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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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Allein das Messer blieb am Gürtel hängen, obwohl sich Jenna darüber im Klaren war, dass sie, sollte sie es tatsächlich brauchen, schon so gut wie tot war.
    Die Sonne war untergegangen und die Dämmerung wich langsam der Nacht.
    Jenna biss sich auf die Lippe. Bei dieser Tageszeit konnte man mit Pfeil und Bogen nichts jagen, und sei es noch so groß. Sie konnte bald die Hand vor Augen nicht mehr sehen, und es würde noch Stunden dauern, bis der Mond sein silbernes Gesicht zeigte. Bis dahin blieb ihr nichts anderes übrig, als den Blick von den gelben Laternen des Dorfes abzuwenden, um im Dunkeln besser sehen zu können.
    Lautlos verstaute Jenna den Rucksack und die Taschen in einem Hohlraum unter dem großen Felsblock und deckte sie mit Blättern ab.
    Kaum war das geschehen, wurde die abendliche Stille von einem Schrei zerrissen, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Jennas schlug das Herz bis zum Hals. Hinter dem Felsblock kauernd, hielt sie den silbernen Talisman hoch und versuchte, in der Dunkelheit auszumachen, in welche Richtung die Pfeilspitze ausschlug. Aus dem Dorf hörte sie ein Gewirr entsetzter und verwirrter Stimmen. Die Dorfbewohner suchten wohl nach der Quelle des Schreis.
    Jenna beobachtete, wie sich der Pfeil langsam drehte. Der Dämon bewegte sich, wenig überraschend, irgendwo zu ihrer Rechten. Mehr konnte Jenna bei diesen Lichtverhältnissen nicht erkennen.

    Sie spähte angestrengt hinter dem Fels hervor in die Dunkelheit.
    Nichts.
    »Verdammt!«, fluchte sie unterdrückt. Sie konnte unmöglich gleichzeitig den Talisman und den Bogen bedienen. Doch sie war auf Führung angewiesen, wenn sie den Gorvath mit einem gut gezielten Pfeil überraschen und nicht etwa von ihm überrascht werden wollte.
    Im Dorf waren noch immer das hysterische Schreien einer Frau, Stimmengewirr und die Schritte hin und her eilender Menschen zu hören.
    Wenn sie jetzt nicht handelte, kamen ihr womöglich Menschen aus dem Dorf in die Schusslinie.
    Doch noch immer sah sie im Wald keinerlei Bewegung.
    Jenna fasste sich ein Herz, kroch hinter dem Felsen hervor und ging vorsichtig Schritt für Schritt in die Richtung, in der der Dämon das Dorf verlassen hatte. Den Bogen gespannt, schlich sie mit zusammengekniffenen Augen und gespitzten Ohren durch die Bäume und versuchte etwas auszumachen, das nichts mit dem Vielklang der Geräusche aus dem Dorf zu tun hatte.
    Da … dort bewegte sich etwas.
    Es war eine Gestalt auf zwei Beinen, groß und vornübergebeugt wie ein Bär. Sie entfernte sich vom Dorf und war im Dunkel des Waldes fast nicht zu erkennen.
    Jenna blieb regungslos stehen.
    Bei dem schlechten Licht war schwer abzuschätzen, wie weit der Gorvath weg war. Jenna schätzte aber, dass es durchaus möglich war, den massigen Körper zu treffen.
    Sie hatte nur eine Chance. Mit größter Behutsamkeit spannte Jenna den Bogen an und nahm ihr Ziel ins Visier.
    »He, du! Was machst du da?«
    Von rechts nahten Schritte und der Dämon blieb stehen.
Zwei orangerote Augen, erfüllt mit einem Hass und einer Bösartigkeit, die für Jenna unfassbar waren, durchbohrten sie geradezu hypnotisch.
    Jenna schoss den Pfeil ab.
    Das Surren der Sehne und das Zischen des Pfeils hallten in Jennas Sinnen wider, und sie spürte fast körperlich, wie das Geschoss in sein Ziel eindrang.
    Doch der Blick des Dämons änderte sich nicht.
    Jenna wurde grob am Arm gepackt, jemand riss ihr den Bogen aus den Händen, bedeutungsleere und zusammenhangslose Fragen prasselten auf sie ein.
    Sie aber sah nur die glühenden Augen. Sie hielten Jenna in ihrem Bann und nichts anderes zählte.
    Dann verschwanden sie plötzlich in der Dunkelheit, und Jenna wurde bewusst, dass man sie gewaltsam ins Dorf zerrte.

13
    »Sehr gut, Shanier. Hervorragend.« Lord Vallaine war hoch zufrieden. Sein Schützling hatte bei der Erfüllung der ihm gestellten Aufgaben wieder einmal sämtliche Erwartungen übertroffen. Mit mehr Zeit, so dachte der Hohe Lord des Inneren Auges, hätte er den jungen Thrandorier durchaus zum mächtigsten Zauberer des Jahrhunderts machen können. Der junge Mann verfügte über eine außerordentliche Willenskraft und hatte seine Fähigkeiten noch lange nicht ausgeschöpft, das spürte Vallaine.

    Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass ihm die Seele fehlt, überlegte der verschlagene alte Zauberer. Da er kein Gewissen hat, kümmert ihn nicht, wie sich seine Taten auf andere auswirken, und seine Sinne werden nicht von Gefühlen benebelt. So

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