Das Vermächtnis der Schwerter
gezaust hatte. »Und gleich wieder beschweren«, feixte Barat, »das ist Rai, wie ich ihn kenne.«
Rai versetzte seinem Freund einen scherzhaften Stoß. »Da habe ich mein Zusammentreffen mit den verrückten Fackelanbetern gerade noch überlebt und dann werde ich von dir bei der Rückkehr erdrosselt«, sagte er über beide Ohren grinsend, während er sich beeilte, aus dem schwankenden Transportkorb zu klettern.
»Du bist den Xeliten in die Hände gefallen?«, erkundigte sich Barat besorgt und folgte seinem jüngeren Gefährten zurück auf den soliden Fels. »Das musst du mir alles genau berichten. Und wo ist eigentlich Nessalion?«
Bei der Erwähnung seines Entführers schwand Rais Ausgelassenheit mit einem Mal und er erzählte Barat, was sich im Bergwerk zugetragen hatte. Neugierig näherten sich auch einige der Arbeiter, die Barat aus der Stadt zu Hilfe geholt hatte und die zum Heben der Fördergondel die Winde bedient hatten.
»Selira hat mir zum Abschied gesagt«, beendete Rai seinen Bericht, »dass sie und ihre Leute sich erst noch einig werden müssen, was ihr Gott von ihnen erwartet. Erst dann werden sie entscheiden, ob sie an die Oberfläche kommen oder nicht. Aber ich glaube, nach dem Tod ihres Anführers haben wir von den Xeliten nichts mehr zu befürchten.«
Barat zeigte sich tief beeindruckt von dem Gehörten und erst nach einer Weile bemerkte er nachdenklich: »Es könnte sich wahrlich als ein Segen erweisen, dass die Xeliten keine Gefahr mehr darstellen, denn früher oder später müssen wir im Bergwerk wieder Erz schürfen. Immerhin sind wir auf das Eisen angewiesen, wenn wir auf dieser Insel dauerhaft überleben wollen. Natürlich wäre es nicht schlecht, wenn noch ein paar ehemalige Mineninsassen mehr in die Stadt kämen, um dort das Kräftegleichgewicht zu unseren Gunsten zu verschieben. Aber ich denke, das Wichtigste ist, dass die Xeliten uns in Ruhe lassen, wenn wir wieder mit Rötelklopfen anfangen.«
»Trotzdem sollten wenigstens ein paar von uns hier bleiben«, entgegnete Rai, »falls die Xelosdiener sich doch dazu entschließen, das Bergwerk zu verlassen. Die meisten waren schon jahrelang nicht mehr an der Oberfläche und haben keine Ahnung, wie es von hier aus zur Stadt geht oder an wen sie sich hier oben wenden können. Der Vorstellung, jetzt noch bis zum Hafen zurückzulaufen, kann ich gerade ohnehin nicht viel abgewinnen, stattdessen würde ich lieber ein ausgiebiges Nickerchen in der wunderbar warmen Sonne machen. Deshalb schlage ich vor, dass ich und vielleicht noch einer von euch mit einem kleinen Trupp der Arbeitermiliz hier warten und die Xeliten, für den Fall, dass sie auftauchen, zur Stadt begleiten.«
Barat sah ein wenig unglücklich drein. »Eigentlich hatte ich gehofft, heute Nacht wieder in einem richtigen Bett zu schlafen und mir nicht irgendwo ein Plätzchen zwischen den Ruinen des Wachturms oder in einer verlassenen Schmiedehütte suchen zu müssen. Aber ich werde dich auf keinen Fall schon wieder allein lassen. Nicht, dass du gleich wieder in das nächste Schlamassel schlitterst. Also muss ich wohl mit dir hier ausharren.«
»Ich bleibe auch hier«, warf Kawrin hastig ein. Es war überdeutlich, dass er nicht mit Arton als einziger Begleitung zur Stadt zurückgehen wollte. Beinahe entschuldigend fügte er daher noch hinzu: »Ich bin ebenfalls ziemlich erschöpft.«
Wenn der junge Erenor etwas an Kawrins Verhalten auszusetzen hatte, so ließ er es sich mit keiner Miene anmerken.
»Dann werde ich alleine aufbrechen«, erklärte er gelassen. »Ich möchte in der Festung nach dem Rechten sehen. Zur Sicherheit kann der Arbeitertrupp bei euch bleiben, falls es doch noch irgendwelche Schwierigkeiten gibt.« Er nickte Rai noch einmal zu und machte sich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wieder auf den Rückweg zum Hafen.
GNADENLOSE WAHRHEIT
T atsächlich war Arton froh darüber, endlich wieder allein zu sein, denn es galt, über vieles nachzudenken. Obwohl auch er eine volle Nacht keinen Schlaf gefunden hatte und die Strapazen des Bergwerkaufenthalts auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen waren, fühlte er sich dennoch frisch und unbeschwert. Diese Beschwingtheit gründete ohne Frage vor allem in der erfolgreichen Befreiung Rais, was ihn mit großer Genugtuung erfüllte. Jedes Wort, das er dem kleinen Tileter bei ihrer Rast in einer der Höhlen mitgeteilt hatte, entsprach der Wahrheit und entstammte Artons tiefstem Inneren. Er war froh, dass er Rai hatte
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