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Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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hatten, war das Haus nahezu verwaist. Ihre Schritte hallten durch den Treppenaufgang, der in den ersten Stock führte, wo Pierantonio Carnesecchi geduldig wartete. Der Jüngling gab ihm die Schriftrolle und wurde mit vier Florinen belohnt – genug, um ihn vergessen zu lassen, welche Rechnung er am nächsten Abend würde begleichen müssen.
    »Ihr dürft hervortreten, Monsignore«, sagte Carnesecchi leise.
    Der schwere Brokatvorhang wurde von einer behandschuhten Hand zur Seite geschoben, und Giovanni de’ Medici trat hervor. Er hatte nicht das virile Erscheinungsbild und die Statur seines Vaters Lorenzo, des Prächtigen. Auch nicht die edlen Gesichtszüge seiner Mutter, Prinzessin Clarice degli Orsini. Sein einziger Stolz waren seine Hände, deren einzige Aufgabe es war, die Laute und ein wertvolles Klavichord zu spielen, das aus dem Nachlass von diesem Räuber Federico, dem Herren über Montefeltro, stammte. Wenn er auch kein Freund seines Vaters gewesen war, so waren die beiden doch Verbündete gewesen. Hände, die noch nicht daran gewöhnt waren zu segnen, obwohl er mit seinen 22 Jahren bereits seit neun Jahren Kardinal war. Nur seine wachen Augen, die rasch über seinen Gastgeber huschten und ihn fordernd ansahen, verrieten seine adlige Herkunft. Carnesecchi las die Schriftrolle und überreichte sie Giovanni.
    »Albizi ist zum Ersten Offizier des Gesundheitsrates ernannt worden, aber noch darf niemand von der Pestilenz wissen. Der Mönch wird es verkünden, nächsten Sonntag in San Marco. Sollte sich das Übel ausbreiten, fürchte ich um Euer Leben, Monsignore.«
    »Du bist ein guter Freund und treuer Verbündeter. Ein Medici vergisst nichts, im Guten wie im Schlechten. Aber es gibt einen Grund, warum ich hierher zurückgekehrt bin: Ich habe zahlreiche Schuldner, Pierantonio; das bedeutet einerseits, dass ich reich bin, andererseits jedoch, dass ich zahllose Feinde habe. Nach außen hin tun sie freundlich und wünschen dir ein langes Leben, und hinterrücks stoßen sie dir den Dolch in den Rücken.«
    »Ich verstehe nicht, Monsignore.«
    Giovanni faltete die Hände und senkte den Kopf. Dann blickte er auf und schaute seinem Gesprächspartner in die Augen. Er hatte sich entschieden, Carnesecchi zu trauen. Der hätte ihn bereits mehr als einmal verraten und dem Mönch ausliefern können, um sich Vorteile zu verschaffen, hatte es aber nie getan. Eines Tages würde Pierantonio seine Belohnung erhalten – er würde dieser Familie der Kräutermischer, Totengräber und Geldverleiher eine ewige Lilie für ihr Wappen spenden.
    »Die Krone Frankreichs schuldet unserer Bank über hunderttausend Goldflorinen. Und König Carlo di Valois ist in Schwierigkeiten, nicht nur in finanzieller Hinsicht. Die Republik Venedig, Spanien, das Papsttum und das Königreich Neapel und selbst das Herzogtum Mailand sind gegen ihn. Und gegen mich. Ich war erst bei ihm und dann in Flandern. In Deutschland ächzten zahlreiche Fürsten unter dem Joch von Kaiser Maximilian. Es weht ein neuer Wind in Europa. Und die Medici sind bereit zurückzukehren.«
    »Monsignore, ich …«
    »Lass es dir erklären, denn ich will, dass du weißt und verstehst. Du musst mir beistehen, wenn dieser Wind die alte Welt des Verrats und Neids, der Kriege und des Todes hinwegweht. Vor Jahren gab es den einen, der versuchte, die Welt unter einem einzigen Gott zu einen – dafür ist er ermordet worden: Er war ein Philosoph und ein sehr reicher Mann, Graf Giovanni Pico della Mirandola.«
    »Ich kenne ihn nur vom Hörensagen.«
    »Er hätte dich in seinen Bann gezogen. Und er wäre mir ein wertvoller Verbündeter gewesen, ganz besonders jetzt. Er wollte den christlichen, den jüdischen und den muselmanischen Glauben zu einer einzigen Religion zusammenfassen. Ich will seine Idee auf politischer Ebene nutzen.«
    Carnesecchi legte seine Hände auf den Tisch und schob seinem Gast eine Schale mit getrockneten Früchten zu.
    »Ihr wollt die Religionen vereinigen?«
    »Das könnte sein …«
    Giovanni de’ Medici nahm eine in Honig eingelegte Feige und führte sie zum Mund, ohne dabei den geschockten Carnesecchi aus den Augen zu lassen.
    »Jemand hat mir seine Hilfe angeboten – ein Ungläubiger. Nun, wenn wir es von seinem Standpunkt aus betrachten, sind wir die Ungläubigen.«
    »Ihr wollt Euch einen Spaß mit mir machen?«
    »Nein, ganz und gar nicht.«
    Carnesecchi hoffte, in den Augen seines Beschützers Ironie zu lesen, konnte jedoch nur einen eisernen Willen erkennen,

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