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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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so war es eben nicht zu ändern. Er sprang den Drachen an und merkte erstaunt, dass er sich kraftvoller und schneller bewegte als je zuvor. Der Ring um seinen Hals schien zu leben. Finrael landete Hieb um Hieb gegen das Ungeheuer, doch es gelang ihm anfangs nicht, es ernsthaft zu verletzen. Der Drache spuckte und fauchte, und bald schon war der Talboden übersät mit Feuerlachen. Mehr als einmal wurde Finrael von dem gewaltigen Peitschenschwanz getroffen und segelte durch die Luft, doch wie durch ein Wunder nahm er dabei keinerlei Schaden.
    Der Kampf wogte hin und her, ohne dass einer der beiden Gegner einen Vorteil für sich hätte gewinnen können. Bilder stiegen vor Finraels geistigem Auge auf, Bilder von Drachenjagden und Jungfrauenopfern, die er befohlen hatte, und mit einem Mal verstand er sich selbst nicht mehr. Wie hatte er seinem Land und den Menschen darin so viel Böses zufügen können? All das spielte nun keine Rolle mehr. Es ging nur noch um das Leben des Mädchens, das wie durch ein Wunder errettet vor dem Baum lag und sich nicht zu rühren wagte.
    Gargan der Drache hatte sein Jungfrauenopfer längst vergessen; er würde es diesem frechen Menschen zeigen, der es gewagt hatte, ihn herauszufordern. Und wenn er mit ihm fertig war, würde er sich dieses kleine Dorf vornehmen, das ihm den Köder vor die Höhle gebunden hatte. Er würde das Dorf einäschern und seine Bewohner mit Haut und Haaren fressen.
    Gargan konnte nicht verstehen, wie ein gewöhnlicher Mensch so hoch und weit springen und sich so schnell bewegen konnte. Nicht ein einziges Mal war es ihm gelungen, den leuchtenden Mann anzuspucken, und die wenigen Treffer mit dem Peitschenschwanz hatte er mehr dem Zufall zu verdanken als seiner Gewandheit. Verwirrender noch – sie schienen seinem Gegner nicht das Geringste auszumachen! Es segelte durch die Luft wie ein Ball, prallte schwer zu Boden – und stand wieder auf, als sei nichts geschehen! Jedes Mal, wenn Gargan glaubte, ihn endlich erwischt zu haben, blitzte dieser Ring an der Halskette des Menschen auf, alles verschwamm, und dann stand er schon wieder woanders!
    Langsam wurde Gargan müde, und in diesem Augenblick durchzuckte ihn ein rasender Schmerz im Unterleib. Der Mensch hatte ihm das Schwert in den Bauch gerammt! Eingeweide, die wie Feuer brannten, quollen aus dem tiefen Schnitt, und zum ersten Mal in seinem Leben empfand Gargan so etwas wie Angst. Dann plötzlich gab es einen weiteren gewaltigen Schlag, und er fiel mit der Schnauze vornüber in den Sand.
    Gargan spürte seinen Körper nicht mehr. Er konnte nicht mehr atmen, nicht mehr spucken, nicht mehr brüllen. Er verdrehte die Augen und erkannte mit erlahmender Klarheit, was geschehen war. Der Mensch hatte ihm den Rumpf abgeschlagen. Ein gewaltiger kopfloser Drachenleib stolperte durch den Talkessel, als gehörte er überhaupt nicht zu Gargan und als betrachtete Gargan alles aus weiter Ferne. Doch es war sein Leib, der dort lange Schlingen von Eingeweiden hinter sich her zog, während hohe Blutfontänen aus dem Hals schossen und sich die Kloake stinkend entleerte, bevor er zusammenbrach und zuckend liegen blieb.
    Der Ring um den Hals des unheimlichen Wesens strahlte hell wie die Sonne. Dann senkte sich Schwärze über Gargan, und er dachte überhaupt nichts mehr.
     
     
    Der Wind hatte die Wolkenbänke zerrissen, und zum ersten Mal seit Monaten fand die Sonne ihren Weg in den kleinen Talkessel mit dem toten Drachen, Finrael und dem kleinen Mädchen. Leuchtende Strahlen fingen sich in dem goldenen, wunderbar leichten Ring um Finraels Hals und blendeten das Mädchen, das die Stirn kraus zog und die Augen zusammenkniff. Und Finrael der Helle lächelte.





 
     
    H ORST VON A LLWÖRDEN
     
    E IN REINES H ERZ
     
     
     
    »In der ganzen großen weiten Welt gibt es keine Magie, keinen Zauber und keine Geister, Bevin«, dozierte Thiam.
    Ich tat, als hörte ich ihm zu, sonst würde er mir wieder eine Ohrfeige versetzen. Ich mochte den hageren Mann nicht sonderlich, aber er war nun mal mein Herr und Meister, außerdem hatte ich zu essen und zu trinken, er bot mir Schutz, und in seiner Begleitung sah ich die Welt (und das war schon immer mein Traum gewesen).
    Ab und zu sagte ich an der richtigen Stelle etwas Zustimmendes oder nickte. Thiam hatte Vater einen ganzen Beutel Münzen bezahlt, um mich als Dienstboten und Lehrling mitzunehmen. Ich führte Merzad, unseren Esel, der den Karren mit Meister Thiams Elixieren zog, seinen Pülverchen,

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