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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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für die ich mir allein bei dem Gedanken daran heute noch den Mund auswaschen muss. Später wurde ich auf dem Schiff eines holländischen Kapitäns namens Zoetewijn nach Riga gebracht und einem einheimischen Händler in Kommission übergeben. Der hat mich dann nach Pleskau gebracht.«
    Marie sah sie fragend an. »Pleskau? Vorhin hast du Pskow gesagt.«
    »Das ist dieselbe Stadt. Wir Deutsche nennen sie Pleskau, während die Russen Pskow zu ihr sagen«, erklärte Oda selbstgefällig und setzte ihren ausführlichen Bericht fort. Maries Gedanken gingen unterdessen eigene Wege. Odas Schicksal war dem ihren zu ähnlich, als dass sie an einen Zufall glauben mochte. Aber da sie mit Schäfflein bis auf eine Begegnung nie etwas zu tun gehabt hatte, konnte sie keinen Zusammenhang erkennen. Ihre Feindin war Hulda von Hettenheim, ihr hatte sie es zu verdanken, dass sie jetzt hier neben Oda saß und warmen Kräutertee schlürfte.
    Als Oda eine Pause machte, um sich den trockenen Mund anzufeuchten, sprach sie sie darauf an. »Weißt du, ob dieser Schäfflein mit Hulda von Hettenheim bekannt ist?«
    »Der Ehefrau dieses überstolzen Ritters? Nein, gewiss nicht. Oder warte … Sie könnte es gewesen sein!« Oda legte ihre Stirn in Falten und blickte in Weiten, in die Marie ihr nicht folgen konnte.
    »In der Zeit, die ich in Schäffleins Haus verbracht habe, hat er mehrmals Besuch von einer Edeldame bekommen, die ihn wohlbeauftragt hat, ihr irgendwelches Kräuterzeug aus einem fernen Land zu besorgen. Mir hat man streng verboten, auch nur in die Nähe dieser Person zu kommen, aber du kennst mich ja. Ich habe schnell ein Versteck gefunden, von dem aus ich mir die Dame unbemerkt ansehen konnte. Die war ein ganz gewöhnliches Weib, sage ich dir, nicht mehr jung, schon reichlich fett und mit einem wahren Teiggesicht. Wäre sie eine Hure gewesen, hätte sie höchstens noch Trossknechte als Kunden bekommen. Damals habe ich mich gefragt, warum die Welt so ungerecht ist. So ein hässliches Ding kann einen strammen Ritter in ihr Bett holen, der ihr zudem die Treue und was weiß ich noch alles schwören muss. Aber wenn mein Geschäft nicht läuft, muss ich für die paar Münzen dankbar sein, die mir irgendein Kerl zahlt, damit er sich einen in mir abstoßen kann.«
    Oda sprach immer noch so derb wie früher, doch ihr Charakter hatte sich augenscheinlich in der relativen Behaglichkeit des Harems zum Besseren gewandelt. Nun schien sie direkt froh zu sein, dass die Mächte des Schicksals ihren und Maries Weg noch einmal gekreuzt hatten, denn sie plapperte fast ununterbrochen weiter und zeigte sich sehr zufrieden, dass sie mit Terbent Khan einen Mann gefunden hatte, gegen den ein Falko von Hettenheim ein kleiner Unteranführer gewesen war. Marie wusste nicht zu unterscheiden, was von Odas Erzählungen nun der Wahrheit entsprach und was nur Angabe war. Dennoch sah sie darin ein Zipfelchen Hoffnung, das sie nicht loslassen wollte.
    Sie fasste nach Odas Händen. »Wenn du so viel Einfluss auf Terbent Khan hast, glaubst du, du könntest ihn so weit bringen, dass er uns nach Konstantinopel weiterreisen lässt?«
    »Natürlich könnte ich das!«, antwortete Oda stolz. »Seit mir ein Sohn prophezeit wurde, tut Terbent alles für mich. Bringe ich ein Mädchen zur Welt, wird er gewiss enttäuscht sein, aber ich kann immer noch sagen, dass das Orakel sich nicht irren kann und das nächste Kind ein Sohn werden wird. Aber du und diese verdammteGriechin könntet mich in Schwierigkeiten bringen. Wirft dieses byzantinische Weib auch diesmal einen Sohn, wird Terbent annehmen, dass sie von Gott oder Allah, wie sie ihn hier nennen, gesegnet ist und auch ihm zu dem erhofften Nachkommen verhelfen könnte. Das werde ich zu verhindern wissen. Also muss diese Fürstin entweder sterben oder verschwinden, und die kleine Schwarze mit ihr. Terbent könnte sonst auf Gedanken kommen, die mir nicht gefallen.«
    Oda kicherte dabei so boshaft, dass Marie begriff, zu was die Frau imstande war. Die ehemalige Marketenderin würde auch vor Gift nicht zurückschrecken, um sich ihr kleines Paradies zu erhalten.
    Nun räkelte Oda sich, streckte dabei ihren gewölbten Bauch vor und sah Marie an, als wäre diese ein Wollknäuel und sie eine Katze, die damit spielen wollte. Dann zeigte sie mit einer weit ausgreifenden Handbewegung in die Runde. »Dieser Palast ist doch etwas anderes als ein feuchter, klammer Planwagen, nicht wahr? Hier werden wir beide es uns gut gehen lassen. Ich kann

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