Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
sie ihn an, keine Schmerzenswelle wogte ihr entgegen, und sie konnte keine Brüche oder Blutungen spüren. Versagten ihre Kräfte?
Covalin, fragte sie sanft, was ist los? Wo bist du verletzt?
Ich kann’s nicht, ich kann nicht fliegen, und ihr lacht über mich, heulte der Drache und schniefte durch die Nase.
Erleichtert erhob sich die Priesterin und klopfte sich den Staub von den Knien. »Ich glaub, er hat sich nur den Stolz verletzt.« Sie zuckte bedauernd mit den Schultern. »Da kann ich leider nicht helfen, der muss von alleine wieder heilen.« Sie strich ihm über die Nase. »Du kleiner Dummkopf, klar kannst du fliegen. Ein bisschen üben bleibt dir aber nicht erspart, auch wenn du ein Drache bist!«
Covalin hob den Kopf. Meinst du wirklich?
Rolana nickte ernst. »Ja sicher, komm, probier es doch noch mal.«
Covalin erhob sich und streckte die Glieder. Stolz reckte er die Nase in die Luft, faltete publikumswirksam die Flügel auf und drehte sich einmal um seine Achse. Dann nahm er Anlauf, rannte los und erhob sich in die glühende Nachmittagsluft. Seine Schuppen schillerten perlmuttfarben vor dem tiefen Blau. Es sah schon ganz gut aus. Unter den Blicken seiner Bewunderer zog er zwei Schleifen und landete dann unsanft im Gras, doch das störte ihn nicht. Seine Begeisterung kannte keine Grenzen. Gleich mehrmals holte er sich bei jedem sein verdientes Lob ab.
An Weiterfahren war an diesem Nachmittag nicht zu denken. Covalin war von seiner neuen Fähigkeit so begeistert, dass er seine Flugübungen nur noch zum Fressen unterbrach.
*
Das dumpfe Geräusch vom Hufschlag vieler Pferde und die knirschenden Wagenräder auf der Zugbrücke zur Burg rissen Gräfin Lamina von Theron aus ihren Gedanken. Sie eilte zum Fenster und sah in den Hof hinunter. Zwei ihrer Männer trieben acht Pferde durch das Tor herein. Es waren herrliche Tiere, feurig Füchse, noch ungezähmt. Ihnen folgte ein schwerer Wagen, der mit Getreidesäcken beladen war.
Lamina raffte ihren langen Rock hoch und lief den Gang entlang. Auf der Treppe begegnete sie Cordon, der sich höflich verbeugte. Ihre Wangen röteten sich leicht, sie ließ ihren Rock fallen und mäßigte ihren Schritt. Würde sie sich jemals an ihre Stellung als Gräfin gewöhnen? Würdevoll nahm sie den ihr angebotenen Arm und ließ sich von ihrem Verwalter die breite Treppe hinunterführen. Lange hielt sie es jedoch nicht aus, und sie strahlte den alten Mann offen an.
»Hast du schon gehört? Berlon und Thomas sind mit der Pacht von den Gütern zurückgekehrt.« Ihre Augen glänzten. »Sie haben wundervolle Pferde mitgebracht.«
Cordon nickte. »Ja, Gräfin, man hat es mir gemeldet.« Er deutete auf die Pergamentrolle unter seinem Arm. »Und jetzt werde ich alles genau notieren, damit Ihr stets eine schnelle Übersicht über Euer Vermögen habt.«
Die Gräfin runzelte die Stirn. »Wie sieht es aus? Kommen wir gut über den Winter?«
»Aber ja! Der Wiederaufbau von Burg Theron verschlingt zwar mehr, als ich erwartet hätte, doch die meisten Pächter haben ihren Zehnt bereits voll bezahlt. Der Speicher ist voll. Wir können mit gutem Gewissen einen Teil unseres Korns in den Süden oder an die Elben verkaufen.«
Lamina atmete erleichtert auf. »Ich hatte schon Angst, dass meine Pläne zu voreilig waren. Es wäre schrecklich, einen Teil der Ernte zu verkaufen und die eigenen Leute im Winter Hunger leiden zu lassen.«
Sie betraten den Hof, wo die Männer schon dabei waren, die Getreidesäcke vom Wagen zu laden. Cordon trat zu ihnen, entrollte das Pergament, zog die Feder aus der Hülse und begann, die Zugänge für das Lager zu notieren.
Lamina begrüßte Berlon und Thomas. »Wie schön, dass ihr gesund zurück seid und eure Aufgabe so vortrefflich erledigt habt. Gab es Schwierigkeiten?«
Berlon verbeugte sich ergeben. »Die meisten Eurer Pächter haben den Zehnt ohne Ärger entrichtet. Sie haben uns versichert, dass sie Euch dienen wollen, und wünschen Euch viel Glück. Nur im Osten, bei den drei Gehöften von Dijol, hatten wir kein Glück. Die Getreidekammern waren nahezu leer, sodass ich mir nicht vorstellen kann, wie die Menschen, selbst ohne Abgaben, über den Winter kommen sollen. Auch der Viehbestand war mager.« Berlon trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Sie haben uns angefleht, ihnen nicht die letzten Vorräte für den Winter zu rauben. Da wussten wir nicht, was wir tun sollten, und haben ... naja ... wir haben von den drei Gütern nichts mitgebracht.« Er
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