Das Vermächtnis von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
auf der Hut sein müssen«, flüsterte Nautilus. »Hier scheint Magie im Spiel zu sein!«
3. Kapitel
Die Begegnung mit Wallace, dem Wal
Seine Stimme hörte sich falsch an.
Keiner antwortete, kein Weibchen, kein Gefährte. Niemand kam der Aufforderung zur gemeinsamen Krilljagd nach.
Der Buckelwal Wallace fühlte sich unbehaglich. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Sein Leben war in der letzten Zeit aus den Fugen geraten. Er hatte sich verändert. Früher war er friedlich gewesen, aber jetzt bekam er fast jeden Tag wegen einer Kleinigkeit einen Wutanfall und verspürte dann den Wunsch, etwas zu zerstören.
Mit seinem mächtigen Leib stieß er gegen Schiffsbäuche und warf Fischerboote um. Manchmal trieben nach einer solchen Aktion Menschen im Wasser, ruderten verzweifelt mit den Armen und schrien um Hilfe. Der neue Teil von Wallace wollte sie unter Wasser drücken und so lange festhalten, bis sie sich nicht mehr rührten. Doch der alte Teil, der Retterinstinkt in ihm, ließ das nicht zu. Wenn Wallace ein Boot umgeworfen hatte, dann war seine Aggressivität erst einmal verpufft, und er fragte sich, was ihn dazu getrieben hatte, anzugreifen. Die Menschen im Wasser schrien um Hilfe, aber gleichzeitig schrien sie vor Angst, wenn er sich ihnen näherte. Dabei wollte er ihnen nur helfen … sie über Wasser halten, damit sie nicht ertranken. Zwei Frauen hatte er bis in Ufernähe geschoben und sie hatten sich retten können. Trotzdem hatten sie auf ihn gedeutet, er hörte jetzt noch ihre schrillen Stimmen und spürte ihren Hass …
Etwas war nicht richtig.
Wallace erinnerte sich daran, wie er früher im Meer geschwommen war. Wenn er damals einem Ausflugsboot begegnet war, hatten die Menschen stets freundlich reagiert. Sie hatten aufgeregt auf ihn gedeutet, ihre Fotoapparate hervorgeholt und Bilder von ihm geknipst. Manchmal hatte Wallace ein Boot ganz nah an sich herankommen lassen, dann hatten sich Hände ausgestreckt und versucht, ihn zu berühren. Menschenhände … warm und zart …
Man war ihm mit Achtung und Respekt begegnet. Er hatte ihre Freude gespürt, sie drang zu ihm wie eine warme Welle. Er hatte ihr Lachen gehört, ihre Fröhlichkeit gesehen.
Doch jetzt las er Angst auf ihren Gesichtern, wo immer er auch auftauchte. Wenn er sich zeigte, dann erhob sich lautes Geschrei, Hände wurden zu Fäusten geballt und man drohte ihm. Hass und Wut schlugen ihm entgegen – Gefühle, so dunkel wie die Wolke auf dem Meeresgrund, die er gesehen hatte … damals … bevor irgendetwas mit ihm passiert war … Er erinnerte sich nur undeutlich, aber er wusste, dass seine Veränderung irgendetwas mit der schwarzen Wolke zu tun hatte.
Unglücklich zog er seine Bahnen durchs Meer. Er fühlte sich so einsam wie noch nie. Er wagte nicht mehr, nach anderen Walen zu rufen, weil seine eigene Stimme so fremd klang.
Wallace sehnte sich danach, dass alles so wäre wie früher. Dass die Menschen ihn liebten und nicht in Geschrei ausbrachen, sobald sie ihn sahen. Er wollte wieder mit anderen Walen singen und wünschte sich, dass seine Stimme viele Kilometer weit durchs Wasser getragen würde. Aber wie sollte er so werden wiefrüher? Sollte er zur schwarzen Wolke zurückkehren und hoffen, dass sich dort alles von allein regelte?
In seinem Kummer stieß Wallace einen tiefen langen Klagelaut aus. So einen Ton hatte er nie zuvor von sich gegeben. Das Wasser war erfüllt von seinem Schmerz. Wallace’ Kummer drang bis auf den Meeresgrund, wurde von den Felsen aufgenommen und zurückgeworfen, die Wellen trugen den Laut weiter, Fische spürten den Ton auf ihrer Haut, das Seegras begann zu zittern, Anemonen bewegten ihre Tentakel …
»Was war das?«, fragte Sheila und hielt mitten in der Bewegung inne. Auch Irden bremste und schwamm einen Bogen, um bei dem rasanten Tempo zum Stillstand zu kommen. Spy ließ Marios Rückenflosse los.
»Ein Wal«, erklärte er altklug. »Ein Wal, der sich schrecklich anhört! Vielleicht ist er verletzt und hat Schmerzen.«
»Wir sollten nachsehen, was mit ihm los ist«, drängte Sheila sofort. Der Laut war ihr durch und durch gegangen, sie hatte das Gefühl, als sei er tief in ihr Herz eingedrungen. Es hatte so traurig geklungen …
»Aber wir wollen doch zur Korallenbibliothek«, wandte Mario ein. »Vor uns liegt noch eine weite Strecke, und wenn wir ständig anhalten, dann kommen wir nie an! Außerdem kann der Wal viele Kilometer entfernt sein. Unter Wasser hört man den Schall
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