Das Vermächtnis des Templers
Reiter anführte.
«Was erlaubt Ihr Euch», rief er ihm entgegen, «diesen heiligen Ort zu entweihen!»
Der Angesprochene schien wenig beeindruckt und grinste den Abt höhnisch an.
«Überlegt, was Ihr sagt, Mönch!», gab er zur Antwort. «Der König kennt kein Pardon! Entweder Ihr seid friedlich und tut, was wir sagen, oder wir pflügen alles mit dem Schwert um!»
«Dies ist das Haus des heiligen Apostels Michael! Seine Gebeine sind in dieser Basilika beigesetzt!»,
Der Abt deutete hinter sich zur Kirchenpforte.
«Ihr schändet einen der heiligsten Orte dieser Welt. Ihr versündigt Euch am Apostel des Herrn! Und so versündigt Ihr Euch am Herrn selbst! Verlasst augenblicklich das Kloster!»
Entschlossen stellte sich der Abt vor das Pferd des Anführers. Der reagierte ebenso schnell, zog sein Schwert und hielt es ihm an die Kehle.
«Noch ein Laut, und Eure Zeit ist um», sagte er. «Verhaltet Euch ruhig, dann wird Euch und Euren Männern nichts geschehen.»
Er machte eine kurze Handbewegung, und seine Reiter bildeten einen Halbkreis um die Mönche. Der Anführer hielt sein Schwert weiter an die Kehle des Abtes.
«Sind Männer des Templerordens unter Euch?»
Der Abt schüttelte den Kopf.
«Wir sind Benediktiner», antwortete er kurz. «Selten haben wir Ritter zu Gast. Das Ordenshaus der Tempelritter befindet sich innerhalb der Mauern der Stadt.»
«Sind nur Mönche hier?»
«Wir sind ein gastfreundlicher Orden, und wenn Pilger eine Herberge suchen, nehmen wir sie gern auf. Heute Nacht sind es Pilger des heiligen Jacobus von Santiago. Aber wir mögen keine ungebetenen Gäste, die diesen Ort mit ihren Waffen entweihen.»
Auf ein Zeichen stiegen einige Ritter von ihren Pferden, schritten durch die Reihen der Mönche und betrachteten jeden genau.
Johannes wagte kaum zu atmen. Er trug die Mönchskutte, unterschied sich also nicht von den anderen. Aber war es nicht möglich, dass sein ängstlicher Blick ihn verraten konnte? Er versuchte, gleichmäßig zu atmen und seinen Gesichtsausdruck zu beherrschen. Doch zugleich wurde ihm bewusst, dass es ebenso auffällig wäre, seine Furcht ganz zu unterdrücken. Als er zur Seite blickte, sah er, dass auch den anderen Mönchen die Angst ins Gesicht geschrieben stand. Einer der Ritter kam auf ihn zu, stellte sich direkt vor ihn und blickte ihn entschlossen an. Johannes spürte, dass sich dieser Mann der eigenen Macht bewusst war und es ihm großes Vergnügen bereitete, sie auszuspielen. Er erwiderte den Blick des Ritters, senkte dann aber die Augen, denn er durfte diesen Mann nicht provozieren.
Der Anführer rief seine Leute erneut zusammen, und da sie nichts Auffälliges bemerkt hatten, befahl er ihnen, alle Räume des Klosters zu durchsuchen. Sie schwärmten aus. Einige begaben sich in die Küche, andere in den Kapitelsaal, in das Refectorium, und eine weitere Gruppe durchsuchte die Schlafräume der Mönche. Johannes blieb nichts als die bange Hoffnung, dass sie das Schwert und den Bogen nicht entdecken würden. Beides hatte er unter dem Stroh seines Bettes verborgen und das übrige Gepäck mit dem Pilgermantel darüber gelegt.
Nach und nach kamen die Ritter in den Kreuzgang zurück. Als letztes erschienen jene, die das Dormitorium durchsucht hatten. Johannes konnte ihre Gesichter in der Dunkelheit nicht erkennen. Hatten sie seine Waffen gefunden? Es gäbe für ihn weder die Möglichkeit zu kämpfen noch die Chance zu fliehen. Er wagte nicht, sich zu bewegen. Gebannt beobachtete er, wie auch diese Männer dem Anführer Bericht erstatteten.
Der senkte sein Schwert, befahl seinen Leuten aufzusitzen und blickte dem Abt in die Augen.
«Ihr seid mutig, Mönch. Möge der Herr auch weiterhin mit Euch sein.»
Dann machte er kehrt und trieb sein Pferd quer über den Kreuzgang zur Pforte. Die anderen Reiter folgten ihm. Augenblicke später war es so still, dass Johannes seinen eigenen Herzschlag hören konnte.
Der Abt hatte ihn noch vor Beginn der Komplet zu sich bestellt. Als Johannes den Raum betrat, erhob er sich, trat auf ihn zu, umarmte ihn und gab ihm den Bruderkuss.
«Junger Mönch», begann er. «Ihr seid mit Jacobspilgern unterwegs. Das findet man selten.»
Er schwieg einen Moment, so als wollte er Johannes die Möglichkeit geben, etwas zu sagen.
«Wir Benediktiner folgen dem Vorbild des Herrn. Ihr seid uns willkommen. Doch als Abt habe ich zugleich die Sorge um diesen heiligen Ort. Bruder Theoderich teilte mir mit, dass Ihr einen Bogen bei Euch habt. Wenige sind dazu auserkoren,
Weitere Kostenlose Bücher