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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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nicht! Ihr macht Euch zum Ziel für ihre Pfeile!« Xander wollte die Öltöpfe löschen, doch Hulda packte ihn am Arm.
    »Lass das, du Narr! Sie sollen mich sehen.« Frau Hulda stieß den Ritter zurück und reckte die Arme gen Himmel. »Könnt ihrmich hören?«, rief sie den anrückenden Soldaten mit lauter Stimme zu. Einige blieben stehen und starrten zu ihr hoch.
    »Los, weiter!«, fuhr Ritter Heinrich seine Männer an.
    Unterdessen bückte Hulda sich und nahm ein Säckchen entgegen, welches Alke ihr reichte. Sie hob es hoch, damit alle es sehen konnten, öffnete es und griff hinein. »Ihr Narren! Glaubt ihr wirklich, die Otternburg nehmen zu können? Sie wird nicht allein durch meine Krieger verteidigt.« Hulda zog die Hand aus dem Säckchen, brachte ein schwärzliches Pulver zum Vorschein und warf es in den Wind, der es wie eine kleine Wolke davontrug. »Das ist ein mächtiges Zaubermittel, das euch in Frösche und Molche verwandeln wird, wenn ihr die Belagerung nicht umgehend aufgebt!«, schrie sie mit sich überschlagender Stimme. »Greift ruhig an! Ich werde diesen Zauber über euch kommen lassen und dann meine Knechte und Mägde hinausschicken, damit sie euch mit Schaufeln erschlagen!«
    Jetzt gelang es Michel und Ritter Heinrich nicht mehr, die Männer vorwärts zu treiben. Der Aberglaube und die Angst vor Hexerei waren stärker als ihr Kampfgeist. Schon wichen die ersten Söldner zurück, und als der Wind den schwarzen Staub auf einige von ihnen zutrug, gab es kein Halten mehr.
    Ritter Heinrich stellte sich den Fliehenden in den Weg. »Verdammt, seid ihr Krieger oder Weiber?«
    »Ich will von dieser Hexe nicht in einen Frosch verwandelt werden!«, kreischte einer der Männer panikerfüllt.
    »Seht doch hinauf und schaut, wie sie ihr Pulver wirft. Das meiste wird in die Burg hineingeweht! Glaubt ihr, sie würde ihre eigenen Männer in solches Getier verwandeln wollen?«
    Der Söldner sah sich um und schüttelte den Kopf. »Sicherlich nicht!«
    Da sich bis jetzt noch keiner seiner Kameraden in einen Frosch verwandelt hatte, fluchte er derb und griff zum Schwert.
    »Mich hält niemand zum Narren, am wenigsten ein Weib!Kommt, Männer, wir holen uns dieses Bürglein, und dann soll die Hexe da oben im Feuer tanzen!«
    Hulda, die begriff, dass sich das Blatt zu wenden drohte, schaufelte das Pulver mit beiden Händen aus dem Säckchen und ließ es in dichten Schwaden niederregnen. Doch einmal in Wut geraten, achteten Michels Söldner nicht mehr auf sie, sondern drangen bis an den Fuß der Mauer vor.
    »Werdet Frösche und Molche! Hört ihr nicht? Ihr sollt Molche und Frösche werden!« Frau Hulda kreischte und tobte vor Wut, weil der Erfolg ausblieb, den ihr ein Hexenmeister hoch und heilig versprochen hatte. Als die ersten Leitern angelegt wurden, fuhr sie Xander an.
    »Was stehst du hier herum? Verteidige gefälligst unsere Mauer!« Mit einem Mal besann sie sich und bleckte die Zähne zu einem bösartigen Grinsen. »Hol den Jungen, aber rasch!«
    Xander schoss die Treppe so schnell hinab wie noch nie in seinem Leben. Unten angekommen sah er, dass seine Leute unter dem Kommando seines Stellvertreters die ersten Pfeile abschossen. Aber es standen viel zu wenig Krieger auf den Zinnen, um die Burg lange halten zu können. Daher rannte er zum Palas, lief mit großen Sprüngen die Freitreppe hoch und riss das Tor auf. Die Kindsmagd hörte nicht auf seine Rufe, und so sah er sich gezwungen, in das Gemach einzudringen, in dem Beate den kleinen Falko hütete.
    »Gib mir das Kind!«, fuhr er sie an.
    Beate umklammerte den Jungen. »Nein! Ich will nicht, dass die Herrin ihn tötet.«
    Xander stieß einen Laut aus, der wohl ein Lachen sein sollte. »Wer sagt, dass die Herrin das Bürschchen umbringen lässt? Sie will es nur den Angreifern zeigen.«
    »Um sie mit ihm zu erpressen!« Beate drückte das Kind noch fester an sich und wich vor Xander zurück.
    Der Ritter begriff, dass er mit Worten nicht weiterkam. Daherschlug er die Magd mit seiner gepanzerten Faust nieder und riss der Zusammensinkenden das Kind aus den Armen.
    Als er wieder auf dem Turm stand, wurde auf der Umfassungsmauer bereits gekämpft. Hulda sah den Kriegern einen Augenblick zu, dann nahm sie das Kind entgegen und hob es hoch über den Kopf.
    »Seht her!«, schrie sie so laut sie konnte. »Wenn ihr euch nicht sofort zurückzieht, werde ich den Balg vor euren Augen zerschmettern!« Um ihre Drohung zu untermauern, trat sie an den Rand des Turmes und hielt

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