Das Vermächtnis der Schwerter
retten können. Natürlich hatte er dabei auch an Tarana denken müssen, bei der es ihm nicht gelungen war, sie vor dem Tod zu bewahren, aber umso mehr erschien ihm die geglückte Rettung des entführten Rai wie eine Wendung seines Geschicks zum Guten. Endlich war die verhängnisvolle Abfolge von Verlust und Zerstörung, die ihn seit dem Überfall auf die Kriegerschule heimgesucht hatte, durchbrochen. Zwar hatte er schon vorher mit der Eroberung des Wachturms und der Festung von Andobras einige Erfolge erzielen können, aber dabei war es ihm niemals um etwas gegangen, dem er persönlich große Bedeutung beigemessen hatte. Selbstverständlich genoss er den Triumph, den diese Siege mit sich brachten, doch zumindest bisher war dieses Hochgefühl nie von langer Dauer gewesen. Rai nun dank seiner Hilfe wohlauf und in Sicherheit zu wissen, hinterließ bei dem jungen Kämpfer eine anhaltende Zufriedenheit, wie er es in seinem Leben bisher nur selten erlebt hatte. Er begann, Gefallen an diesem Gefühl zu finden. Umso befremdlicher empfand er daher die feindselige Haltung Kawrins, der sich ihm bei jeder Gelegenheit zu widersetzen versuchte, selbst wenn sie beide das gleiche Ziel anstrebten. Arton war sich durchaus bewusst, dass er recht hart mit dem blonden Dolchwerfer umgesprungen war, als dieser ihm die Hintergründe des Assassinenangriffs in Seewaith hatte verschweigen wollen, aber seither bemühte sich Arton darum, Kawrin möglichst nicht mehr allzu grob anzugehen. Er hegte keinen wirklichen Groll gegen den ehemaligen Handlanger der Silbergilde, auch wenn diese Verbrecher die Verantwortung für den Tod Taranas und die Vernichtung seiner Schule trugen. Kawrin traf keine Schuld daran, schließlich hatte er zu dieser Zeit schon in der Mine von Andobras festgesessen.
Dennoch ließ sich schwerlich übersehen, dass der blonde Seewaither Artons Bemühungen um ein friedliches Nebeneinander nicht zu würdigen wusste. Selbst wenn sich Arton ihm zuliebe die Mühe machte, seine Entscheidungen zusätzlich noch mit einer ausführlichen Erklärung zu versehen, schien Kawrin dies nicht als Entgegenkommen, sondern vielmehr als Schulmeisterei zu empfinden. Wenn Arton es jedoch unterließ, einen seiner Entschlüsse zu erläutern, dann fühlte sich der streitlustige Blondschopf übergangen. Der Schwertmeister war es nicht gewohnt, in solcher Weise Rücksicht auf jemanden zu nehmen, denn er hatte schon früh die meisten wichtigen Entscheidungen alleine treffen müssen. Kawrin hingegen wollte sich weder Artons Argumenten noch seiner Autorität beugen. Eigentlich schätzte der Krieger solche Unbeugsamkeit als Zeichen eines festen Willens, denn auch er selbst ordnete sich nicht gerne unter. Aber im Gegensatz zu Kawrin war er in der Lage, zu erkennen, wenn jemand für eine bestimmte Aufgabe bessere Voraussetzungen mitbrachte als er selbst. So hatte er bei ihrem Befreiungsmanöver in der Mine ohne Widerspruch Kawrins Vorschlag zugestimmt, in der Feuerhöhle einen der Xeliten als Geisel zu nehmen, um damit Rais Freilassung zu erwirken. Obwohl dies nicht seinem üblicherweise recht direkten Vorgehen entsprach, war er in dieser Situation zu dem Schluss gekommen, dass eine eher heimliche Herangehensweise Erfolg versprechender war. Da Kawrin ganz offensichtlich mit seinen Dolchen umzugehen verstand und sich zudem auch leiser bewegen konnte als der stämmige Schwertfechter, hatte Alton ihm den entscheidenden Teil des Plans, das Anschleichen und Bedrohen eines der hinten stehenden Xeliten, überlassen. Der Krieger selbst hatte sich damit begnügt, Kawrin den Rücken zu decken. Aber auch dieser Vertrauensbeweis milderte anscheinend nicht die Abneigung, die der Dolchwerfer für Arton empfand.
Eigentlich bedauerte der junge Erenor das schlechte Verhältnis zu dem beinahe gleichaltrigen Kawrin ein wenig, denn er schätzte dessen Fähigkeiten und respektierte dessen Eigensinn. Wäre dieser schwelende Konflikt nicht gewesen, hätte man fast von einer gewissen Harmonie sprechen können, die sich zwischen ihm und den anderen zu entwickeln begann. Überhaupt fand Arton, dass er sich im Gegensatz zu früher anderen Menschen schon sehr viel mehr öffnete und sogar zuließ, dass gewisse Bindungen entstanden. In Rai hatte er beispielsweise schon fast einen Freund gewonnen, wenngleich sich diese Tatsache auch noch sehr ungewohnt anfühlte, denn er hatte noch nie zuvor einen wirklichen Freund besessen. Und der alte Barat trug sein Herz mit Sicherheit ebenfalls auf
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