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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Händen auf seinen Armlehnen ab. »Redet weiter!«
    »Eccard Ribe ist ein Betrüger! Das Töten der Jagdbeute Johanns II. bei der Sauhatz muss ein geschickter Streich gewesen sein, denn er ist nicht wie angenommen das Gebiet der Eyder abgeritten, sondern schlug den Weg Richtung Hamburg ein, als er sich allein wähnte.«
    »Was sagt Ihr da!«, schrie der Graf geradezu und sprang wie wild von seinem Sessel auf. »Wohin ist er geritten?«
    »Zu einem Gutshof Eures Vetters Adolf V. an der Bille, wo er sich heimlich mit Gräfin Margarete und dem Propst getroffen hat. Ich konnte ihr Gespräch nicht belauschen, doch wie es scheint, sind sie Verbündete.«
    Marquardus machte eine Redepause, weil er nicht sicher war, ob sein Herr sie nicht vielleicht brauchte. Das Gesicht des Grafen war blutrot, und seine Hände zitterten vor Wut. Doch er schwieg. So sprach der Ritter weiter. »An einer Sache besteht kein Zweifel, mein Fürst: Euer Gefolgsmann Eccard Ribe ist ein Verräter! Ihr habt es gewusst, und ich gestehe meine törichten Fehler ein. Er macht mich zu einem unwürdigen Berater. Vergebt mir, Herr!«
    Gerhard II. setzte sich wieder und atmete schwer. Der Groll über den unglaublichen Verrat des Ritters ließ seinen Brustkorb beben, und er ließ ihn darüber hinwegsehen, dass Marquardus an ihm gezweifelt hatte. Warum auch immer, er hatte geahnt, dass Eccard Ribe nicht zu trauen war. Trotz seiner blinden Augen sah er manches Mal mehr als die Sehenden. »Habt Ihr sonst noch etwas beobachtet, was uns nützlich sein könnte?«
    »Ja, das habe ich«, sprach der Ritter und konnte sich erneut ein Niesen nicht verkneifen. Dann aber folgte er dem zuckenden Finger des Schauenburgers, der ihn zu sich befahl. Leise und bloß ins Ohr des Fürsten, flüsterte der Ritter jene Kleinigkeit, die ihm eines nicht allzu fernen Tages mit Sicherheit die Möglichkeit geben würde, den entscheidenden Schlag gegen Eccard Ribe zu führen, um diesen Verräter ein für alle Mal loszuwerden.
    Gerhard II. hatte sich wieder etwas gefasst, denn auch er erkannte die Möglichkeit hinter Marquardus’ Worten. »Nun gut, dann lasst uns hoffen, dass der Schnee uns nicht allzu lange davon abhält, unseren Feinden zu zeigen, was mit Verrätern passiert.«
    »Ich werde dafür beten, mein Fürst.« Marquardus war erleichtert, dass diese Situation so glimpflich abgelaufen war. Er kannte seinen Herrn und wusste, dass dieser zu Schlimmem fähig war, sobald sein Zorn geschürt wurde. Gerade wartete er darauf, aus seiner Pflicht entlassen zu werden, um sich endlich an ein wärmendes Feuer setzen zu können, als ein Diener hereinkam.
    »Herr, ein Bote für Euch.«
    »Woher kommt er?«, fragte der Schauenburger.
    »Aus Hamburg.«
    Der gesamte Saal schien die Luft anzuhalten.
    »Interessant«, begann er bedrohlich ruhig. »Lasst ihn nur eintreten.«
    Der Mann kam mit forschen Schritten und wehendem Mantel herein. Sofort beugte er sein Haupt. »Ich bringe Nachricht vom Propst Albrecht von Schauenburg.«
    »Was für Nachricht?«
    Der Bote machte sich daran, das Pergament zu entrollen, doch er kam nicht weit.
    »Sagt es gefälligst in eigenen Worten. Ich will nicht warten.«
    »Der ehrenwerte Propst von Hamburg bittet darum, dass Ihr in die Bedingungen einer Sühne einwilligt, die er als Dritter anberaumt hat, wie es üblich ist. Er schreibt, dass Graf Johann II. dazu bereit wäre, die Fehde zu beenden, wenn Ihr einwilligt, ihm das Waldstück bei Hamburg, in dem es zur Ehrenkränkung gekommen ist, zu überlass…« Der Mann hatte seine Worte nicht beenden können, da brüllte der Graf vor ihm auch schon los.
    »Er wagt es …!« Gerhard II. sprang auf und drohte dem Boten mit seiner Faust, woraufhin dieser erschrocken zurückwich. Dann brüllte er weiter. »Was für eine Unverschämtheit. Dieser Hurensohn! Dieser Bastard! Dieser Hundsfott …!« Seine Flüche wurden immer lauter. Er war außer sich vor Zorn und lief mittlerweile vor seinem edlen Gestühl auf und ab. Die Dreistigkeit seines Vetters kannte offenbar keine Grenzen. Er hatte ihn unterschätzt. Noch vor einigen Tagen wäre eine Sühne von Seiten Johanns II. durchaus annehmbar gewesen, doch jetzt, wo er die Wahrheit über die vermeintliche Ehrenkränkung im Wald kannte, kam ihm das Schreiben des Propstes vor wie eine Ohrfeige. Offensichtlich wollte sein Vetter ihn zum Narren halten, doch das würde er noch bereuen. Gerhard II. blieb ruckartig stehen. Ihn und den Boten trennte jetzt noch eine Mannslänge. Sein Herz

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