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Das verplante Paradies

Das verplante Paradies

Titel: Das verplante Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tate
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nach Ballantyne zurück und tue so, als wäre nichts gewesen. Sie wissen, daß sie mich einsperren können, wenn sie wollen. Ich neh me an, solange sie wissen, daß ich das weiß, werden sie sicher sein, daß ich keine sensationellen Geständnisse publizieren werde.“
    Unten auf dem Pfad bewegten sich Gestalten. Sime on machte sich auf den Weg zur Schaukel. „Sie könnten doch dableiben“, rief er und wunderte sich selbst über diese Einladung. Was sollte in Playa 9 schon geschehen? Worauf sollte Latimer warten?
    Allmählich folgte ihm Latimer. „Was soll ich hier?“
    „Atmen“, sagte Simeon von der Schaukel her. „Einfach saubere Luft atmen. Und das in aller Ruhe. Sie werden sehen: Sie brauchen Ihren Spray überhaupt nicht mehr.“
    Latimer lehnte sich aufrecht an das Gerüst der Schaukel. Simeon bewegte sich unruhig.
    „Stört es Sie, wenn ich Ihnen so nahe komme?“ fragte Latimer.
    „Das ist es nicht.“
    „Was dann?“
    Simeon schwieg und biß sich auf die Lippen. Langsam kamen Leute über den Spielplatz und ließen sich an ihren Stammplätzen nieder. Sie unterhielten sich gedämpft. Latimer wartete immer noch auf eine Antwort.
    „Ich werde Ihnen sagen, worin der Unterschied zwischen uns besteht“, sagte er schließlich. „ Meine Gewohnheit ist eben der Spray.“
    Dann mischte er sich unter die Zuhörer, fand ein freies Fleckchen Rasen und setzte sich.
     
    Der Kamin wurde schief. Die Erde drehte sich, und die Corioliskraft drückte den Kamin aus der Lotrechten in eine Schräglage. Die feuchte Luft machte einen Bogen, sie kühlte sich ab, wurde schwer und fiel, erwärmte sich wieder und wurde abgefangen über der Meeresoberfläche; dann raste sie in dem Kamin wieder hinauf.
    Die ganze Region wurde erfaßt … hinauf und wieder hinunter … Corioli … adiabatisch … das elementare Feuerrad.
    Das brausende Rad zerrte heftig an der Meeresoberfläche. Es fegte die Gischt von den aufsteigenden Wellen. Windstärke 7 auf der Beaufort-Skala.
    Wie unsichtbare Tänzer wurden Böen aus dem Kreis gerissen und von der Zentrifugalkraft nach außen geschleudert.
    Und plötzlich, mit einem kleinen Ruck und einem Seufzen setzte sich das ganze in Bewegung.
     
    „Erzähl uns etwas, Simeon“, baten sie. „Erzähl uns was über Haß.“
    Es war eine Bitte um Anleitung und Hilfe, und obwohl er eine Fülle eigener Probleme hatte, konnte er diese Bitte nicht ignorieren.
    „Ich hätte gern etwas zu trinken“, sagte er. Von irgendwoher kam eine Flasche. Er füllte sich den Mund mit dem anonymen Brandy und spuckte ihn wieder aus, ohne daß er dadurch den Salzgeschmack los wurde.
    „Haß“, sagte er, „ist wie Schwefel im Magen.“
    Er hatte einfach keine Lust zu reden.
    Seit wann brauchst du nur noch dann zu reden, wenn du Lust dazu hast? Das ist kein Hobby, Simeon. Es ist eine Gabe; Wissen, das weitergegeben werden muß. Ohne Weitergabe ist es nichts wert. Wenn du es nicht aussprichst, mißbrauchst du es. Du hast nur we nig Zeit, Simeon.
    Wieso ist die Zeit so kurz?
    Weil alles hier auf einen Höhepunkt wartete. Es ging nicht um atmosphärische Spannung. Es befand sich noch nicht einmal in jenem Stadium, wo die Nerven den Bruch schon spüren und die Gedanken sich Berechnungen, dem Tode, zuwenden. Es war nichts Greifbares, nichts Erklärbares. Es durfte gar nicht weitergegeben werden.
    „Die See fängt an sich zu wehren“, sagte er. „Wir sollten uns alle darüber freuen. Statt dessen denkt ihr, und Haß fällt euch ein. Warum? Worüber klagt ihr? Ihr dürft nicht klagen. Die Regierung gibt allmählich zu, daß sie sich auch manchmal irrt. Wir müssen anfangen, ihr diese Fehler nachzusehen. Das ist doch das Grundmuster: Reue, Vergebung; Nachsicht, Vergessen. Denkt daran und redet nicht mehr vom Haß.
    Ihr glaubt vielleicht, die Liebe müsse untergehen in der Armut und im Vorurteil. Ihr erinnert euch vielleicht an die ersten Liebenden, die sich in die Slums und Elendsquartiere begaben und nicht verstehen konnten, warum die verängstigten, hungrigen Menschen sie nicht mit offenen Armen empfingen, Menschen, die mit Leiden aufgewachsen sind, können es nicht als Zeichen von Sympathie verstehen, wenn andere zum Zeichen ihrer Unabhängigkeit freiwillig arm werden. Für sie ist es eine Spielerei der verwöhnten Bourgeoisie, die ihnen noch den letzten Halt zu nehmen versucht, indem sie die Armut zu einer ‚duften Sache’ macht.
    Das ist nicht die richtige Methode. Auf diese Weise wird nur neuer, sehr komplexer Haß

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