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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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aufrecht schreiten und dem Gegenüber stolz ins Auge sehen. Mit ihnen zu sprechen ist fast unmöglich, so unstet gebärden sie sich. In der Schlacht entpuppen sie sich als kühne Kämpfer, die sich furchtlos für die Befreiung ihres Volkes und der ganzen Westmark vom Joch der Vampire opfern.
    Die Riesen sind gutmütige Tropfe, verlässlich und zäh; ihre Demütigung unter den Vampirkönigen indessen hat dazu geführt, dass sie nun umso mehr auf ihre Ehre bedacht sind und sich von Nichtigkeiten und Irrtümern beleidigen lassen; wer aber einen Riesen erzürnt, der kann den Göttern danken, wenn er das Licht des nächsten Morgens erblickt.
    Und dann gibt es uns Menschen, klug und schwach, aber zahlreich, einst das Schlachtvieh der Vampirkönige, nun durch unsere Beharrlichkeit und Erfindungsgabe ihr Untergang. Der Schillernde, unser zauberkräftiger Heerführer, ist ein Mensch, und er führt uns in eine freie und friedliche Zukunft.
     
     
    Wir ziehen durch Hygron: Ödland, auf dem sich einst fetter Weidegrund mit fruchtbaren Äckern abwechselte. Heute aber ist das Land verdorrt, denn hier war die letzte Walstatt – hier unterlag König Alerichs Heer den Zauberkünsten der Vampirkönige, und bis heute ist das Land davon gebrandmarkt. Nichts außer den anspruchslosesten Pflanzen kann hier gedeihen. Wie, so frage ich mich, haben die Vampire es eigentlich angestellt, hier über Jahrhunderte hinweg zu überleben, ohne sich gegenseitig anzufallen, sobald die Beute knapp wurde?
    Hinter mir höre ich ein Schnaufen, und als ich mich umblicke, kauern zwei kleinwüchsige Alben hinter mir. Leise tuscheln sie miteinander und tauschen wissende Blicke aus; feixend huschen sie weiter. Vampirschnüffler, die Agenten des Feindes in unseren Reihen aufspüren sollen. Immer wieder gelingt es Vampiren, sich verwandelt unter uns zu mischen. Die meisten werden rasch entdeckt, denn in aller Regel ist ein Vampir zu arrogant, sich mit unseren Gewohnheiten zu beschäftigen; dann aber verrät er sich durch Unwissen. Nur wenige sind gewiefter und darum besser zum Spion geeignet – so jemand versteht es, sich als einer der Unseren auszugeben; sie haben schon viel Schaden verübt. Die Vampirschnüffler aber, besonders begabte und oft körperlich missgestaltete Alben, erkennen sie an einem typischen Geruch, welche Vampire ausdünsten und der für die meisten Alben ebenso unbemerkbar ist wie für Menschen oder gar Riesen mit ihren weniger geschärften Sinnen. Man munkelt, in der Ahnenreihe der Schnüffler gebe es Hexenblut, und deshalb könnten sie ihre Verwandten, die Vampire, leichter erkennen.
     
     
    Und dann stehen sich die Heere gegenüber: Reihe um Reihe nehmen die Krieger Aufstellung. Ich stehe in der ersten Reihe, neben mir andere erfahrene Söldner, alle in eisenbeschlagenen Lederwämsern und geschmiedeten Helmen, am Wehrgehenk ein Schwert und einen Dolch. Wie die Stacheln eines aufgeregten Igels ragen unsere Speere hervor.
    Bald schon sehen wir den Feind; knapp vor dem Waldrand hat er Aufstellung genommen, doch im Gegensatz zu uns muss er sich verteidigen – wir sind auf dem Vormarsch. Das Reich der Vampirkönige wankt; bald zermalmen wir es unter unseren Stiefeln.
    Drüben sehen wir sie stehen: ihre arroganten weißen Gesichter mit den rötlichen Augen und hellgrauen Haaren, angetan mit Spiegelrüstungen, die jeden gegen sie gewirkten Zauber zurückwerfen. Bizarre Vorsprünge an den Schultern und an Brust und Rücken sollen dem Feind schon aus der Ferne Furcht einflößen. Drohend schwenken sie grausam gezackte Schwerter, Spieße mit Sägeschneiden und von einem Dorn gekrönte Rundschilde.
    Das Horn bläst zum Angriff, und wie ein Mann, wie ein einziges massiges Wesen dringt unser Heerbann gegen die Haufen des Feindes vor.
    Auch nach einer siegreichen Schlacht entzieht sich das Grauen der Beschreibung durch bloße Worte. Jung liegt tot neben Alt, Mensch neben Riese, Alb neben Vampir. Wer tot ist, hat es hinter sich; weh aber dem, der nicht tot ist, sondern schwer verwundet, denn er wird langsam sterben, ohne Wasser, ohne Trost und ohne Hoffnung auf Rettung. Der Schillernde muss all seine Zauberkraft darauf verwenden, die magischen Angriffe der Vampirkönige abzuwehren. Ohne dass wir etwas davon bemerken, beschirmt er uns vor den Vampiren und leitet ihre arkane Kraft in den Abyssus zurück, den Höllenschlund, aus dem sie stammen und von wo sie noch immer Zaubermacht beziehen. In höchster Not, so heißt es, beschwören sie von dort die

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