Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
Vom Netzwerk:
Gefolgschaft den Anschluss verloren hatte – im Gegenteil.
    »Ich kann es nicht lassen. Es bereitet mir einfach eine zu große Freude, schneller als alle anderen zu sein.« Dann fügte er noch mit nicht zu überhörendem Stolz hinzu: »Mein fehlendes Auge ist kein Hindernis für mich. Noch immer reite ich allen davon.«
    »Ich habe nichts anderes erwartet«, gestand Walther schmeichelnd, während er seiner Stute den Hals klopfte.
    Der Graf blickte auf die Braune herab. »Ein prächtiges Pferd, nicht wahr? Dass sie so schnell ist, habe ich allerdings nicht gewusst. Seht Euch also vor, Spielmann, wenn der Eber Euch heute aufspießt, wäre ich wohl gewillt, mein Geschenk zurückzunehmen.« Das schallende Gelächter des Schauenburgers drang weit durch die Bäume. So weit, dass es schließlich von den Bracken des Grafen Gerhards II. vernommen wurde und diese losbellten.
    »Was war das?«, fragte der Fürst seine Ritter und horchte. Die Männer waren der Hundemeute bis vor Kurzem noch im fliegenden Galopp gefolgt, nun hatten sie die Spur verloren und trabten etwas orientierungslos einen Weg entlang.
    »Ich weiß es nicht, Herr«, gab Lüder von Bockwolde zu. »Die Hunde scheinen wohl eine Spur zu haben.«
    »Aus welcher Richtung kam das Geräusch?«
    »Ich würde sagen aus dieser Richtung«, sagte Ulrich von Hummersbüttel und zeigte nach Südosten.
    »Nein, das Geräusch war hinter uns!«, widersprach Giselbert von Revele entschlossen, worauf Heinrich von Borstel ihm beipflichtete.
    »Was seid Ihr eigentlich für nutzlose Weiber?«, rief der Graf erbost. »Zuerst verlieren wir den Sichtkontakt zur Meute, und jetzt könnt Ihr mir noch nicht einmal sagen, in welcher Himmelsrichtung sie sich befindet. Los, wir trennen uns. Marquardus, Ihr kommt mit mir, und ihr anderen reitet nach Süden und Norden. Und ich sage Euch, findet die Hunde besser schnell, wenn mein Vetter heute als Erster ein Schwein zum Kunzenhof bringt, dann spieße ich einen von Euch auf die Saufeder und brate ihn über dem Feuer!« Nach diesen Worten galoppierten er und Marquardus davon.
    Ein kurzes Kopfnicken genügte, um sich aufzuteilen. Lüder, Heinrich und Giselbert ritten nach Norden, während Eccard mit dem grobschlächtigen Ulrich nach Süden hielt.
    In einem leichten Galopp ritten sie nebeneinander. Die Zügel in einer Hand, den Blick stets zwischen die Bäume gerichtet. Doch nichts war zu sehen.
    Es dauerte nicht lang, da wurde Ulrichs Pferd langsamer. Das schnelle Tempo am Anfang der Jagd sowie das mächtige Gewicht des Reiters, der locker das Doppelte wog wie sein Nebenmann, forderten nun ihren Tribut.
    Eccard schaute zu Ulrich hinüber und fragte abfälliger, als er es eigentlich wollte: »Was ist mit Euch, Mann? Wollt Ihr den Gaul lieber führen? In dieser Geschwindigkeit finden wir die Hunde nie.«
    Ulrich von Hummersbüttel stieg die Zornesröte ins Gesicht. Er ärgerte sich gleichermaßen über die Schwäche seines teuren Streitrosses wie darüber, dass Eccard recht hatte. Hielt sein Pferd nicht durch, würden sie die verdammten Hunde niemals einholen. Verbissen erwiderte er: »Kümmert Euch um Eure Sachen, Ribe. Ich komm schon klar.«
    Plötzlich vernahmen sie beide eindeutige Geräusche. Es war ein Schrei, Rufe, Grunzen und Bellen. Sie waren der Meute nah, und die Meute hatte eindeutig eine Witterung aufgenommen.
    Die Ritter sahen einander an. Jetzt musste es schnell gehen, wenn sie die Spur nicht verlieren wollten.
    Eccard drückte seinem Kylion die Waden in die Seiten, auf dass er mühelos das Tempo erhöhte. Die Kräfte des Hengstes waren lang noch nicht erschöpft. Schon bald war er auf und davon.
    Ulrich dagegen hatte arge Probleme hinterherzukommen. Nie hätte er sich die Blöße gegeben zuzugeben, dass sein Hengst am Ende war, doch egal was er tat, das Pferd konnte einfach nicht mehr schneller. Wütend versuchte der Ritter es mit Schnalzen und Tritten anzuspornen, doch der Abstand zu Eccard wurde immer größer. Nur mit Mühe hielt er das erschöpfte Tier überhaupt noch im Galopp. Immer wieder strauchelte es, worauf es nur noch einen Tritt von Ulrich erntete. Dann passierte es: Eine hoch aufragende Baumwurzel wurde ihnen beiden zum Verhängnis. Das schwere Streitross versuchte noch, sein Stolpern mit einem Ausgleichsschritt abzuwenden – jedoch vergebens! Pferd und Reiter überschlugen sich, Ulrich traf mit einem schmerzhaften Schlag auf dem Boden auf und rollte weiter und weiter, bis er an einer Böschung zum Halten kam.
    Eccard

Weitere Kostenlose Bücher