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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Besuch hatte Hiltrud ihr erklärt, welche Krankheiten man mit welchen Pflanzen bei Tieren und bei Menschen heilen konnte. Auch wenn ihr der Apotheker in Rheinsobern viele Aussagen Hiltruds bestätigt und ihr ebenfalls so manches erklärt hatte, leistete sie ihrer Freundin nun über all die Meilen, die zwischen ihnen lagen, Abbitte, denn ohne jene Vorträge wäre es ihr kaum gelungen, Anastasia und ihrem Sohn zu helfen und das Vertrauen der Fürstin zu gewinnen.
    Deren Gedanken wanderten unterdessen in die Zukunft. »Du hast einmal gesagt, du würdest Kräuter kennen, die den Samen des Mannes im Leib seiner Frau rasch keimen lassen können. Kannst du sie für mich suchen?«
    »Ich sagte, eine Freundin von mir kannte ein Mittel, doch sie hat mir leider nicht alle Zutaten aufgezählt, aus denen sie es gebraut hat.« Marie ärgerte sich, dass sie Hiltruds Trank vor Anastasia erwähnt hatte, denn nun erwartete die Fürstin schiere Wunder von ihr.
    »Aber du kennst Kräuter, die dabei helfen können.«
    Marie spürte, dass Anastasia sich an diese Hoffnung klammerte wie an ihr Seelenheil. Also würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als Pflanzen zu suchen, die einer Schwangerschaft zuträglich sein sollten, und versprach gleichzeitig der heiligen Maria Magdalena für den Fall, dass Anastasia schwanger wurde, eine armdicke Kerze. Die würde sie, und das flocht sie in ihr Gebet ein, aber erst dann stiften können, wenn sie in die Heimat zurückgekehrtwar. Doch auf dieses unsichere Geschäft sich würde die Heilige wohl kaum einlassen.
    »Ich werde tun, was in meiner Macht steht, Herrin.« Marie seufzte und fragte sich, welche Forderung die Fürstin als Nächstes stellen würde. Sie musste nicht lange auf die Antwort warten.
    »Kannst du mir eine Salbe anmischen, die das Verlangen meines Gemahls nach mir so steigert, dass er die schwarze Kuh vergisst, die er nun Tag für Tag besteigt?«
    Es war für Marie schmerzlich, in einem solch verächtlichen Tonfall von Alika sprechen zu hören. Ihre dunkelhäutige Freundin konnte doch nichts dafür, dass Fürst Dimitri sich frei dünkte, zu tun und zu lassen, wonach ihm der Sinn stand. Er hatte Vater Pantelej die Mittel für einen weiteren Kirchenbau im Worosansker Kreml versprochen und auch schon eine gewisse Summe als Anzahlung geleistet. Nun glaubte er, seine bereits begangenen und die noch vor ihm liegenden Sünden als abgegolten ansehen zu können, und ließ seiner Gier nach der jungen Mohrin freien Lauf. Inzwischen beackerte er die arme Alika viel öfter als seine ihm angetraute Frau.
    Marie lag schon auf der Zunge, Anastasia zu raten, sie solle sich Gesicht und Leib schwarz und die Lippen besonders dick rot anmalen, um Alika auszustechen, denn die Leidenschaft der jungen Mohrin war nicht so groß, dass sie Dimitris Verlangen erklären konnte. Der Fürst hatte sie einmal sogar hier im Terem in ein Zimmer geschleift und benutzt. Da die Tür weit offen geblieben war, hatte Marie einen Blick riskiert und festgestellt, dass Alikas Gesicht von Schmerz und Angst statt von Lust gezeichnet gewesen war. Dimitri schien Alika jedes Mal so wund zu reiten, dass sie danach regelmäßig die Salbe verwendete, die Marie ihr zubereitete.
    Der Fürstin dauerte das Schweigen ihrer Kräuterfrau zu lange, und sie stampfte wie ein trotziges Kind auf den Boden. »Wennmein Gemahl nicht von dieser Heidin ablässt, wird das schwarze Ding sterben müssen.«
    Marie zuckte zusammen, versuchte aber, sich nichts von ihrem Schreck anmerken zu lassen. Mit dem Mut der Verzweiflung versuchte sie, Anastasia von ihren mörderischen Gedanken abzubringen.
    »Herrin, du solltest Gnade walten lassen, denn du findest keine bessere Kindsmagd als sie. Sie versorgt deinen Sohn so getreulich wie keine Zweite und hilft mir, ihn Tag und Nacht zu überwachen.«
    »Das mag sein. Doch ich will nicht, dass sie Wladimir mit Brüdern versorgt!« Anastasias Stimme klang scharf.
    »Das werde ich zu verhindern wissen.« Marie kniff die Lippen zusammen, kaum dass ihr diese Worte entschlüpft waren, denn für ein solches Versprechen könnte sie in ihrer Heimat als Hexe gelten. Die Priester sahen derlei gar nicht gerne, und wenn eine der kräuterkundigen Frauen es zu arg trieb, wurde sie ertränkt oder kam auf den Scheiterhaufen. Außerdem war Alika mit einem Mittel, das die Frucht abtrieb, nicht wirklich geholfen. Nach kurzem Überlegen fasste sie einen anderen Plan. Sie würde ihrer Freundin eine Pflanze zu essen geben, die dieser an

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