Das Vermächtnis der Wanderhure
zu Hexen und Zauberkünstlern hatte ihr ein Gift in die Hände gespielt, welches in kleiner Dosis heilend, in hoher Dosis jedoch tödlich war. Mit diesem würde sie das Großmaul Tautacher zum Schweigen bringen. Da sie jedoch nicht wusste, ob es wirklich schnell und unauffällig wirkte, musste sie es an einer Person erproben, deren Verlust niemandem eine Träne entlocken würde.
Vor der Tür ihrer Kemenate wartete Schäfflein auf sie. Der Kaufherr wirkte immer noch ängstlich, denn er wusste nicht, ob er nun von Frau Hulda als Verbündeter akzeptiert worden waroder als Gefangener galt und einem allzu frühen Ende entgegensah.
»Ich wüsste gern, wie Ihr Euch entschieden habt, Herrin.«
Hulda gab ihrer Leibmagd, die ihr Herannahen gespürt haben musste und die Tür öffnete, einen Wink, auch Schäfflein einzulassen. »Was macht der Balg?«, fragte sie mit einem Seitenblick auf die Wiege, in der Maries Sohn lag.
»Er schläft, aber er hat vorhin lange geschrien, weil er hungrig ist.«
»Dann gib ihn her.« Frau Hulda setzte sich und entblößte ungeachtet der Anwesenheit Schäffleins ihre Brüste. Alke reichte ihr den Jungen und sah, dass das Gesicht ihrer Herrin sich verzog, als das Kind die Brustwarze fand und gierig zu saugen begann.
»Allein dafür, dass ich ihren Bastard nähren muss, müsste ich diese Hure tausend Qualen erleiden lassen.«
»Es wäre ein gefährliches Spiel, es hier zu tun«, wandte Schäfflein ein. »Irgendjemand kann dann doch nicht den Mund halten, und das wollt Ihr gewiss nicht riskieren.«
Frau Hulda dachte an Tautacher und nickte. »Ich kann mir kein Aufsehen leisten. Wenn nur ein falsches Wort zu Heinrich von Hettenheim dringt, wird er sich wie ein Hund auf die Spur setzen. Noch ist er der Knecht eines Klosters und muss springen, wenn ein Kuttenträger hustet. Daher stellt mein Besitz für ihn eine stärkere Verlockung dar als ein Bienenstock für einen Bären. Trotzdem gefällt es mir nicht, das Weibsstück so einfach in deine Hände zu geben. Ich sollte Tautacher und Xander zuerst noch einigen Spaß mit ihr gönnen.«
Schäfflein wagte es kaum, Falkos Witwe zu widersprechen. »An Eurer Stelle würde ich es mir noch einmal überlegen, Herrin«, begann er vorsichtig. »Soviel ich gehört habe, war die Geburt schwer und Marie Adlerin wurde dabei verletzt. Vielleicht bekommt sie das Kindbettfieber. Würdet Ihr sie in diesem Zustandein paar geilen Kerlen ausliefern, wäre das ihr sicherer Tod. Ein schneller Tod zumal, von dem sie vermutlich wenig mitbekommen würde.«
»Aber ich könnte zusehen, wie sie zu Tode geschunden wird!«, brach es aus Frau Hulda heraus.
Schäfflein fühlte, wie es ihm kalt über den Rücken lief. Wenn Marie Adlerin hier starb, war sein Leben keinen Heller mehr wert. Zwar belächelten seine Geschäftspartner ihn wegen seiner plumpen Erscheinung und nahmen ihn nicht ganz ernst, aber das gereichte ihm oft genug zum Vorteil, denn sein Verstand war scharf und er sah weiter als die meisten. Daher konnte er das Mienenspiel der Burgherrin lesen wie ein beschriebenes Pergament.
Frau Hulda starrte den Knaben an ihrer Brust an und schnaufte. »Nun gut! Ich gebe sie dir mit. Versprich mir aber, dass du deine Knechte über sie herfallen lässt oder sie selbst auf die Weise nimmst, die dir am besten zusagt.«
Der zum Ritter erhobene Kaufherr atmete auf. »Sie wird ihren Lohn bekommen, das sei Euch versichert.«
Der würde zunächst jedoch aus anderen Schrecken bestehen als einer Vergewaltigung, dachte er. Was ihn betraf, würde er hübsch die Hände und noch etwas anderes von Marie Adlerin lassen, denn er kannte sich selbst und wusste, dass er bei einem Becher zu viel irgendwann doch damit angeben würde, die Ehefrau eines Reichsritters unter sich stöhnen gehört zu haben. Für ihn war es das Gesündeste, wenn er sie als eine x-beliebige Fracht betrachtete, die er von einem Ort zum anderen bringen lassen und dann vergessen würde. Es ging niemanden etwas an, wer diese Frau war und welches Schicksal sie erwartete.
Frau Hulda gab sich nun offensichtlich mit seinem Versprechen zufrieden. »Wann wollt Ihr sie wegbringen?«
Schäfflein verbeugte sich tief vor ihr und lächelte. »Wenn sich gewisse Kräuter in den Vorräten Eurer Burg finden lassen und Ihrmir einen festen Wagen und ein paar Knechte leihen könnt, würde ich sie schon morgen mit mir nehmen.«
»Dann soll es so sein!«
VIII.
N achdem Frau Hulda sich entschieden hatte, konnte es ihr nicht schnell
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