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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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aufnehmen!“
    Als wolle er sich ihre Aussage
bestätigen, nickte er.
    „Gegen die Türken können wir jede
Hand gebrauchen, die ein Schwert zu führen vermag. Ihr seid am Schwert
ausgebildet?“
    Nerina schloss die Augen. Wollte er
sie aushorchen? Wollte er sie mit seinen Fragen in die Enge treiben? Nur sein
Blick verriet ihr, dass er einen Zweck verfolgte, dass er mehr über sie
erfahren wollte.
    „Das Kap liegt hinter uns!“
    Bevor sie antworten konnte,
richtete sich der Johanniter plötzlich auf und deutete mit ausgestrecktem Arm
auf eine graue Silhouette, die an ihnen vorüberzog und an der sich Sturm und
Wellen in heller Gischt brachen. „Seht Ihr? Dort drüben liegt es! Knapp
geworden, aber jetzt liegt die Weite des Meers vor uns, und die kann dem Schiff
nichts mehr anhaben. Wickelt Euch ein, damit die Kälte nicht zu sehr an Euch
frisst, und versucht zu schlafen. Aber bindet Euch zuvor fest.“
    Er warf ihr das Ende eines Taues zu,
und Nerina schlang es um sich. Zusammengekauert, den Kopf eingezogen, wartete
sie darauf, dass die Gewalten nachließen. In ihrem Kopf sammelten sich das
Heulen der Böen und das Krachen der Wellenberge, die gegen den Rumpf brandeten.
    Malta zeigte sich bereits von
seiner besten Seite. Selbst der Weg dorthin erwies sich als mörderisch. Und sie
wusste noch nicht einmal, wie der Johanniter hieß.
2.
    „Ist sie nicht wundervoll? Eine
Perle des Mittelmeers!“
    Nerina hatte in Gedanken versunken
vor dem Anblick der Insel Malta gestanden, hatte die lichtgelben Felsen
betrachtet, die in den Senken ausgefüllt wurden von bräunlicher Macchia und
leicht zum Landesinneren hin anstiegen, und an Michele gedacht. Neun Monate
befand er sich auf der Insel, und in dieser Zeit hatte sie keinerlei Nachricht
von ihm erhalten. Micheles Temperament nach saß er aber entweder im Gefängnis
oder er lag im Streit mit dem halben Johanniterorden. Dass die Zeit ohne
Pöbeleien und Beleidigungen verstrichen war, mochte sie nicht recht glauben.
Ihre Hilfe hatte er sicherlich nötig.
    Diese Katzenart, die der Johanniter
an den Tag legte, konnte Nerina nicht ausstehen.
    „Ihr habt eine Art, Euch lautlos
anzuschleichen, als wolltet Ihr einen erschrecken.“
    „Ihr seid außergewöhnlich
schreckhaft.“
    Seit der Sturm nachgelassen hatte,
seit die See wieder ruhig lag und ihr Schiff Kurs auf Malta nahm, ließ sie der
Johanniter nicht mehr aus den Augen. Was sie am meisten störte, war die
Tatsache, dass er sie sogar heimlich dabei beobachtete, wie sie über die Reling
gebeugt ihre Notdurft verrichtete. Natürlich konnte sie sich nicht, wie die
Matrosen es taten, an die Schiffsbrüstung stellen und die Hose öffnen, aber sie
hatte bemerkt, dass sowohl der Kapitän, als auch der Johanniter sich, wohl
allein zum Zeichen ihrer Würde, am Bug über den Balken setzten. Zuerst war sie
beruhigt gewesen. Niemand nahm wahr, dass sie sitzen musste. Außerdem
verrichtete sie ihre Notdurft im Dunklen, schließlich musste sie ihre Hose
herabziehen. Und dabei hatte sie den Johanniter bemerkt, der wie zufällig in
ihrer Nähe aufgetaucht war.
    „Wart Ihr schon öfter auf Malta?“
    Mit beiden Armen stütze sich der
Johanniter an der umlaufenden Bordwand ab.
    „Fünfmal, zehnmal? Ich weiß es
nicht mehr. Ich liebe seine Abgeschiedenheit, seine Friedlichkeit. Und ich
liebe es, wenn die Inseln aus dem Meer aufsteigen.“
    Nerina hatte dieses Schauspiel
ebenfalls genossen. Seit Stunden betrachtete sie die Felsen, die sich Tortenstücken
gleich aus dem azurnen Gewoge emporarbeiteten, leicht geneigt, als wären sie an
einem Ende eingesunken. Eine kleinere zuerst, dann eine größere Masse,
dazwischen wie eingestreute Steine, Inselchen. Dann waren die Küsten aus dem
Meer gestiegen, die von Gozo zuerst, zurückversetzt wohl die von Comino und
zuletzt Maltas zerklüftete, mit Buchten und den ersten Verteidigungsanlagen auf
hohen Felsgestaden versehenen Gestade.
    „Der Sturm hat uns nur leicht nach
Westen versetzt, sonst hättet Ihr Gozo nicht in dieser Schönheit bewundern
können. Ein idyllischer Ort, dessen Ruhe allerdings trügen kann, wie uns der
Überfall der Osmanen im Mai 1565 bewiesen hat. Sie wollten diesen Felsen im
Mittelmeer erobern, wollten den freien Verkehr von Ost nach West unterbinden.
Die Insel ‚störte‘, sie empfanden sie als Dorn im Auge Allahs. Suleiman, den
sie den Großen nannten, klopfte an die Tore Wiens. Malta einzunehmen, schien
den Osmanen kaum der Rede wert, geradezu ein Kinderspiel. Aber sie

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