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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Idee besser.
14.
    Bislang verlief alles nach Plan,
nur das Seil, das Nerina sich um den Bauch gebunden hatte, und die Eisenstange,
die ihren Rücken versteifte, scheuerten unangenehm. Inständig hoffte sie,
nirgends zu fallen, denn alleine wäre sie nicht mehr hochgekommen. Sie hätte
einen Wärter bitten müssen, und ihr ganzer Fluchtplan wäre aufgeflogen.
    Der erste Wärter, der sie in die
Festung Sant’Angelo einließ, musterte ihr Schreiben nur kurz und winkte sie
weiter, ohne sich um sie zu kümmern. Das Siegel Alof de Wignacourts bewirkte
Wunder. Erst innerhalb des Gebäudes musste sie Rede und Antwort stehen, aber
auch dort verschaffte ihr das Dokument Respekt und eine bevorzugte Behandlung.
Man geleitete sie in den inneren Hof und von dort aus in eines der Gebäude und
über eine Treppe hinunter zu den Kerkerzellen. Nerina versuchte sich den Weg
einzuprägen, scheiterte aber bereits nach wenigen Metern hinter den Mauern. Sie
wusste nur aus den Berichten Pater Leonardus’, dass Michele unter dem Turm
gefangen saß und nur zwei Wachen zu überwinden hatte, bis er zu den
Schießscharten gelangte, die sich zum Hafen hin öffneten. Auf sie wirkte alles
wie ein Wunder. Pater Leonardus hatte Wort gehalten und ihr die meisten
Hindernisse aus dem Weg geräumt. Sein Gespräch mit dem Verwalter Francesco
Sforza Colonnas hatte eine zusätzliche Summe Geldes erbracht und ein
überraschendes Gespräch mit dem Großmeister. Dieser wiederum hatte
signalisiert, dass ihm Micheles Schicksal am Herzen liege und er seine
Freilassung betreiben könne. Ob er ahnte, dass sein Interesse an Michele dazu
verwendet werden sollte, ihn zu befreien, wusste Nerina nicht zu sagen,
vielleicht hatte er selbst sogar die Idee entwickelt, die Pater Leonardus ihr
schließlich vorgeschlagen hatte.
    Am schwersten fiel Ihr das Gehen.
Sie hatte sich über Monate hin einen festen männlichen Schritt angeeignet, der
sie trampeln ließ, sobald sie das auf Malta übliche schwarze Frauenkleid anzog.
Jeder musste hinter diesem Gang einen Mann vermuten. Stunden hindurch war sie
bei Familie Anomeritis auf und ab geschritten, um die Frau in sich wieder
hervorzuholen. Jetzt erst wurde ihr klar, dass in einem Männerkörper zu leben
auch hieß, sich Zwängen und Konventionen zu unterwerfen, die für Frauen nicht
galten.
    Das letzte Gitter zu den
Kerkerzellen wurde geöffnet. Der Beschließer gehorchte auf den scharf gebellten
Befehl ihres Begleiters und schlurfte aus seinem Raum heran, der vom Gitter aus
nicht eingesehen werden konnte. Offensichtlich eine Vorsichtsmaßnahme. Nerina
wunderte sich etwas, da sie gehört hatte, Michele sei nicht in die untersten,
feuchten und schimmeligen Gewölbe verbracht worden, sondern genieße eine bevorzugte
Behandlung. Der einzige Vorzug, den sie erkennen konnte, lag darin, dass es nur
nach fauligem Stroh und Exkrementen stank.
    „Seid Ihr sicher, Signora, dass
Caravaggio an Euch interessiert ist?“
    Der Wärter konnte sich eines
Schmunzelns beim Blick auf ihren Bauch nicht erwehren. Nerina grinste ebenso
frech zurück. Das Seil wölbte ihren Bauch, jeder zufällige Betrachter musste
glauben, sie sei in gesegneten Umständen. 
    „Solange er daran denkt, wie es
zustande kam, sicherlich.“
    „Ihr verschwendet Eure Schönheit an
den Falschen.“
    „Woher wollt Ihr das wissen? Ihr kennt
ihn nicht. Wisst Ihr von seinen Qualitäten?“
    „Zumindest eine davon haben wir
kennengelernt“, schaltete sich jetzt auch der Beschließer ein. „Er spielt
Karten wie der Teufel persönlich. Es wird Zeit, ihn hinzurichten, sonst bleibt
nichts von meinem Lohn diesen Monat.“
    Dabei lachte er, als habe er einen
besonders gelungenen Scherz gemacht.
    Nerina verhielt sich das Lachen.
Ihre Fröhlichkeit erstarb für einen Augenblick. Selbst der Beschließer blickte
verlegen zu Boden, als er ihr Gesicht sah.
    „Verzeiht“, murmelte er nur und
führte sie bis zur Kerkertür, hinter der Michele vermoderte. Trotzdem fanden
sich ihre Blicke für wenige Augenblicke, und Nerina wusste, dass Pater
Leonardus auch hier erfolgreich gewesen war. Der Beschließer stand auf ihrer
Seite.
    Auf dem Weg zu Micheles Verlies
prägte sie sich einen Gang ein, der auf eine der Schießscharten der Außenmauer
zulief. Wenn sie Pater Leonardus glauben durfte, dann ließ diese Öffnung einen
schmalen Menschen hindurch und führte geradewegs steil abwärts und hinab zum
Meer.
    Gut fünfzig Schritt weiter hielten
der Beschließer und ihr Bewacher vor einer

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