Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Elke.
Verwundert wandert Hagens Blick von mir zu meiner Freundin, dann lächelt er unwissend. Ich grinse zurück, der Gute hat keine Ahnung, unter welchen Geiern er sich hier befindet.
"Ist das romantisch! Und dann?"
Peggy lässt nicht locker und so fährt Hagen fort.
"Anschließend habe ich das arme Ding verarztet und als Entschuldigung auf einen Kaffee eingeladen. Ich bin sehr froh, dass mir dieses Missgeschick passiert ist, andernfalls hätte ich Charlotte nie kennengelernt. Wenn ich an all unsere Gemeinsamkeiten denke, glaube ich, dass es Schicksal war."
Bei den letzten Worten klingt seine Stimme seltsam belegt und ich rutsche nervös auf die Seite.
"Da wir das nun geklärt haben …", versuche ich das Thema zu wechseln.
Doch für Elke ist das Gespräch noch nicht beendet, sie holt tief Luft und genießt dabei sichtlich meine anwachsende Panik. Erst als Kordula sie unsanft in die Seite knufft, klappt sie den Mund unverrichteter Dinge wieder zu. Dankbar nicke ich meiner Freundin zu und will erleichtert über das Wetter philosophieren, als ich Peggys naives Stimmchen vernehme: "Erzählen Sie mehr davon, welche Gemeinsamkeiten meinen Sie?"
Entsetzt schnappe ich nach Luft.
"Jetzt lass doch den armen Hagen mit diesem Weiberkitsch in Ruhe, es gibt doch auch noch andere Dinge!", pampe ich.
"Wieso denn, ich finde das sehr schön", mault Peggy getroffen und Hagen nickt zustimmend.
"Na zum Beispiel das Luckylife-Center”, spricht er weiter und mein Herz bleibt stehen.
Das war’s! Jetzt bin ich erledigt. Aus meinem Gesicht weicht sämtliches Blut und ich habe das ungute Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden. Mit vielsagendem Blick fixiere ich die Mädels, in der Hoffnung über Nacht telepathische Fähigkeiten erlangt zu haben und ihnen so eine Nachricht übermitteln zu können. Langsam und eindringlich schüttle ich meinen Kopf, während ich im Geiste einen einzigen Satz beschwörend wiederhole: "Sagt jetzt nichts. Bitte, sagt jetzt nichts!"
Leider besitze ich keine übersinnlichen Kräfte, denn ich muss machtlos mit ansehen, wie Elke in Zeitlupe ihren Mund zum Sprechen öffnet. Mit tosendem Rauschen in den Ohren erwarte ich ihre Worte und hoffe auf ein Wunder.
"Das ist ja nett, Sie arbeiten also auch für den Umbau des Centers?"
Der letzte Teil geht in dem aufbrandenden Jubel der Feiernden unter, doch ich habe es genau verstanden. Langsam drehe ich mein Bleichgesicht zu Hagen. Dieser schaut fragend, jedoch keinesfalls verärgert drein. Mit den Fingern vollführt er eine drehende Bewegung um sein rechtes Ohr und macht damit deutlich, die Frage nicht verstanden zu haben. Ein tausendes Glück! Ich atme auf. Als Elke zu einer Wiederholung ansetzen will, wird es zu viel für mich und meine Nerven. Spontan greife ich nach meinem gefüllten Glas und schütte ihr den Inhalt schwungvoll in das verräterische Gesicht.
Für einen Augenblick stehen wir uns alle fassungslos gegenüber und auch ich bin von meinem eigenen Mut überrascht.
"Eine Wespe", stammle ich, bevor Elke zu toben beginnen kann.
Dann passiert es. Als Erste gluckst Peggy hinter vorgehaltener Hand, auch Kordula kann ihr Kichern nicht lange verbergen. Ich täusche verzweifelt ein Lachen vor und zum Schluss stimmt sogar Elke mit ein, auch wenn sie zwischen zwei Prustern eine Drohung in meine Richtung ausstößt.
Die Unterhaltung ist vergessen und wir wenden uns schunkelnd wieder der Bühne zu. Ich kann mein Glück kaum fassen und tanze wie der Teufel. Vorsorglich fülle ich mein Glas aufs Neue und stelle es an die Seite. Lieber riskiere ich einen Zweikampf mit meiner Freundin, als dass Hagen von meinem Geheimnis erfährt.
Der Rest des Konzerts verläuft fantastisch. Gegen meinen Willen habe ich mächtig viel Spaß und das heikle Gesprächsthema wird nicht mehr aufgegriffen. Hagen stellt sich als hervorragender Tänzer heraus und ich stelle verdutzt fest, wie viele Schlagertexte ich auswendig kenne. Nach dem Fest verabschieden wir uns.
"Es war schön dich zu treffen", meine ich und steuere den Taxistand an.
"Finde ich auch."
Hagens Stimme klingt heiser. Unvermutet fasst er meine Hand und ich schaue ihn erschrocken an.
"Charlotte, ich würde dich gerne wiedersehen. Meinst du, das ginge?"
Bevor ich antworten kann, torkelt Elke in die Szene.
"Na und ob, oder Charly? Ihr könnt doch gemeinsam zur Neueröffnung des Luckylife gehen."
Das Blut gefriert mir in den Adern.
"Stimmt", gibt jetzt auch Peggy ihren Senf dazu, "was gibt es Passenderes bei eurer Geschichte?"
Verzweifelt
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