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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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schöpft er seine inneren Kräfte voll und ganz aus und beherrscht jetzt schon Zaubertechniken, für die andere Jahre brauchen.
    Leider war Zeit genau das, was Vallaine nicht hatte. Seine Macht über den Kaiser von Shandar bröckelte, und wenn er jetzt nicht zuschlug, würde er die Südeinheiten des kaiserlichen Heers nicht nutzen können. Nach seiner siegreichen Rückkehr aus Thrandor würde er aber noch reichlich Gelegenheit haben, Shaniers Fähigkeiten weiterzuverfeinern.
    Nun musste Shanier vollbringen, wofür man ihn ausgebildet hatte: das shandesische Heer gegen Thrandor zu führen.
    Bevor Vallaine den jungen Mann ins Vertrauen zog, wollte er ihn aber noch einer letzten Prüfung unterziehen. Das würde auch die Lords in der Runde beruhigen, die noch immer meinten, Vallaine verschwende mit der Ausbildung des Thrandoriers seine Zeit und könne den Oberbefehl ebenso gut einem von ihnen übertragen.
    Shanier würde die Prüfung bestehen, dessen war sich Vallaine sicher. Trotzdem war er neugierig, wie er sich verhalten würde.
    »Kommt, Shanier, geht ein paar Schritte mit mir. Ich möchte Euch jemanden vorstellen«, sagte Vallaine lächelnd und bedeutete Shanier, mit ihm zu kommen.
    »Selbstverständlich, Lord Vallaine. Was immer Ihr erwünscht«, erwiderte Shanier.
    Vallaine schritt, begleitet von Shanier, durch die Flure des Palastes. Der Hohe Lord trug seine Kapuze nicht, was ungewöhnlich war, denn in den öffentlich zugänglichen Bereichen
des Palastgeländes hatte er den Kopf stets bedeckt. Lord Shanier sprach ihn lieber nicht darauf an. Stattdessen »spielte« er nebenbei mit dem illusionären Dekor.
    Die karg eingerichtete Kammer des Auges mit den thronartigen Stühlen ließ Shanier jedes Mal frösteln. Es war weniger Angst als eine ungute Vorahnung, die sich wie ein kalter Knoten um sein Herz legte.
    Diesmal war es nicht anders.
    Als Vallaine und Shanier durch die große zweiflüglige Tür traten, waren zehn der zwölf Stühle bereits besetzt. Die Lords des Inneren Auges hatten sich versammelt, ohne dass man Shanier vorab über den Anlass der Sitzung unterrichtet hätte. Lord Shanier nahm Platz, äußerlich ruhig und unbeteiligt, doch innerlich schäumte er vor Wut. Wissen war Macht und in diesem Moment war Shanier der Schwächste im Raum. Er schwor sich, dass ihm das nicht noch einmal passieren würde.
    Als Shanier und Vallaine die Kammer betreten hatten, waren die übrigen Lords aufgestanden und hatten ihre Kapuzen ehrerbietig abgesetzt. Der Hohe Lord nahm Platz und die anderen taten es ihm gleich.
    Alle warteten nun darauf, dass Vallaine die Sitzung eröffnete.
    Zum Teufel mit Vallaine und seinen dramatischen Pausen, entrüstete sich Shanier im tiefsten Winkel seines Innern. Der Narr hat in seiner Selbstüberschätzung völlig vergessen, dass seine Stellung als Hoher Lord nur so lange sicher ist, wie keiner von uns sie ihm wegnimmt.
    Die anderen zehn Lords des Inneren Auges waren wie immer damit beschäftigt, im Geist der anderen nach etwas zu stöbern, das ihnen bei ihren Machtspielchen von Nutzen sein könnte. Mehrmals spürte Shanier Vorstöße in den Teil seines Geistes, den zu erforschen er den anderen gestattete.
Einige glichen einem schwachen Flüstern, das selbst der Geübte für reine Einbildung halten konnte, andere bedienten sich eher der Holzhammermethode. So oder so fanden sie alle dasselbe vor: Loyalität gegenüber Lord Vallaine und die tiefe Überzeugung, dass dieses Treffen den Lords des Inneren Auges wichtige Einblicke verschaffen werde.
    Shanier entschied sich, lieber nicht im Geist der anderen nach dem Grund für die Zusammenkunft zu suchen. Scheinbares Desinteresse war die beste Haltung.
    Endlich brach Lord Vallaine das Schweigen.
    »Wachen, bringt die Gefangenen herein«, befahl er mit einem durchtriebenen Lächeln.
    Die Türflügel schwangen auf und fünf verdreckte und übel zugerichtete Soldaten wurden in die Kammer getrieben.
    Shanier musste sich zusammenreißen, damit sein Gesicht und seine Gedanken, zu denen er den anderen Zutritt gewährte, nicht verrieten, dass er die Leute kannte. Denn dies waren Soldaten aus seiner alten Einheit, dessen war er sich sicher.
    Das ist gewiss wieder ein Test, überlegte er. Aber worum geht es?
    Die Soldaten mussten sich vor den Lords hinknien. Sie waren nicht nur übersät mit blauen Flecken und Beulen, sondern auch blass und abgemagert. Wenn sich seit der Zeit, da Shanier mit ihnen Dienst getan hatte, nicht sehr viel geändert hatte, so waren

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