Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
suche ich nach einem vollen Glas, um mein erprobtes Ablenkungsmanöver von vorhin zu wiederholen. Leider ohne Erfolg, Hagen nickt bereits eifrig.
"Das ist eine tolle Idee, unsere Truppe hat sowieso eine nette Überraschung für diese Veranstaltung geplant. Das wird bestimmt lustig. Dann hole ich dich nächste Woche ab?"
Mein Kopf ist wie leer gefegt. Eine höhere Macht lässt mich nicken und ich beobachte ohnmächtig, wie Hagen sich von uns verabschiedet und in ein Auto steigt.
Im Taxi schießen mir Tränen der Wut in die Augen. Alles lief so gut und nun das! Wie kann ich einen Gegner des Centers an dessen Eröffnungsfeier daten? Da kann ich auch gleich mit geschlossenen Augen über eine Autobahn spazieren. Erbost starre ich Elke an, am liebsten möchte ich ihr die blöde Sonnenblume aus den Haaren reißen und in den Hintern schieben. Die missversteht meine Tränen und legt sanft ihren Arm um mich.
"Keine Ursache Charly, dafür sind Freundinnen doch da.”
Nur der Taxifahrer und seine bescheidene Kunst, um eine Kurve zu fahren, retten ihr das Leben.
Spät in der Nacht falle ich erschöpft und mit einer unumstößlichen Erkenntnis in mein Bett: Ich kann mich auf gar keinen Fall mit Hagen treffen. Die Lüge, die zwischen uns steht ist einfach zu groß. Verzweifelt ziehe ich mir die Decke über den Kopf und sinke in einen traumlosen Schlaf.
Am nächsten Morgen strotze ich vor Energie und hüpfe pfeifend durch die Wohnung. In meinem Übermut hebe ich sogar Kasimir auf das für ihn sonst verbotene Sofa. Er betrachtet die Umgebung hier oben, als wäre er zum ersten Mal an diesem wundersamen Ort. Dass ich ihn eines Nachts tief in meine Couchkissen gekuschelt erwischt habe, hat er wohl erfolgreich verdrängt. Der Kater hält trotzig an seiner schlechten Schauspielleistung fest, gähnt betont gelangweilt und hüpft von der Kante. Aber auch der Flohsack kann mir heute nicht die Laune verderben, mir ist nämlich eine Lösung für die Operation "Hagen verjagen” eingefallen. So simpel und logisch, dass ich mich frage, warum ich nicht schon gestern darauf gekommen bin.
Ich werde krank. Natürlich nichts Ernstes, aber eine leichte Sommergrippe kann sich schließlich jeder einfangen. Da kann mir nicht einmal der Club der Teufelinnen böse sein.
Ich seufze wohlig, mein Plan steht fest und so sehe ich gelassen dem Wochenende entgegen.
In den kommenden Tagen glüht mein Telefon, die Mädels rufen beinahe täglich an und erkundigen sich nach Neuigkeiten und meinem Befinden. Ich kann mir diesen Wandel nicht erklären, doch es scheint, als war mein alkoholbedingter Absturz vor einer Woche der Startschuss für eine innige und tiefe Freundschaft. Ich bin überwältigt von der regen Anteilnahme an meinen Vorbereitungen für die Eröffnungsfeier. Wir sind inzwischen wie dicker Schwefel und gehen durch jedes dünne Nadelöhr. Auch Hagen meldet sich regelmäßig bei mir, er hat wohl Angst, dass ich unsere Verabredung absagen könnte. Zu Beginn waren mir seine zahlreichen SMS etwas unangenehm und ich haderte häufig mit meinem Gewissen. Doch dann stellte sich der weitere Kontakt zu ihm als äußerst nützlich heraus. Die Parkschützer sind inzwischen gut organisiert und engagierter als der städtische Biertrinkerverein. So kurz vor der Eröffnung des Hassobjektes haben sie alle Kräfte mobilisiert und ständig neue Projekte und Demonstrationen ins Leben gerufen. Nur durch Hagens Hilfe konnte ich auf jede Aktion gezielt kontern. Unsere Kampagne läuft wie am sprichwörtlichen Schnürchen und wir ernten die ersten Früchte unserer Arbeit. Das bleibt auch bei HitStorm nicht unbemerkt und so schwimme ich in der Anerkennung und dem Lob meiner Vorgesetzten.
Das Leben ist fantastisch!
In der Wochenmitte beginne ich mit den Vorbereitungen meiner Krankheit. Mit Pinsel und Rouge röte ich morgens meine Nase und krächze voller Inbrunst durch die gesamte Abteilung. Dem Himmel sei Dank habe ich inzwischen das Stockwerk gewechselt und verfüge nun über ein Einzelbüro, so kann ich tagsüber ungestört meinen mitleidserregenden Gesichtsausdruck üben.
Am Donnerstag setze ich meinen Plan in die Tat um und melde ich mich krank. Ich bin sehr traurig um die schöne Feier, die mir durch Hagen entgeht, aber ich habe wenig Lust, öffentlich gelyncht zu werden. Gegen Nachmittag brühe ich mir einen Kamillentee auf und lege mich aufs Sofa. Allmählich fange ich tatsächlich an, mich krank zu fühlen. Nachdem ich tapfer dreißig Minuten einer Talkshow mit dem
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