Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)
Averardo stolperte und fiel auf einen Heuhaufen, der sogleich Feuer fing. Er rappelte sich zwar sofort auf – aber das vergossene Öl auf seiner Kleidung hatte bereits Feuer gefangen. Die Flammen umarmten ihn, und für einen kurzen Augenblick glaubte er den Teufel zu spüren, der ihn an den Füßen in die Hölle zog. Nicht mehr auf das Paradies hoffend, stürzte er erneut, aber diesmal kam er nicht mehr hoch – die Stallwände brannten bereits lichterloh; kurz darauf fing die äußere Teerschicht des Daches Feuer, und eine gewaltige Stichflamme strebte mit einem lauten Knall gen Himmel. Das Dachgerüst stürzte nach innen ein und verwandelte sich bereits im Fall in glühende Holzscheite. Der Funkenschlag erreichte das Wohnhaus, aber sowohl die Terrakotta-Dachziegel als auch die mächtigen Steinmauern hielten dem Angriff des Feuers und der Hitze stand.
Als die ersten Bauern eintrafen, um zu sehen, was geschehen war, fanden sie das Haus intakt vor – die weißen Mauern waren nur leicht rußgeschwärzt, aus den verglühten Stallbalken stieg noch ein bisschen Rauch auf, und hier und da brannten noch vereinzelte kleinere Feuer, die der Regen während der Nacht nicht gelöscht hatte. In einem Loch lag eine verkohlte Mäusefamilie: Sie hatte dort Schutz gesucht, und nun lagen sie alle tot übereinander – als hätten sie sich alle ein letztes Mal umarmt, bevor sie ihr Leben aushauchten.
7
Von Careggi nach Figline und zurück
»Bei Tisch hast du heute Abend kein einziges Wort gesagt«, sagte Leonora, als sie zu Bett gingen.
Das war der schönste gemeinsame Moment, den sie hatten – wenn das Kerzenlicht erloschen war und Leonora sich an ihn kuschelte. Sie steckte ihre kalten Füße zwischen seine Beine – und Ferruccio durchfuhr ein wohliger Schauer, obwohl seine Gedanken ganz woanders waren. Draußen riefen die Waldkäuze und kündigten den Wühlmäusen ihre Jagdbereitschaft an.
Ferruccio starrte die Zimmerdecke an.
»Ich habe darüber nachgedacht, was Zebeide über ihre Base erzählt hat«, sagte er dann leise. »Husten und Speien können viele Ursachen haben, aber das Blut aus dem Anus ist ein schlimmes Zeichen.«
»Morgen werde ich sie besuchen.« Leonora strich ihm über die Stirn, »und ich werde ihr Eier mitbringen.«
Eine Zeit lang sagte Ferruccio keinen Ton, und Leonora dachte schon, er sei eingeschlafen. Dann nahm er jedoch ihre Hand.
»Tu es nicht«, flüsterte er mit tiefer Stimme.
»Was denn?«, murmelte sie schläfrig.
»Gehe Zebeides Base nicht besuchen.«
»Warum nicht? Ich bin mir sicher, dass sie sich darüber freuen würde – Zebeide übrigens auch.«
»Ich weiß. Aber die Symptome, die sie beschrieben hat, gefallen mir ganz und gar nicht.«
»Befürchtest du, dass eine ansteckende Seuche dahinterstecken könnte?«
Ferruccio gab keine Antwort. Und Leonora bohrte nicht weiter nach.
»Schon gut, mein Liebster, dann werde ich es nicht tun. Aber jetzt lass uns schlafen.«
Sie legte Ferruccio die Hand auf die Brust und spielte mit den Brusthaaren, die aus dem Ausschnitt seines Nachthemds hervorlugten. Als sie spürte, wie sein Atem ruhiger wurde, ließ sie ihre Hand nach unten gleiten und begann, sein bereits halb erigiertes Glied zu streicheln. Dann beugte sie sich über ihn und bedeckte Ferruccio mit leidenschaftlichen und sanften Küssen, hob dabei ihr Nachtgewand hoch und stieg auf ihn. Eine Welle der Erregung erfasste sie, als er in sie eindrang, und bereitwillig ließ Leonora sich von ihr erfassen und mitreißen; so lange, bis sie erschöpft und zufrieden von ihm glitt. Fast ohne es zu bemerken, versank sie unverzüglich in einen tiefen Schlaf.
Ferruccio hingegen konnte keinen Schlaf finden, so sehr er sich das wünschte und begnügte sich stattdessen damit, den gleichmäßigen Atemzügen Leonoras zu lauschen. Erst als die Morgenglocke des Eremiten der Iguvinischen Mönche ertönte – den Leonora häufig besuchte, um die Geheimnisse der Majolikakunst zu entdecken –, schlummerte er langsam ein.
Es war ein kurzer und unruhiger Schlaf gewesen, und als Ferruccio zu dem nur wenige Kilometer entfernten Anwesen der Serristori aufbrach, fühlte er sich immer noch müde. Er würde jedoch nicht lange brauchen, tröstete er sich. Und dann würden Leonora und er sich endlich auf die Reise begeben, über die sie schon seit einiger Zeit sprachen.
Die Luft war feucht, und die Wiesen waren noch von Raureif bedeckt. Ferruccio trug einen schweren Umhang, der seinen Kopf und seine Haare, die
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