Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
Vom Netzwerk:
Dunkelkrieger herauf, die in der Sprache der Schatten Abys-Khel heißen. Will er das verhindern, kann der Schillernde seine Zauberkraft nicht auf Heilung verwenden.
    Man lässt freilich niemanden auf der Walstatt verschmachten, sondern gibt dem hoffnungslos Verwundeten den Gnadenstoß, und das sind fast alle, die es nicht aus eigener Kraft zu einem Feldscherer schaffen. Wichtig ist, die traurige Pflicht vor Einbruch der Nacht zu verrichten, denn im Dunkeln kommen die Plünderer der Vampire aufs Schlachtfeld, und wer ihnen lebend in die Hände fällt, den erwartet ein Schicksal schlimmer als der Tod: Die Seelen ihrer Opfer fahren in den Abyssus, wo der Graue Herrscher sich an ihnen labt wie zuvor die Vampire an ihren Leibern. Dann schon lieber ein sauberer Tod durch das Schwert und in Allvaters Halle einziehen! Und wir verhindern, dass die Vampire ihre eigenen Verwundeten bergen und auf ihre abscheuliche Weise heilen.
    Wie viele ich am Abend nach der Schlacht vor ihrem grausigen Schicksal bewahrte, weiß ich nicht, doch ich entfernte mich dabei weit von meinen Kameraden. Als ich mich gerade nach einer hübschen Fibel bückte, die ein Toter nicht mehr brauchte, hörte ich hinter mir ein Rascheln.
    Aufspringend fuhr ich herum und hob mein Schwert, doch sah ich niemanden, bemerkte aber, dass ich unvorsichtig einem gut zehn Schritt durchmessenden und ebenso weit entfernten Gehölz den Rücken zugekehrt hatte, ohne es zuvor zu durchsuchen.
    Solch ein Schnitzer kann einem leicht das Leben kosten, dachte ich. Der Tag war hart, und du bist müde, daran liegt es.
    Mit bereitgehaltenem Schwert drang ich in das Buschwerk vor. Unansehnliche Blätter streiften mir über die nackte Haut an Händen und Unterarmen. Die Hexenkraft, die noch immer diesen Boden verseuchte, hatte die Pflanzen nicht unbehelligt gelassen. Fahl und gräulich sahen sie aus. Eigentlich ein Wunder, dass hier überhaupt etwas gedieh! Andererseits war auch der Wald schon wieder weit auf das verdorrte Land vorgedrungen.
    Als ich ganz zwischen den übermannshohen Büschen verschwunden war, ereilte mich ein eigentümliches Gefühl der Verlorenheit. Im nächsten Moment erhaschte ich im Zwielicht – die Sonne strebte schon zur Erde – eine Bewegung, und dann sah ich ihn: einen Vampir. Ich schüttelte die merkwürdige Beklemmung ab und trat näher. Der Vampir lag blutend am Boden, in seiner Brust klaffte eine Schwertwunde; ein Wunder, dass er noch lebte und bei Bewusstsein war. Eine Waffe sah ich nicht. Doch ohne sagen zu können weshalb, zögerte ich, ihn zu töten. Lag es daran, dass er nicht auf mein Schwert blickte, sondern mir bittend in die Augen? Worum sollte ein Vampir mich bitten? Das Gnädigste, was er erhoffen konnte, war doch ein rascher Tod!
    Trotzdem ließ mich der Blick dieser wässrig-rötlichen Augen nicht los, und das Gefühl der Beklemmung kehrte erneut zurück; mir war, als bäume sich alles in mir auf, ohne dass ich hätte sagen können, wogegen eigentlich. Als sei etwas grundlegend falsch. Auf Vampire reagierte man nicht mit solchen Aufwallungen, sondern tötete sie, bevor sie einen selber töteten oder gar fingen. Ich musterte den Liegenden. Er hatte den rechten Arm ausgestreckt und berührte mit den Fingerspitzen fast eine verstöpselte Glasphiole, die neben ihm im Laub lag. Offenbar war sie seinen kraftlosen Fingern entglitten.
    Warum stieß ich nicht zu und machte ihm ein Ende? Hatte er mich in einen Bann geschlagen?
    Zögernd, ohne dass er hinsah, näherten sich seine Finger der Phiole, ertasteten das Fläschchen, rollten es heran, sodass sie es umfassen konnten, und schlossen sich darum. Ich konnte nicht anders, ich beobachtete ihn fasziniert. Langsam und vorsichtig zog der Vampir den Arm an den Leib, hob – ohne den Blick von meinem Gesicht zu nehmen – die andere Hand und zog den Stöpsel, einen Korken, dessen Farbe ich nicht genau bestimmen konnte: Einmal erschien er mir hell und neu, dann wieder grünlich, wie von Schlick. Es musste am Licht liegen. Sehr langsam träufelte der Vampir sich nur wenige Tropfen einer seimigen Flüssigkeit auf die Wunde, und was ich daraufhin sah, konnte ich kaum fassen: Wo ein Tropfen in die Wunde fiel, schoben die Wundränder sich von innen nach außen zusammen und verwuchsen zu einer rötlichen Naht, die sich schaurig von der milchweißen Haut abhob. Der Vampir verstrich den Balsam auf den letzten noch wunden Stellen, und schon nach wenigen Atemzügen zeigte sich anstelle einer Verletzung, aus der ihm

Weitere Kostenlose Bücher