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Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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rhythmische Klang ließ ihn zunächst leicht schwanken, dann begann er emporzusteigen. Als die Mönche den Trompeten zwei verschiedene Töne entlockten, vollführte der Felsblock einen Bogen am Himmel und kam in ihre Richtung geschwebt. Als er sich über dem Tümpel befand, hörten auf einen Wink Ong Pas alle unisono auf zu spielen. Der Felsblock stand bewegungslos in der Luft, einen Augenblick lang; dann stürzte er ins Wasser. Eine Welle klatschte ans Ufer und durchnässte Īsā bis auf die Haut. Atemlos stand er da. Auf seinem Gesicht lag noch das ungläubige Staunen über das eben Erlebte. Die Mönche und Īsā lachten, bis ihnen die Tränen kamen. Ong Pa trat zu ihm und gab ihm ein trockenes Gewand.
    »Die Erfrischung schärft den Verstand, aber das Eis kann den Tod bringen. Zieh dich um, und wenn du und deine Mitbrüder nicht mehr das Bedürfnis habt zu lachen, dann komm zu mir – dort an den Vorsprung, ich muss mit dir sprechen.«
    Widerwillig nickte Īsā; zuerst wollte er aber unbedingt die Trommeln schlagen und in die Trompeten blasen. Und er hörte nicht auf, bis er es endlich schaffte, ein kleines Steinchen zum Schweben zu bringen. Einmal war es ihm ja schon gelungen, per Zufall oder durch seinen Glauben. Mittlerweile verstand er auch die Wissenschaft der Wunder. Sein Eifer reichte allerdings nicht aus, um ihn nach der eisigen Dusche zu erwärmen. Die Mönche trockneten ihn also ab und rieben ihn kräftig mit Schafswolle ab, die mit rosafarbenem Salz und Hirschmoschus versetzt war und die seine Haut ganz ungewohnt intensiv duften ließ. Īsā protestierte, doch die anderen lachten nur. Endlich gelang es ihm, sein Gewand bis zu den Knien hochzuziehen und ihrer Zuwendung zu entfliehen. Er näherte sich dem Meister und setzte sich zu ihm. Wie üblich sog Ong Pa mehrmals die Luft ein, bevor er sich an Īsā wandte.
    »Du hast zwei Wege zur Auswahl vor dir, mein Sohn. Den des Eises und den des Feuers. Welchem willst du folgen?«
    »Dem dritten Weg, Ong Pa. Dem des Eises, welches das Feuer zum Schmelzen bringt – dem Weg des Wassers, Meister.«
    »Das ist der schwerste, denn du wirst dich immer wieder aufs Neue mit den täglichen Problemen messen müssen, während dir die geistigen sehr wohl bewusst sein werden. Es ist sehr gefährlich, die Erde und den Himmel zusammenzuführen, weil dir Dämonen begegnen werden – in Form von Gedanken und Menschen –, gegen die du kämpfen musst.«
    »Ich habe sie kennengelernt, als ich noch bei den Zedern lebte, als ich mit meinen Brüdern Stock und Stein spielte und meiner Mutter zuhörte. Auf der anderen Seite der Straße sah ich Brüste ohne Milch, ermordete Kinder, höhnische Soldaten und Priester, die stark mit den Schwachen und schwach zu Starken waren. All das erfüllte meinen Verstand mit Angst und Schrecken. Deshalb will ich meine Hände in die Erde stecken und lernen, meine Hände nicht zu beschmutzen; ich will den Schmerz des Leidenden spüren und eins mit ihm sein; ich will versuchen, nicht zu hassen, wenn man mir alles, was ich liebe und besitze, nimmt; ich will die Dunkelheit der Ignoranz kennenlernen, um sie zum Licht des Verstandes zu führen und Anmaßung mit Gerechtigkeit bekämpfen. Und …«
    »Und was, Īsā?«
    »Und ich will heiraten, Ong Pa.«
    Īsās Lippen zitterten, als ihn der Mönch ernst betrachtete und den Kopf schüttelte.
    »Haltet Ihr es für unrecht«, flüsterte Īsā kaum hörbar, »oder denkt Ihr, dass sie noch zu jung ist?«
    »Ich denke nur, dass ich längst wusste, was du mir gerade anvertrautest. Alle wissen, dass du es kaum erwarten kannst, mit der süßen Gaya in die Tiefen hinabzusteigen. Auch deine Mitbrüder wissen es, und darum haben sie dich mit dem Moschus der Hirschdrüse eingerieben, in der Hoffnung, deine Männlichkeit zu verstärken und dich die Entscheidung treffen zu lassen, auf die alle warten.«
    »Dann hast du also nichts dagegen einzuwenden!«
    »Sayed weiß es und Gaya, die Sterne wissen es, der Mond und die Sonne – denn dein Wehklagen hallt in den Bergen und Tälern wider wie die Rufe des einsamen Greifes. Du hast den Weg des Wassers gewählt, aber das Schiff kann nicht von einem Einzelnen gelenkt werden. Wenn es dir gelingt, bis morgen zu warten, würde ich mich glücklich schätzen, Euch zu vereinen. Und nun geh. Geh zu Gaya und sag ihr, dass sie sich vorbereiten soll.«
    Īsā stand auf, um zum Dorf zu eilen, doch er hielt inne. Er drehte sich um und umarmte Ong Pa, der sich seinen Umarmungen sonst immer

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