Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)
gefällt? Wenn diese Taten aber nicht mehr länger göttlichen Ursprungs wären, sondern Menschenwerk, fiele es leichter, sie zu akzeptieren. Letztendlich war Mohammed auch nur ein Mensch. Wir werden kämpfen müssen, ich weiß, aber am Ende wird die Kirche triumphieren – denn sie hat immer triumphiert.«
Ferruccio nahm die Hand vom Schwertknauf und strich sich über seinen Bart.
»Das ist Politik, Monsignore. Die Thesen des Grafen waren nur religiöse Hypothesen, die er mit Philosophen diskutieren wollte.«
»Ja, in der Tat.« Der Kardinal hob den rechten Zeigefinger ein wenig an. »Und wenn … Beweise existieren würden?«
»Welche Beweise?«
»Wir werden sie sehen, alles über sie erfahren und sie dann beurteilen. Jemand wird sie mit sich führen. Und je wahrhaftiger sie sein werden, desto mächtiger wird der Beweis der Existenz und des Wohlwollens des Allmächtigen für mich sein – wer auch immer dieser Allmächtige sein mag. Du musst dich nur bis zu meiner Ankunft um die Sicherheit derjenigen kümmern, die diese Beweise aufbewahren. Mir wurde berichtet, dass es sich um zwei Orientalen handelt, so unschuldig wie Quellwasser.«
»Warum ausgerechnet ich? Ich habe mich bereits vor Jahren aus den Diensten zurückgezogen, Monsignore, und ich glaube, dass es Jüngere gibt, die in jeder Hinsicht besser geeignet sind, diese Aufgabe zu erfüllen. Wenn es Euch beliebt … ich kenne mindestens zwei, die …«
Giovanni de’ Medici winkte ab und verschränkte die Hände. Er tat sich schwer, die richtigen Worte zu finden, die gerade so viel verraten sollten, dass sie Ferruccio überzeugten.
»Mein lieber Ferruccio, es sieht so aus, als würde dich diesseits des Ozeans jemand kennen, denn dein Name wurde mir explizit genannt.«
»Ich verstehe, dass Ihr nicht mehr offenbaren könnt oder wollt. Es sind Eure und nicht meine Gründe. Aber, Monsignore, ich kenne niemanden – weder unter den Christen noch unter den Türken.«
»Du wirst zum rechten Zeitpunkt alles erfahren. Und nun geh, Ferruccio. Rom erwartet dich. Du wirst beim Fürsten Fabrizio Colonna vorstellig, denn dort bist du vor den Spionen und Häschern Alexanders VI. sicher.«
»Ich werde darüber mit meiner Ehefrau sprechen, Monsignore.«
Giovanni räusperte sich laut. Einer der Mönche stellte sich zwischen sie, der andere blieb hinter Ferruccio stehen.
»Du wirst die Gelegenheit haben, den Traum deines besten Freundes zu verwirklichen, und dabei auch noch reich werden. Was willst du mehr, de Mola? Ich würde diese Aufgabe selbst übernehmen, wenn ich es könnte, aber zwischenzeitlich bin ich aus Florenz und Rom verbannt worden! Ich muss herausfinden, ob die Gabe des Sultans wirklich so verheißungsvoll ist oder ob sich dahinter Gift verbirgt. Und nicht einmal Legionen werden die Orientalen beschützen können. In dieser schwierigen Lage wiegt ein unbekannter und verschwiegener Mann mehr als hundert Söldner. Im Übrigen ist Colonna auch nur deshalb mein Verbündeter, weil wir einen gemeinsamen Feind haben.«
In der Stimme des Kardinals schwang, kaum merklich, Angst mit, die er mit Arroganz zu überspielen suchte. Dieser plötzliche Umschwung und die Positionierung der Mönche – wenn sie überhaupt Mönche waren – hatten Ferruccio beunruhigt, doch er bewahrte einen kühlen Kopf und sprach mit betont tiefer Stimme.
»Ich habe Euch um nichts gebeten. Wir haben noch nicht einmal über meinen Sold gesprochen, Monsignore. Alles, was ich gesagt habe, ist, dass ich mit meiner Ehefrau sprechen werde, bevor ich eine Entscheidung treffe.«
»Eines Tages wird Frieden im Mittelmeer herrschen, und der Handel wird wieder blühen. Diejenigen, die heute zu unseren Feinden zählen, werden von dieser Situation ebenfalls profitieren. Ferruccio, du wirst großzügig belohnt werden und dir Dinge leisten können, von denen du bisher nicht zu träumen wagtest. Erhalte die Überbringer der Beweise am Leben, dann wirst du auch erfahren, warum sie ausgerechnet dich erwählt haben. Du siehst, ich will dich nicht hintergehen – denn ich rate dir sogar ausdrücklich, nach den Gründen zu forschen. Aber ich toleriere keinen Ungehorsam.«
Als Ferruccio erneut zum Schwert griff, wurde er von dem eisernen Griff des gedungenen Mönchs blockiert und spürte eine robuste Klinge zwischen den Rippen.
»Wenn Ihr ruhig bleibt, Ritter«, flüsterte ihm der andere von hinten zu, »wird es auch mein Vaterunser sein. Sonst werden sich die Perlen meines Rosenkranzes mit Eurem Blute
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