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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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Oberfläche des Fischteiches spiegelte, dann waren ihre Strahlen nicht mehr jene brüchigen Finger, die den klirrenden Frost durchbrachen, sondern die Kraft, die wieder alles erblühen ließ und auch Johannes Gewissheit schenkte, dass der Segen Gottes und die Fülle des Lebens Loccum nie ganz verlassen, nur geruht hatten, um nach einer langen Zeit des Fastens alle Geschöpfe neu zu beseelen.
    Eines Tages hatte der Junge wie jeden Morgen in der Küche des Konversentrakts zu tun, als er aus dem Augenwinkel bemerkte, dass jemand in der Tür stand. Er drehte sich um und erblickte völlig überrascht seinen Vater.
    Voll Freude lief er auf ihn zu, umarmte und drückte ihn mit aller Kraft.
«Johannes!», war das einzige, was der Vater in diesem Moment von sich geben konnte, bis die beiden voneinander ließen und sich ansahen. Die Augen des Jungen waren voller Tränen, aber wie dem Vater stand auch ihm die Freude im Gesicht. Dann erblickte er nur einen Schritt entfernt einen weiteren Mann.
«Hermann!», rief er, lief auf seinen Bruder zu und umarmte auch ihn.
Wenige Augenblicke später hatten die drei in der Küche Platz genommen, und Johannes erzählte, erzählte ohne Pause von seinem neuen Leben im Kloster, wohl eine Stunde lang, bis er wieder in der Gegenwart angekommen war, die beiden Besucher ansah und ein Gefühl von Wehmut in ihm aufkam.
«Wo ist Mutter?», fragte er die beiden.
«Aber Johannes», sagte Hermann. «Du musst doch am besten wissen, dass dieses Kloster von Frauen nicht betreten werden darf.»
Johannes nickte, und zum ersten Mal schwieg er.
Hermann erzählte von zu Hause. Von einem harten Winter. Von den Feldern, die nun vielversprechend in Blüte standen. Dann erst kam er auf das, was alle bewegte.
«Du fehlst uns sehr. Wir denken oft an dich, und du bist in unseren Gebeten allzeit bei uns. Oftmals, wenn ich einen Weg entlanggehe, erinnere ich mich daran, wie wir ihn früher gemeinsam gegangen sind. Und bei den Mahlzeiten ist jetzt ein Platz leer, und wir wünschen uns, dass du wenigstens einmal wieder bei uns sein kannst.»
«Mir geht es genauso», sagte Johannes. «Oft bringt mich eine Kleinigkeit dazu, in Gedanken auf unseren Hof zu wandern und mir vorzustellen, was ihr gerade tut, ob es euch wohl gut geht. Und dann wünsche ich, bei euch zu sein, und weiß gar nicht mehr, ob es damals richtig war, den Hof zu verlassen. Immerhin lerne ich hier sehr viel. Das Kloster ist ein interessanter Ort. Aber es ist auch ein Ort der Einsamkeit.»
Schweigend saßen die drei beieinander. Dann war es Zeit, auseinanderzugehen. Der Junge blickte dem Vater und dem Bruder nach, als beide in Richtung Pforte davongingen, sich noch einmal umwandten, ihm zuwinkten. Minuten später stand er dort noch immer, blickte auf die geschlossene Pforte, geschlossen nicht nur für die Menschen dort draußen, sondern auch für ihn, der getrennt war von allen, die er liebte, von der Welt jenseits der Mauern, die – so wusste er – eine andere Welt war, nicht bestimmt von den Regeln, die Menschen geschaffen hatten, sondern beherrscht von der Natur, deren Gesetze Gott selbst gegeben hatte. Ein eigentümlicher Gedanke kam in ihm auf: War der Mensch draußen auf dem weiten Feld, im undurchdringlichen Dickicht des Waldes, auf dem schwankenden Boden des Moores Gott näher als im Chor der Klosterkirche? War die von Menschen geschaffene Ordnung der Mönche der richtige Weg, im Geiste Gottes zu leben? War es nicht vielmehr richtig, dass er zurückkehrte zu den Menschen, die er liebte? War es nicht die Liebe und ein ehrliches Herz, was Gott dem Menschen zu bewahren gegeben hatte?
In der Nacht lag Johannes lange wach. Die Müdigkeit holte ihn erst ein, als die Glocke die Laudes ankündigte.
    Im Spätherbst und im Winter war der Junge dankbar, dass er im Scriptorium tätig sein durfte, da der Raum beheizt war. Es gelang ihm inzwischen, Schriftzeichen mit größter Genauigkeit zu kopieren. Allerdings verstand er nicht, was er schrieb. So begann Jordanus den Jungen in der lateinischen Sprache auszubilden. Das war ein langes, mühsames Unterfangen, denn Johannes musste nicht nur Buchstaben zu Worten verbinden und diese Worte und ihre Bedeutungen auswendig lernen. Es galt auch, die Strukturen der Grammatik zu erfassen und verschiedene Formen des Satzbaus nachzuvollziehen. Eher nebenbei lernte der Junge auf diesem Wege die griechische und römische Mythologie kennen. Das war eine neue, faszinierende Welt, und oftmals saßen der Novizenmeister und sein

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