Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman
wurde zu wiederholen, Israeli. Wenn überhaupt etwas, dann war er natürlich Palästinenser, Bürger eines nicht existierenden Landes.
Aber statt uns zu sehr in die Ironie des Schicksals meines Vaters zu vertiefen, eines Juden und Palästinensers, eines Angehörigen des britischen Empires und Staatsbürgers von nirgendwo, sollten wir bedenken, dass er in sein Geburtsland hätte zurückkehren können. Dafür hätte er nur den freundlichen Einwanderungsbeamten am Flughafen Lydda seine Papiere zu zeigen brauchen, und wir wären (zu gegebener Zeit, nach gründlicher Überprüfung unserer jüdischen Abstammung) eine israelische Familie geworden. In diesem Sinne war er kein echter Palästinenser; eher ein Palästinenser durch Unterlassung. Aber mein Vater (oder war es meine Mutter?) wollte immer noch nicht emigrieren. (Als er schließlich zurückkehrte, lag er, wie bereits angedeutet, in einer Bleikiste, aber das brachte die Behörden nicht aus der Fassung. Sie sind es gewohnt, dass ihr Volk in Särgen zurückkehrt.)
Mein Vater lebte vierunddreißig Jahre lang in England. Während dieser Zeit bemühte er sich dreimal um die Staatsbürgerschaft. Mir kommen die Kämpfe meines Vaters mit der britischen Einwanderungsbehörde vor wie ein Boxkampf, in dem er seine Handschuhe nicht finden konnte. Dreimal wurde er abgelehnt. Die erste Ablehnung war ein
Stoß in die Magengrube. Die zweite war eine Ohrfeige. Die dritte war ein Schlag auf den Kopf, von dem er sich nicht mehr erholte.
Damals wusste ich nichts davon. Ich wusste überhaupt nichts, bis Onkel Saul es am Küchentisch in Kiriat Shoshan genauso über mir abwarf wie seine anderen Bomben. »Dein Vater hat deine Mutter nicht geliebt«, sagte er; und dann: »Weißt du eigentlich, dass dieses Land England, das du angeblich so liebst, deinem Vater dreimal die Staatsangehörigkeit verweigert hat? Dass sie ihn dreimal verletzt haben, ein Stoß in die Magengrube, eine Ohrfeige, ein Schlag auf den Kopf, ganz zu schweigen von dem, was sie uns angetan haben, das Leid, das sie hier angerichtet haben, sodass wir sie mit Bomben in die Luft jagen mussten?«
Aber. Das ist eine andere Geschichte.
Solange ich denken konnte, hatte die blau-weiße Sammelbüchse des Jewish National Fund auf unserem Bücherregal neben dem Shabbatleuchter gestanden, und in meinem Zimmer hing ein gerahmtes Pflanzzertifikat für einen Baum in den Hügeln von Judäa. Ich konnte mich nicht erinnern, ihn gepflanzt oder sonst irgendwie dazu beigetragen zu haben, außer vielleicht dadurch, dass ich geboren war. Ich hätte jedem Lehrer die genaue Lage Jerusalems nennen können, den Wechselkurs für die Lira, die Übersetzung des Flugliniennamens El Al Israel, was für ins Gelobte Land auf Adlerschwingen steht, und tausend andere Kleinigkeiten, um meine exotische Herkunft zu belegen, auf die ich Wert legte. Aber die blau-weiße Landkarte auf der Büchse, die mir so vertraut war wie mein eigenes Gesicht, war ein Zuhause und doch kein Zuhause; und die Karte in meinem Atlas vom alten Weib Britannien, das seine Klaue in den Atlantik taucht, war ebenfalls ein Zuhause und doch kein Zuhause: Mich zwischen ihnen zu entscheiden, war
mir schon mit zehn Jahren unmöglich. Meine Mutter lehrte mich, die Liebe zu Zion sei eine Tugend, während die Liebe zu Albion mit Schuld beladen sei; aber sie war selbst zwiegespalten. Ihr Lieblingsgedicht war »O to be in England«, aber »Nächstes Jahr in Jerusalem« war das Gebet, das sie am meisten bewegte.
Sie sorgte dafür, dass wir nicht vergaßen, dass wir Fremde in einem fremden Land waren. Und doch war sie im Sommer 1954, als sie das erste Mal in Haifa von Bord ging, entsetzt vom Schmutz und von der Rückständigkeit des jüdischen Staats und schockiert, wie viele Araber dort noch lebten. Es war die größte Enttäuschung ihres Lebens, und das verzieh sie sich nicht. Vermutlich wurde ihr damals schon klar, dass sie nie emigrieren würde; es zuzugeben wäre jedoch einem unvorstellbaren Betrug gleichgekommen. Und so erhielt sie das Märchen, es zu beabsichtigen, aufrecht und lebte im Herzen das Leben einer Ausländerin. Wir standen auf dem Hügel und betrachteten den Surprise View. Ich sagte zu meiner Mutter: »Ist das nicht schön?« Und sie antwortete mit den paar Worten Hebräisch, die sie beherrschte: » Aval se lo shelanu . Aber es gehört nicht uns.«
Wir lebten immer in Aufbruchstimmung, verschoben unsere Pläne von einem Sommer auf den nächsten, während die, die offenbar
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