktik.«
»Gerade darin seid ihr ja alle so erfahren«, stichelte Tarana.
»Unser Vater hat größten Wert draufgelegt, dass wir sämtliche Manöver Melessens bei jeder einzelnen Schlacht schon im zarten Alter von sieben Jahren auswendig aufmalen konnten, stimmt’s Bruder?«, erwiderte Targ und blinzelte seinem
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