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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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Herr, ich bin Euch gleich behilflich.« Er wandte sich an den Jungen. »Du, Bürschchen, nimm dir den Besen, geh nach hinten, und mach dich schon mal nützlich.«
    Der Junge tat, wie ihm geheißen, und nach einer Weile, in der es hinter ihm geschäftig rumorte, hörte er, wie die Tür nach draußen geöffnet und wieder geschlossen wurde. Er stellte den Besen beiseite und spähte um den Türstock herum in den Raum mit dem Tresen.
    Darauf stand noch immer das Glas. Allerdings nur noch mit der Flüssigkeit gefüllt.
    Der Kopf war verschwunden. Wie auch der Reiter.

II.
     
    »Hogarth… dein Name will mir noch immer nicht gefallen, Bürschlein.« Der alte Mann schüttelte den Kopf, als bereite ihm der Junge größte Sorgen.
    Dieser zuckte nur stumm die Achseln und fegte weiter, wo es nichts zu fegen gab. Der alte Mann hatte diese Worte nicht zum ersten Mal gesprochen, und Hogarth hatte nur ein einziges Mal, ganz am Anfang, darauf geantwortet.
    »So?«, hatte er missmutig gefragt. »Habt Ihr denn einen schöneren Namen, Herr?«
    Der alte Mann hatte ihn daraufhin schweigend angesehen, so lange, bis Hogarth den Eindruck hatte, der Alte würde durch ihn hindurchsehen, irgendwo hin, wo nicht jedermanns Blick hinreichte. Und schließlich sagte er: »Ich habe ihn seit so langer Zeit nicht mehr gehört, meinen Namen, dass ich ihn vergessen habe.« Der alte Mann hob die breiten, aber gebeugten Schultern, als müsse er sich dafür entschuldigen. »Andererseits, was gilt schon ein Name, noch dazu hier?« Mit vager Geste wies er um sich, lächelte und schüttelte erneut den Kopf. »Nein, einen Namen machen wir uns hier nicht.«
    Was allerdings in dieser Hütte wirklich ›gemacht‹ wurde, darüber war Hogarth sich noch immer nicht im Klaren. Obwohl er nun schon seit… ja, wie langer Zeit eigentlich hier war?
    Zeit war für Hogarth – neben anderen Dingen – zu einer merkwürdigen Angelegenheit geworden. Er hatte das Gefühl für sie vollkommen verloren, und so war es ihm nicht möglich, zu schätzen, wie lange es her war, dass der kopflose Reiter ihn in der Hütte des alten Mannes abgeliefert und… ja, eingetauscht hatte gegen den fauligen Trollkopf aus dem Glas. Die Zeit schien einen weiten Bogen um diesen Ort zu machen, und die Tatsache, dass es keine Fenster gab (wenigstens keine, die einen Blick nach draußen erlaubt hätten, um Tage und Nächte zu zählen) trug ganz erheblich zu Hogarths Gefühl des Zeitverlustes bei. Ja, wie lange mochte er nun schon hier sein?
    Lange. Dessen zumindest war er sich sicher. Und in jedem Falle lang genug, dass er hätte wissen müssen, was der alte Mann trieb und zu welchem Zwecke. Aber Hogarth wusste es nicht, denn was immer der Alte tat, er tat es hinter verschlossenen Türen. Und die wenigen Dinge, die der Junge zu sehen bekam, genügten nicht, um Schlüsse daraus zu ziehen.
    Andererseits beklagte sich Hogarth nicht; er hatte nämlich, schlicht gesagt, einfach keinen Grund dazu. In der Obhut des seltsamen Alten ging es ihm besser denn je zuvor: Er hatte ein Dach über dem Kopf, schlief in einem richtigen Bett und bekam anständig zu essen. Drei Dinge, die in Hogarths jungem Leben bislang eher die Ausnahme gewesen waren. Und im Gegenzug musste er nur wenig dafür tun.
    Denn der alte Mann hielt Hogarth keineswegs wie einen Knecht oder gar Sklaven, er ließ ihn nicht Stunde um Stunde schuften. Nein, der Junge hatte lediglich den Boden zu fegen, die Regale in Ordnung zu halten, die Dinge darin abzustauben und dergleichen mehr.
    Nein, im Grunde fehlte es Hogarth an nichts; von seiner Freiheit einmal abgesehen. Wenngleich der alte Mann ihm nie das Gefühl vermittelt hatte, ein Gefangener zu sein. Auch ein ausdrückliches Verbot zu fliehen war nie ausgesprochen worden. Nur… eine Flucht war unmöglich.
    Natürlich hatte Hogarth versucht, aus der Hütte zu verschwinden, ein ums andere Mal sogar. Allein, Erfolg war keinem seiner Versuche beschieden gewesen. Die Tür, durch die er die Hütte seinerzeit betreten hatte, ließ sich wohl öffnen – nur führte sie nicht länger ins Freie, sondern… zurück in eben denselben Raum, den Hogarth zu verlassen trachtete; in das Zimmer mit dem Tresen. Blieb er auf der Türschwelle stehen und schaute er sich nach hinten und nach vorne um, sah er ein- und denselben Raum buchstäblich doppelt!
    Und der Merkwürdigkeiten, auf die Hogarth stieß, waren damit noch lange nicht genug.
    Sein anfänglicher Eindruck etwa, dass die Hütte mehr Räume umfasste, als es

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